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Alantua

Alantua

Titel: Alantua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. Bernett
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das
Geschenke, die der Kapitän seinen Geliebten mitbrachte? Ich
zweifelte nicht daran, dass er gleich mehrere davon besaß.
Schließlich war er ein gutaussehendes Kerlchen und konnte einem
einfachen Mädchen so einiges bieten ... oder auch einer Hure.
War die Mutter der Henne ebenso seine Geliebte? Es hätte mir
egal sein können. Der Kapitän hätte mir egal sein
können und seine Liebeleien noch dazu. Und doch ... während
ich Kleider aus glänzender Seide, kostbarem Damast und Samt
herausnahm, erkannte ich, dass ich nur noch eines versuchen konnte.
Ich musste den Kapitän selbst davon überzeugen, mich gehen
zu lassen.

    Ich
zog ein Kleid in der Farbe tiefen Rotweins aus der Kiste hervor. Die
Farbe bot einen hervorragenden Kontrast zu grünen Augen. Langsam
öffnete ich meine ledernen Armschienen. Wollte ich das wirklich
tun? Aber was sonst blieb mir übrig? Mir fehlten zwar die Reize
und das Talent einer Konkubine, aber ich war immerhin eine Frau. Und
eine Frau mit Erfahrung. Ich war eine Bärin und Kriegerin, keine
jungfräuliche Priesterin. Nachdem ich auch den Rest meiner
ledernen Kleidung, die Stiefel und meine Unterwäsche ausgezogen
hatte, begann ich, mich gründlich zu waschen. Das Wasser war
kalt. Doch es tat gut, sich endlich wieder sauber zu fühlen. In
der Truhe fand ich eine Haarbürste. Ich löste meinen Zopf
und musste feststellen, dass einige Strähnen meiner braunen
Locken bereits verfilzten. Es dauerte eine Ewigkeit, sie zu
entwirren. Als ich es geschafft hatte, wusch ich mir das Haar im
Eimer und bearbeitete meine Kopfhaut mit den Fingerspitzen. Danach
bürstete ich die Haare noch einmal. Und als sie nicht mehr
tropften, stieg ich in ein weiches Unterkleid aus cremefarbener
Seide. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wann ich zuletzt so
etwas getragen und solchen Stoff auf meiner nackten Haut gespürt
hatte. Das weinrote Kleid war vorne zu schnüren und so schaffte
ich es, mich ohne die Hilfe einer Magd anzukleiden. Der Ausschnitt
des Kleides ließ die Schultern nackt. Die Ärmel fielen
trompetenförmig bis zu meinen Handgelenken und waren aus
durchsichtiger Seide gefertigt. Ich schnürte das eingearbeitete
Mieder, bis meine Brüste vorteilhaft zur Geltung gebracht waren
und ich trotzdem noch atmen konnte. Von der Taille abwärts fiel
das Kleid weitschwingend bis über meine Fußspitzen. Ich
musste gut aufpassen, nicht zu stolpern. Hätte ich die hohen
Schuhe einer Dame getragen, hätte das Kleid auch in der Länge
perfekt gepasst.
    Da
ich mir selbst die Haare nicht hochstecken konnte, ließ ich sie
einfach offen. Die noch feuchten Locken kringelten sich bis zur
Rückenmitte. Leider fand ich in der Truhe keinen Spiegel. Ich
hoffte, dass ich ansehnlich genug war. Bevor ich nach oben ging,
atmete ich noch einmal tief durch – so tief es in diesem Kleid
eben ging.

    Die
Männer an Deck schwatzten und lachten. Sie saßen auf
Fässern oder auf dem Boden um einen großen Kessel herum.
Nur der Steuermann war noch an seinem Platz. Alle anderen aßen,
tranken und unterhielten sich, mitten unter ihnen der Kapitän.
Die ersten verstummten, als sie mich erblickten. Einer schubste den
Kapitän an. Als dieser mich in meinem Kleid sah, wäre ihm
fast sein Teller aus der Hand gefallen. Ich schluckte. Was nun?
Würden sie mich auslachen?
    Dannerr
besann sich und nickte mir zu. „Guten Abend, Prinzessin. Schön,
dass Ihr Euch zu uns gesellt. Nehmt doch Platz.“
    Einer
seiner Männer stand neben ihm auf und so konnte ich mich dazu
setzten. Mir wurde ein Teller mit Eintopf und ein Stück
trockenes Brot gereicht.
    „Mehr
haben wir momentan nicht“, erklärte der Kapitän
entschuldigend. „Wir mussten etwas überhastet aufbrechen,
bevor wir unsere Vorräte auffüllen konnten. Allerdings
könnte ich Euch noch etwas Schwarzwein anbieten.“
    „Ich
habe schon Schlimmeres zu Essen gehabt, manchmal sogar überhaupt
nichts.“ Der Eintopf schmeckte gut, sehr gut. Beim Essen
beobachtete ich die Männer. Die
Anjina
war nur ein kleines Schiff und die Besatzung zählte damals
höchstens fünfzehn Mann. Der Jüngste war vielleicht
dreizehn, der Älteste sechzig Sommer alt.
    Ein
Weinschlauch wurde herumgereicht. Dannerr nahm einen Schluck und
reichte ihn dann mir. Die Männer schauten mich gespannt an. Ich
nahm einen beherzten Schluck. Das Zeug brannte. Oh nein, das war kein
Wein. Es brannte sich seinen Weg meine Kehle hinunter und füllte
den Magen mit wohliger Wärme. Ich musste nicht husten, verzog
aber anerkennend

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