Al Wheeler und die Verführerin
Begriff?«
fragte sie spöttisch. »Sie wissen doch, daß sie diese Masche von wegen
Vergewaltigung Minderjähriger im Sinn hatte. Wir vermuteten, daß sie auf so was
Ähnliches aus war. Infolgedessen benötigten wir irgend etwas, um uns dagegen zu
sichern.«
»Wer ist auf die Idee mit der
Heiratsurkunde gekommen?«
»Ray.« Sie lächelte und zeigte
dabei ihre blitzenden weißen Zähne. »Das war typisch Ray. Der ist vielleicht
ausgekocht, wie ein richtiges Fabelungeheuer.«
»Das Ungeheuer kaufe ich Ihnen
ab«, sagte ich.
»Seien Sie doch nicht so ein
Spießer«, sagte sie kalt. »Nach Rickie ist er der netteste Bursche, den ich
kenne.«
»Ich kann nur hoffen, daß Sie
Ray nicht so gut kennen wie seinen Bruder«, sagte ich.
»Ich bin nicht ganz auf dem
Teppich«, sagte sie mit fragendem Unterton.
Ich zog den Umschlag heraus und
gab ihn ihr. Sie zog die Fotos heraus und betrachtete sie mit lebhaftem
Interesse. »Du meine Güte«, sagte sie atemlos, »das haut einen aber hin und
zurück.«
»Sie wurden in Marvins
Reisetasche gefunden«, sagte ich zu ihr. »Heute vormittag.«
»So ein lausiger Drecksack«,
sagte sie. »Mit seiner dreckigen kleinen Kamera um die Fenster zu schleichen.
Nicht einmal in seinen eigenen vier Wänden kann man noch Privatleben haben.«
»Wußten Sie, daß er Aufnahmen
gemacht hat?«
»Natürlich nicht«, sagte sie.
»Was werden Sie mit den Bildern anfangen, Leutnant?«
»Sie gehen als Beweismaterial
zu den Akten«, sagte ich. »Falls Sie und Rickie von ihrer Existenz gewußt
haben, würde das für Sie beide ein vorzügliches Motiv für den Mord an Marvin
gewesen sein.«
»Wir hatten keine Ahnung
davon«, sagte sie erregt. »Und wir haben Marvin nicht umgebracht. Warum sind
Sie so begierig, uns den Mord in die Schuhe zu schieben, Leutnant? Hat meine
liebende Mutter Ihnen eine fette Prämie oder so was versprochen?«
»Ja«, sagte ich gehässig. »Wenn
ich Ihnen den Mord anhängen kann, darf ich die Bilder behalten.«
Sie holte aus und schlug mir
mit dem Handrücken über den Mund, und es tat ziemlich weh. Mir juckte es in den
Fingern, und um meiner Regung nicht nachzugeben, stand ich auf und ging zur
Kommode.
»Ich komme auf Ihr Angebot von
vorhin zurück«, sagte ich. »Ich habe Durst.«
»Sie sind vielleicht ‘ne
komische Nudel«, sagte sie verwundert. »Warum haben Sie nicht
zurückgeschlagen?«
»Glauben Sie bloß nicht, daß es
mich nicht gejuckt hat«, sagte ich zu ihr. »Ich vermute, ich werde mit dem
Bourbon vorliebnehmen müssen. In der Not frißt der Teufel Fliegen.« Ich goß mir
ein und zündete eine Zigarette an.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie
in leicht zögerndem Ton. »Ich glaube, ich habe vorhin Ihre Bemerkung
herausgefordert.«
»Marvin hat vor einem halben
Jahr seine Lizenz eingebüßt«, sagte ich, während ich ihr Gesicht in dem Spiegel
über der Kommode beobachtete. »Er war in eine Callgirlring-Affäre verwickelt —
Kuppelei und nebenbei ein bißchen Erpressung.«
»Glauben Sie, daß er uns mit
diesen Fotos erpressen wollte?« fragte sie.
»Was würde er davon gehabt
haben, Sie zu erpressen?« sagte ich. »Sie haben ja kein Geld — oder hatten
zumindest bis gestern nacht keines.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Sie haben Ilona Brent
aufgesucht«, sagte ich. »Sie haben Rickie bei ihr gelassen, während Sie, wie
Sie behaupteten, Ihre Mutter besuchen gingen. Als Sie eine halbe Stunde später
zurückkamen, machten Sie, wie Ilona es nannte, ein triumphierendes Gesicht und
hatten die Hand voller Geld.«
»Meine liebende Mutter wurde
weich, und so kriegte ich was in die Finger«, sagte sie und fing plötzlich an
zu kichern.
»Sie haben Ihre Mutter nie
gesehen«, sagte ich geduldig. »Ihre Mutter wußte nicht einmal, daß Sie im Hotel
waren.«
»Da hat sie gelogen«, sagte
Angela, ohne Überzeugung in ihrer Stimme.
»Sie wissen, daß sie nicht
gelogen hat«, sagte ich, während meine Geduld merklich nachließ. »Aber wie dem
auch sei, wir sprachen über Marvin. Wußten Sie, daß Ihre Mutter ihn auf den Rat
Ihres Onkels hin verpflichtet hatte? Hillary sagte, er habe schon früher mit
Marvin gearbeitet und er sei ein verläßlicher Mann gewesen.«
»Nein«, flüsterte sie. »Das
wußte ich nicht.«
Ich trank in kleinen Schlucken
von dem Bourbon und blickte sie dann an. »So wie die Dinge stehen, Angela«,
sagte ich, »erleben Sie vielleicht Ihren achtzehnten Geburtstag. Aber die
Chancen, daß Sie neunzehn werden, sind ziemlich lausig. Die
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