Alantua
Freude über
Euer Erscheinen ist unermesslich.“
Eine
unangenehme Pause entstand. Wir sollten etwas erwidern. Phiols Lippen
zitterten, den Blick hielt sie auf den Boden vor ihren Füßen
gerichtet. Die Menschen warteten auf unsere Antwort. Ich atmete noch
einmal tief durch, bevor ich sprach: „Wir danken Euch, Arthano
von Kantú, ... zukünftiger König dieses schönen
Landes und dieser freundlichen Menschen.“
Meine
Stimme klang härter, als beabsichtigt. Doch der Etikette war nun
Genüge getan.
„Eure
Reise war lang und beschwerlich“, rief Arthano süffisant
lächelnd. „Folgt mir in den Palast. Ihr seid für die
Dauer der Feiertage meine persönlichen Gäste.“
Der
Befehlshaber seiner Wache trat vor und beugte das Knie „Hoheit,
bevor Ihr Euch zurückzieht...“
Arthano
hatte sich bereits erhoben, deutete ihm jedoch mit einem Wink,
fortzufahren.
„Wir
haben auf dem Weg hierher diesen Mann aufgegriffen.“
Seine
Männer stellten sich mit dem Gefangenen zu ihm. Sie stießen
den Alten vor den Stufen auf den Boden.
„Er
sprach gotteslästerlich und verhöhnte Euch, Hoheit. Sollen
wir ihn in den Kerker werfen, bis Ihr die Zeit habt, Euch um ihn zu
kümmern?“
Unruhe
machte sich unter dem Volk breit. Die Menschen kannten offensichtlich
den Alten und seine Worte.
Arthano
nahm die Erregung ebenfalls wahr. So stieg er die Stufen herab,
packte den Alten am weißen verfilzten Schopf und betrachtete
das Gesicht genauer. Das selbstgefällige Grinsen des Herrschers
wurde breiter.
„Tarestos!
Welch Freude, Euch wiederzusehen! Ich dachte schon, Ihr hättet
meine Stadt verlassen.“
„Tarestos!“
wurden Rufe hörbar, zunächst zögerlich, dann lauter.
„Tarestos! Priester Zaroms!“
„Was
ist es, was Ihr den Menschen zu sagen habt?“ wollte Arthano von
ihm selbst hören.
„Ihr
kennt meine Worte“, krächzte der Alte. „Ihr führt
dieses Land in den Untergang. Ihr missachtet die Gesetze der Götter.
Ihr wendet Euch einem Dämon zu!“ Er rief lauter, damit
alle im Umkreis ihn hören könnten: „Wenn Arthano
König wird, geht Kantú unter! Und wir alle mit ihm! Die
Götter werden uns alle strafen, weil wir zulassen, dass er sich
und den Dämon über sie erhebt!“
„Lasst
den Priester gehen!“ rief einer aus der Menge und andere
stimmten ein.
Ich
sah, wie sich das Gesicht Arthanos verfinsterte. Er schlug den Alten
ins Gesicht. Tarestos sank zu Boden, Blut lief aus Nase und Mund.
Ich
war bei ihm, noch ehe mit bewusst wurde, was ich tat.
„Lasst
ihn in Ruhe, Hoheit. Er ist nur ein alter Mann“, sagte ich so
ruhig es mir möglich war.
Arthano
wandte sich mir zu. Für einen Moment dachte ich, er würde
mich ebenfalls schlagen. Sollte er es nur wagen. Die Bärin
rumorte bereits.
Er
besann sich, doch seine hellen Augen waren voller Hass. „Ihr
wisst nicht, wer dieser Mann ist“, sagte er betont langsam, als
müsse er ebenfalls darum kämpfen, nicht die Beherrschung zu
verlieren.
Ich
half dem Priester beim Aufstehen. „Er ist nur ein alter Mann“,
beharrte ich. „Und alte Männer wissen oft nicht, was sie
sagen.“
„Dieser
Mann ist Tarestos und bis vor kurzem war er Hohepriester Kantús“,
erklärte Arthano. „Er weiß sehr wohl, was er
spricht.“
„Dann
behandelt ihn mit mehr Respekt. Einen Diener der Götter schlägt
man nicht.“
„Oh,
Ihr wisst es scheinbar noch nicht: Zarom hat keine Macht mehr über
Kantú.“ Er winkte eine der schwarzgekleideten Gestalten
herbei. Und während die Gestalt die Stufen nach unten schritt,
erläuterte Arthano: „Dies ist Gandor, der neue
Hohepriester Kantús. Gandor, zeigt der Frau, wer hier mit
Respekt behandelt werden muss.“
Er
drehte sich um. Sein Volk war verstummt. „Unser Großer
Gott verleiht Kantú neue Macht. Seht, wozu wir fähig
sind! Hiermit verurteile ich Tarestos wegen Gotteslästerung und
Anstiftung zum Hochverrat zum Tode durch das Feuer! Hohepriester
Gandor, vollzieht das Urteil und opfert den Mann unserem Großen
Gott.“
„Helft
uns“, flehte der Alte mich an. „Rettet Kantú!“
Ich
starrte ihn an. Meine Instinkte schrien nach Kampf. Mein Verstand
befahl Ruhe. Mit Worten hatte ich ihn nicht retten können. Wenn
ich versuchte, ihn zu befreien, wie weit würden wir schon
kommen, umzingelt von den Wachen Kantús? Ich sah hinüber
zu Phiol. Meine Schwester starrte noch immer zu Boden, gelähmt
durch ihre Angst. Hinter ihr stand Malja, die Hand griffbereit am
Schwertknauf und die Miene versteinert. Ihre Männer und
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