Alantua
Soldaten Kantús flankierten uns.
Ich
warf einen letzten Blick zurück zur
Goldsonne.
Die Grande Dame der Flotte Alantuas hob sich mächtig empor.
Vor
uns lagen nun verwinkelte Gässchen mit Kopfsteinpflaster,
gesäumt von Häusern und bescheidenen Hütten. Viele
wiesen Spuren der letzten Erdbeben auf: Risse im hellen Putz, schiefe
oder gar eingestürzte Dächer.
Die
Menschen, die unseren Weg säumten, schwiegen und starrten nur.
Die Atmosphäre war gespenstisch Unsere Schritte auf dem
Kopfsteinpflaster klangen unnatürlich laut. In der Luft lag der
unangenehme Geruch von etwas Verfaultem, Verwesendem. Außer mir
schien das jedoch niemandem aufzufallen und so versuchte ich, meine
Nase zu verschließen, indem ich die Nasenflügel
zusammenzog.
Eine
ferne Stimme ließ mich aufhorchen. Sie klang hell durch die
Gassen: „Die Töchter Alantuas kommen zu unserem Untergang!
Die Götter schicken sie, uns zu richten!“
Ich
blieb stehen und Phiol ebenso.
„Volk
von Kantú, flieh, solange es noch geht! Flieh und erbettele
die Gnade der Götter!“
Eines
der Seitengässchen führte zu einem Platz. Wir konnten ihn
sehen und auch die Menschen, die sich dort versammelt hatten. Von
dort stammten die Worte und ein beunruhigtes Gemurmel der Zuhörer.
Der Befehlshaber schickte zwei seiner Männer in diese Richtung.
„Arthano
ist unser Untergang! Brut des Dämonen!“
Wir
hörten zustimmende Rufe und dann erschreckte Aufschreie, als die
Soldaten den Platz erreichten.
„Was
soll das? Warum gehen wir nicht einfach weiter?“ verlangte
Malja zu wissen, die Ärger witterte.
Der
Befehlshaber grinste. „Meine Männer nehmen den Mann
gefangen. Er spricht gotteslästerliche Worte und muss bestraft
werden.“
„Das
hat nichts mit uns zu tun!“
„Wir
werden ihn unserem König vorführen“, entschied der
Befehlshaber.
Seine
Männer schleiften einen alten Mann mit sich, als sie
zurückkamen. Er hatte weißes, zerzaustes Haar, weiße
Bartstoppeln sprossen im faltigen Gesicht, und er trug nur ein
fleckiges Hemd, das gerade bis zu seinen mageren Knien reichte. Seine
Augen und Wangen glühten vor Eifer.
„Töchter
Alantuas! Helft uns!“ rief er, als er uns erblickte.
Instinktiv
trat ich nach vorne. Doch Phiol legte beschwichtigend eine Hand auf
meine Schulter. „Nicht, Kwarren.“
Ich
beherrschte mich. ‚Er ist nur ein alter, verwirrter Mann’,
sagte ich mir. ‚Er wird ein paar Tage im Kerker sitzen und dann
wird man ihn laufen lassen.’ So würde man es in Tallgard
tun.
Wir
wurden weiter geleitet, der Weg führte nun leicht bergauf. Der
alte Mann wurde mit etwas Abstand hinter uns hergeführt und
brabbelte unablässig vor sich hin. Einem der Wachen wurde es zu
viel. Er boxte den Alten in den Bauch. Der Mann wimmerte und hielt
fortan den Mund.
Obwohl
der Weg für mich nicht anstrengend war, schwitzte ich bereits,
als sich vor uns ein großer Platz öffnete. Hunderte von
Menschen hatten sich dort versammelt. Musik von Spielleuten war zu
hören und Stimmengewirr des Volkes. Hier also hielten sich die
Bürger der Stadt auf.
Am
anderen Ende des Platzes erhob sich der Königspalast, mit
riesigen Säulen und Stufen. Auf der obersten Stufe stand ein
schwarzer Thron. Und auf diesem Thron saß Arthano von Kantú.
Er
trug das Rot des Feuers und des Blutes.
Die
Menge teilte sich, als wir langsam auf den Palast zuschritten. Die
Gerüche, die mir hier in die Nase stiegen, ließen mich den
Atem anhalten. Schweiß, gemischt mit Parfüms, Gewürzen,
Urin, Erbrochenem und weit mehr, als ich identifizieren konnte.
Ich
hörte Phiols Atem. Sie wirkte blass und angespannt, hielt jedoch
tapfer das Kinn nach oben. Ich ergriff ihre Hand.
„Ich
bin bei dir“, sprach ich ihr Mut zu. „Und Malja auch. Du
bist nicht allein. Er kann dir nichts tun.“
Aber
meine eigenen Instinkte warnten mich. Von diesem Mann ging Gefahr
aus.
Ich
ignorierte die Blicke und Worte des umstehenden Volkes, die uns
neugierig anstarrten. Ich konzentrierte mich auf das Monster, das
dort oben auf uns wartete.
Zu
seiner Seite saßen Männer in edlen Roben, vermutlich
vertraten sie den Hochadel oder den Rat von Kantú. Hinter
Arthano standen sieben Gestalten in schwarzen Kapuzenumhängen,
deren Gesichter halb verdeckt waren.
Die
Bärin in mir grollte. Ich schloss für einen Moment die
Augen und zählte langsam bis zehn, um sie zu beruhigen.
„Töchter
Alantuas!“ rief Arthano mit kräftiger Stimme von seinem
Thron herab. „Willkommen in Kantú! Meine
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