Alantua
gewacht, als
ihr krank ward. Ich würde mein Leben für das eure geben.
Und wenn ich die Wahl hätte, würde ich euch euer Leben so
weiterführen lassen, wie es euch gefällt. Ich würde
die Bürde allein tragen, mit Freude und in der Gewissheit, dass
es euch gut geht. Aber ich kann es nicht. Ich hatte nie eine Wahl.“
„Man
hat immer eine Wahl“, sagte Kwarren scharfzüngig. „Also,
warum müssen wir hier sein?“
Martrella
atmete tief ein und schloss die Augen. „Ich werde sterben.“
„Bei
den Göttern“, entfuhr es Phiol und schlug die Hand vor den
Mund.
Kwarren
sah trotzig zu Martrella, als wolle sie nicht begreifen, was sie da
eben gehört hatte. Anyún legte ihrer Mutter sanft einen
Arm um die Schultern. Sie hatte es geahnt. Deshalb war sie hier. Nur
deshalb hatte sie alle drei ihrer Töchter nach Dejia berufen.
Und sie alle drei wussten nur zu gut, was dies bedeutete. Sie
verloren nicht nur ihre Mutter, eine von ihnen musste auch ihre
Aufgabe als Königin von Alantua übernehmen.
„Ich
hoffte, die Götter würden mir mehr Zeit lassen. Es ist noch
so viel zu tun... Jetzt, da König Arthro bei den Göttern
weilt und sein Sohn über Kantú herrscht... Das Volk will
keinen neuen Krieg“, die Königin sprach hastig, leise, wie
zu sich selbst. „Wir müssen sie beschützen. Ich muss
sie beschützen...“
„Mama“,
Anyún drückte sie fest an sich. „Wir sind hier. Wir
sind gekommen und du bist nicht mehr allein.“
Martrella
sah mit traurigen Augen auf zu ihrer Jüngsten. „Meine
Kleine...“
Anyún
lächelte. „Ja, ich bin da.“
„Was
steht in dem Brief aus Tallgard?“ wollte nun Kwarren wissen.
Martrella
nahm den Brief, den sie schon fast vergessen zu haben schien und
brach vorsichtig das Siegel. Nachdem sie das Papier entfaltet hatte,
las sie die Nachricht und nickte. Sie sah auf, direkt zu Kwarren.
„Hast
du eine Vermutung, was hier steht?“
„Ja,
allerdings. Er wünscht sich eine von uns zur Frau. Als
Gegenleistung für meine Auslieferung.“
„Nicht
als Frau, als Partnerin für die Hohe Hochzeit...“
Eure
Hoheit, Königin Martrella von Alantua,
begann
sie vorzulesen.
Ich
wende mich heute an Euch in Vertrauen auf die tiefe Freundschaft, die
Alantua und Tallgard seit Jahrhunderten verbindet.
Die
Menschen in Tallgard leiden unter einer langen Trockenheit. Unsere
Ernte bleibt aus, das Vieh leidet unter Hunger und bald auch wir.
Unser Nachbarland ist ebenso betroffen. Die Gilden fallen immer
wieder ein.. Noch können wir überleben, doch wie lange
noch? Die Götter verwehren uns den Regen. Wir sind auf Hilfe
angewiesen. Unsere Schätze sind ausreichend, genügend
Lebensmittel einzukaufen, aber auch das nicht mehr lange.
Unsere
Priester vermuten, dass unser Leben sich zu weit von den Göttern
entfernt hat. Sie fordern im Namen des Volkes die ‚Hohe
Hochzeit’. Und auch ich weiß mir keinen anderen Rat mehr,
als das alte Bündnis zwischen den Göttern und den Menschen
zu erneuern, auf dass sie uns Regen und Fruchtbarkeit schenken.
So
übergebe ich Euch heute Eure Tochter Kwarren, die viele Jahre
unter meinem Schutz in Tallgard verweilte. Im Gegenzug bitte ich Euch
voller Respekt und Demut um die Wahl eine Eurer Töchter. Mögen
die Götter uns wohlgesonnen sein.
Berenbarr,
König von Tallgard
„Unter
SEINEM Schutz?!“ brach es aus Kwarren heraus. „Ich war
seine Leibwächterin! ICH beschützte IHN!“
Anyún
konnte Kwarrens Zorn gut verstehen. Und doch ... handelte der König
von Tallgard vielleicht auch nur so, um sein Volk vor Übel zu
bewahren?
„Genug,
ich halte dieses Spiel nicht länger aus. Mutter, sag uns, was du
von uns verlangst!“
„Ich
weiß, dass du nicht freiwillig hier bist. Umso dankbarer bin
ich, dass du doch gekommen bist“, sprach Martrella leise. „Ich
wünschte, wir hätten uns unter anderen Umständen
wiedergesehen...“
„Unter
anderen Umständen wäre ich nicht hier“, knurrte
Kwarren.
„Alantua
braucht euch. Ich brauche euch.“
„Alantua
ist mir egal. Und du bist es auch. Ich bin nur hier, damit meine
Schwestern wissen, dass es auch andere Wege gibt. Wir sind es weder
Alantua, noch dir schuldig, unsere Leben zu opfern.“
„Kwarren,
bitte“, sprach Phiol sanft.
„Was?
Hast du vergessen, was sie dir angetan hat? Was du für Alantua
erlitten hast? Sie haben dich nach Kantú geschickt. Die sind
verantwortlich für das, was dir geschehen ist!“
Phiol
schüttelte traurig den Kopf. „Nein, nur einer ist dafür
verantwortlich
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