Alasea 01 - Das Buch des Feuers
und in dem schräg fallenden Mondlicht wirkten die Augen wie schwarze Höhlen mit rot glühenden Kohlen tief im Innern. Die Bewegungen des Pferdes nahmen die ganze Aufmerksamkeit des Ungeheuers in Anspruch.
»Wo isst dass Mädchen?« spuckte das Skal’tum Kral an. »Gebt ssie herauss, dann lassssen wir euch schnell ssterben.«
Kral spürte Müdigkeit hinter den Worten des Ungeheuers. Sein Atem schnarrte durch den freien Raum zwischen ihnen. Es hatte das Skal’tum offenbar große Anstrengung gekostet, so schnell hierher zu kommen. Mit etwas Glück würde es Kral vielleicht gelingen, es lange genug abzulenken, damit die anderen entkommen konnten. Er nestelte seine Axt von dem Sattelgeschirr los und zog sie zu sich heran. Dann trieb er sein Pferd mit den Fersen zum Sprung an und stürzte geradewegs auf das Ungeheuer zu. Dumpfes Gebrüll entstieg seiner Kehle, der Schlachtruf seines Stammes. Kral schwang die Axt hoch in der Luft.
Wie Kral gehofft hatte, zwangen Erschöpfung und Überraschung das Skal’tum, zwei Schritte zurückzuweichen, bevor es sich zur vollen Höhe aufrichten konnte. Das reichte aus - der Platz genügte, damit ein Pferd samt Reiter an Kral vorbei und hinaus in den dunklen Wald preschen konnte. »Los!« schrie er den anderen zu. Er brauchte nicht zweimal zu rufen, und ein Trappeln von Hufen zog am Rumpf seines Reittiers vorbei. Er wagte es nicht, den anderen zu folgen; seine Augen waren immer noch auf die Klauen und Zähne des Skal’tums gerichtet.
Das Skal’tum jedoch sah, wie ihm ein Teil seiner Beute entwischte. Es stürzte sich auf Kral, genau in dem Augenblick, als der letzte seiner Begleiter an ihm vorbeipreschte. Ein blitzschneller Schwung mit der Axt wehrte einen Angriff von giftigen Krallen auf sein Gesicht ab, und ein Abwärtshieb mit dem Griff aus Hartholz schlug einen Tritt klauenbewehrter Füße gegen den Bauch seines Pferdes zurück. Kral lenkte sein Pferd durch sanften Druck mit den Beinen und die Verlagerung seines Gewichts. Rorschaff und sein Reiter bewegten sich wie ein einziger Körper. Pferd und Mensch bildeten eine Einheit aus Muskel- und Willenskraft.
Das Skal’tum wich einen Schritt zurück, seine Brust hob und senkte sich heftig vor Anstrengung. »Du kämpfsst gut, Mann vom Felss. Aber die Nacht gehört mir.«
Kral ließ die Axt in seiner Hand tanzen, doch das war eine überflüssige Darstellung seiner Kunst. Er wusste, dass sein Kampf gegen das Ungeheuer letztendlich hoffnungslos war. Wie ihm frühere Kämpfe gegen die Artgenossen des Ungeheuers gezeigt hatten, waren die Skal’ten durch Dunkelmagik gegen Schaden gefeit. Da die Sonne noch lange nicht aufgehen würde, konnte Kral das gegenwärtige Patt nicht aufrechterhalten. Früher oder später würde eine Kralle oder ein Reißzahn seine Abwehr durchbrechen. Allenfalls durfte er hoffen, für Ni’lahn und den Mann aus der Garnison Zeit für die Flucht herauszuschinden und das Ungeheuer dann von der Kate wegzulocken - falls er so lange überleben würde.
Das Skal’tum wartete, und während der kurzen Kampfpause beruhigte sich sein Atem ein wenig. Es ließ sich Zeit damit, seinem Widersacher den Garaus zu machen, und spielte offenbar gern noch mit ihm. Anscheinend wusste es ganz genau, dass das Mädchen, das es suchte, nicht unter denen gewesen war, die zu Pferde entkommen waren. Kral richtete sich im Sattel auf. Er hatte Ni’lahn und den anderen genügend Zeit zur Flucht verschafft. Wenn er hier sterben sollte, dann sollte dies mit geschwungener Axt und auf dem Rücken des Hengstes geschehen, den er vom Fohlen zum Schlachtross herangezogen hatte. Er schwenkte die Axt über dem Kopf in der Absicht, das Ungeheuer zu einem Angriff herauszufordern. Und es griff an - elendes berechenbares Ungeheuer!
Jetzt ging es darum, es von der Kate wegzulocken.
Kral ließ sein Pferd steigen; eisenbeschlagene Hufe schlugen den Feind zurück. Immer noch auf dem Rücken des aufgebäumten Hengstes kauernd, gab Kral Rorschaff das Zeichen für eine Kehrtwendung. Das Pferd wendete auf den Hinterbeinen und ließ die Vorderbeine mit aller Wucht wieder zu Boden sinken, sodass Kral nach vorn über den Knauf geworfen wurde. Das Skal’tum stand jetzt hinter ihnen und stieß schrille Schreie aus. Der Mann aus den Bergen trieb sein Pferd mit den Fersen vorwärts, um die Baumlinie hinter der Ecke der Kate im Galopp zu erreichen. Doch nach nur wenigen Schritten hielt Rorschaff jäh inne, und seine Hufe gruben Furchen in den steinigen Boden. Auf
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