Al Wheeler und die Besessene
Scherereien machen wollen, mein Freund, so können wir alle in die
Stadt fahren und uns einen besorgen.«
»Wollen Sie uns vielleicht
verhaften, Lieutenant ?« Auf seinem Gesicht zeigte sich
offener Spott.
»Klar«, sagte ich meinerseits
ironisch und wies auf den Kartentisch. »Weil Sie hier einen illegalen Spielklub
betreiben .«
»Glauben Sie, Sie kommen damit
durch, Lieutenant ?«
»Wenn wir euch drei Halunken
zwei Stunden lang in einem Hinterzimmer gehabt haben, können wir sogar jede
Anklage fallenlassen, Freundchen .« Ich grinste ihn
bösartig an. »Legen Sie noch immer Wert auf das amtliche Papier ?«
Die Stille legte sich wieder
wie ein Teppich auf das Zimmer und hielt diesmal noch eine Weile länger an als
zuvor.
»He, Pete?« In Harrys Gemurmel
lag jetzt ein hoffnungsvoller Ton. »Warum fragt der Lieutenant nicht Mrs. Travers? Ich meine, sie sollte es wissen — sie ist
doch seine Frau. Nicht?«
Ich blickte zum erstenmal , seit ich das Zimmer betreten hatte, die Frau
geradewegs an. Sie machte den Eindruck luxuriöser Vulgarität, wie sie nur mit
Geld darzustellen ist. Ihr kastanienbraungefärbtes Haar war auf dem Kopf
hochgetürmt und toupiert, was aufs grausamste sowohl die eckige Knochenstruktur
ihres dünnen Gesichts wie auch den leicht quelläugigen Ausdruck einer an
Basedow leidenden Lady betonte. Riesige Diamantohrringe in Tropfenform
glitzerten jedesmal , wenn sie den Kopf auch nur um
einen Bruchteil bewegte, blendend auf. Ihr enges Silberlamékleid hatte einen um fünf Zentimeter zu tiefen Ausschnitt, der die kaum merkbare
Rundung ihrer winzigen Brust erkennen ließ. Es war die Art des Zurschaustellens , die einer Frau ein verletzliches,
wehrloses Aussehen verleiht — die Art, die bei einem Mann mitleidige Sympathie
erweckt—, und ich war davon überzeugt, daß dies nicht in ihrer Absicht lag.
Ihr Gesicht war aufgeweckt und
munter, der große Mund drückte Erfahrung und offene Sinnlichkeit aus. Auf einen
Mann, dem der flachbrüstige knabenhafte Typ Frau zusagte, wirkte sie
wahrscheinlich aufregend. Was mich am meisten irritierte, war, daß sie
schätzungsweise höchstens fünfunddreißig war — und daß all die Zeit, Mühe und
das viele Geld darauf verwendet worden waren, sie um fünf Jahre älter erscheinen
zu lassen.
»Ich bin Mrs. Paul Travers, Lieutenant«, sagte sie, und die kühle, vibrierende Stimme war mir
sofort wieder vertraut. »Und mein Mann ist im Augenblick in Europa. Ich erwarte
ihn frühestens in ein paar Monaten zurück .«
»Okay, Mrs. Travers.« Ich warf ihr einen verdrossenen Blick zu. »Ich muß mich wohl auf Ihr
Wort verlassen und glauben, daß er nicht hier ist. Das erspart mir jedenfalls
einen Gang durchs Haus .«
»Ich bin froh, daß Sie
befriedigt sind, Lieutenant«, sagte Pete und schielte mich verächtlich von der
Seite her an. »Nun können wir vielleicht wieder zurück zu...«
»Wer sagt etwas davon, daß ich
befriedigt bin ?« Meine Stimme hob sich um eine Oktave.
»Travers ist also in Europa — okay. Vielleicht kann mir dann seine Frau einige
der Fragen, die ich an ihn zu richten habe, beantworten ?«
»Lieutenant, ich — wirklich,
ich kann nicht — ich...« Sie saß mit einem verlegenen, leicht ängstlichen Blick
da, die genau richtige Mischung, wie ich widerwillig zugeben mußte.
»Reine Routinefragen, Mrs. Travers«, brummte ich und versuchte ob der
Originalität der Bemerkung, ein schmerzhaftes Zucken zu unterdrücken. Trotzdem
war es für die Sorte Polizeibeamter, die ich zu spielen hatte, das einzig
Richtige.
»Lieutenant?« Nun sah Pete entschieden
ängstlich drein, und hinter seinen Worten war deutlich nervöse
Unentschiedenheit vernehmbar. » Mrs. Travers kann
Ihnen nicht im geringsten helfen. Sie ist nur… «
» Mrs. Travers«, sagte ich, ihn mit offener Verachtung ignorierend, »gibt es hier irgendeinen
privaten Ort, an dem wir uns unterhalten können ?«
»Nun, ich...« Sie blickte Pete
flehend an, aber doch nicht so lange, um ihn zu einem Entschluß kommen zu
lassen. »Wie wäre es mit meinem eigenen Zimmer, Lieutenant ?«
»Großartig !« brummte ich. »Vielleicht zeigen Sie mir den Weg dorthin. Dann können wir diese
drei — Gentlemen — ihrem Kartenspiel überlassen .«
Sie wirkte gar nicht, als ob
sie es auch nur im geringsten eilig hätte; aber im
nächsten Augenblick war sie wie der Blitz bereits halbwegs an der Tür. Ich
wartete, bis sie auf dem Korridor stand, bevor ich ihr folgte, wobei ich
spürte, wie sich drei
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