Alanna - Das Lied der Loewin
den Striemen an, der über seine dunkle Haut lief. »Tut es ...«
Alex hob wieder sein Schwert. Er lächelte schwach. In seinen dunklen Augen blitzte etwas, was sie nicht benennen konnte. Er flüsterte: »Weiter.«
Plötzlich hatte Alanna genug von diesem Spiel. Sie war entschlossen den Kampf auf irgendeine Weise zu beenden und machte einen Ausfall. Alex fing den Hieb mit seinem Schwert auf und warf Alanna zu Boden.
Sie überschlug sich. Die Schwertspitze des Ritters traf einen Zoll neben ihrem Kopf auf dem Boden auf und schlug einen Splitter aus dem harten Holz. Sie erhaschte einen kurzen Blick auf sein Gesicht, und was sie da sah, machte ihr Angst. Seine Augen blitzten; das Lächeln, das auf seinen Lippen lag, war plötzlich gehässig. Sie sprang hastig auf, als er wieder angriff, aber sie war nicht schnell genug. Die Flachseite seines Schwertes klatschte auf ihre Rippen, dass sie nach Luft schnappen musste. Sie führte einen Stoß gegen seine Seite und traf. Alex zuckte vor Schmerz zusammen. Diesmal senkte sie das Schwert. »Ich will aufhören«, erklärte sie ihm. »Da stimmt etwas nicht!«
Sie bekam ihr Schwert gerade noch rechtzeitig hoch, bevor
er zuschlug. Ihre Klingen trafen aufeinander, dass es nur so krachte. Alanna löste sich und wich zurück.
Schweißtropfen liefen ihr in die Augen; sie schüttelte den Kopf, um sie loszuwerden. Das war verrückt! Alex benahm sich, als wolle er sie wirklich töten, und mit einem stumpfen Übungsschwert würde das Sterben ausgesprochen schmerzhaft sein.
Alex griff erneut an. Er riss sein Schwert hoch über den Kopf und ließ es mit voller Wucht heruntersausen. Alanna wich gerade noch rechtzeitig aus, wodurch die stumpfe Kante nicht auf ihren Kopf, sondern auf ihr Schlüsselbein auftraf. Es knackte in ihrer Schulter, als sie mit einem Schmerzensschrei auf die Knie stürzte. Hilflos sah sie zu, wie sich das Schwert von neuem hob und senkte. Sie schloss die Augen. Mit diesem Schlag würde ihr Alex das Genick brechen, und sie konnte sich nicht dagegen wehren.
»Sehr interessant, Alex.«
Wie durch ein Wunder ließ Alex sein Schwert sinken und drehte sich um. An der Tür stand Myles mit Trusty zu seinen Füßen. »Du hast zweifellos bewiesen, dass du besser bist als Alan. Natürlich bist du auch vier Jahre älter und hast schon einige Schlachten gefochten.« Die Worte des älteren Ritters durchschnitten die Luft wie Peitschenhiebe. »Ich bin allerdings der Meinung, dass euer Spiel ›Wer ist der beste Krieger im ganzen Land‹ lange genug gedauert hat. Oder solltest du nicht bemerkt haben, dass du Alan verwundet hast?«
Alex drehte sich zu Alanna um. Das gehässige Lächeln war verschwunden, und nun lag Sorge auf seinem Gesicht. »Alan, ich habe nicht – da, lass mich dir aufhelfen...«
»Rühr mich nicht an!«, schrie Alanna, als er nach ihr griff.
Schnell fügte sie hinzu: »Bitte, Alex – es ist mein Schlüsselbein. Ich glaube, es ist gebrochen.«
Alex kniete sich mit angespanntem Gesicht neben sie. »Alan, das werde ich mir nie verzeihen ...«
Sie lächelte verkniffen. Langsam wurde ihr schlecht. »Mach dir keine Sorgen. Wir haben uns lediglich – na ja, ein bisschen hinreißen lassen. Da ich ja die Gabe besitze, bin ich in ein paar Tagen wieder in Ordnung.«
Alex sah zu Myles hinüber. »Sir Myles, ich wollte nicht ...«
»Der Oberste Palastverwalter sucht nach dir«, entgegnete Myles, ohne Alex aus den Augen zu lassen. »Ich glaube, er will dich auf Grenzpatrouille schicken. Es muss schwierig für dich gewesen sein, den ganzen Winter hier eingesperrt zu verbringen, während alle anderen Aufgaben übertragen bekamen.«
Alex stand auf. »Wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann ...«
Alanna nickte. Auf ihrer Stirn standen Schweißperlen. »Ich lasse es dich auf der Stelle wissen.«
Alex eilte hinaus. Myles kam schnellen Schrittes zu Alanna herüber. »Bleib ruhig liegen«, erklärte er ihr. »Ich hole einen Heiler und ein paar Bedienstete. Ich fürchte, wir werden dich tragen müssen.«
»Weshalb seid Ihr denn gekommen?«, flüsterte Alanna. »Keiner wusste ...«
Myles nickte zu dem Kater hin, der gegen Alannas gesunden Arm stupste. »Trusty hat mich geholt. Er ließ nicht locker. Ich bin froh, dass ich auf ihn hörte. Alan – Alex wollte dich umbringen!«
Alanna schüttelte den Kopf. Von der Anstrengung wurde ihr wieder übel. »Er ist schon seit Jahren mein Freund.«
Er sah nicht sonderlich freundlich aus, als wir hereinkamen,
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