Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Titel: Alasea 01 - Das Buch des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Buch des Feuers
Vom Netzwerk:
scharfen Krallen nach handelte es sich bestimmt um einen Raubvogel. Doch welche Beute jagte er in einer so dunklen Höhle?
    Sie streckte die Hand noch weiter zu dem Vogel aus, wobei sie sich ein wenig vorbeugte. Der Vogel neigte eine Flügelspitze und schwenkte in ihre Richtung. Das Mondlicht leuchtete heller auf, während er mit den Flügeln schlug und sich höher schraubte. Sie reckte den Arm nach oben und verfolgte seinen Flug. Fast konnte sie ihn berühren; ihre Fingerspitzen waren nahe genug, um das azurblaue Licht zu streifen, das er ausstrahlte. Lockende und beschwichtigende Laute kamen ihr über die Lippen. Sie hoffte innigst, dass er sich nicht vor ihr fürchtete.
    »Sei vorsichtig, Elena«, warnte ihr Onkel sie, als der Vogel ein wenig tiefer sank.
    Elenas Hand war jetzt in seinen Schein getaucht. Entzücken drängte alle Reste von Angst zurück - bis der Falke einen Schrei ausstieß.
    Der Vogel hatte den Anschein erweckt, als wolle er auf ihrer ausgestreckten Hand landen; dann war sein für die Landung vorgesehener Platz verschwunden.
    Elenas Hand war nicht mehr da!
    Sie schrie laut auf, und der kreischende Vogel flatterte in die Höhe. Elena beachtete ihn nicht; ihre ganze Aufmerksamkeit galt ihrem Arm. Jenseits ihres Handgelenks war nur noch Dunkelheit, als ob die Schwärze des Spalts ihre Hand verschluckt hätte.
    Sie riss den Arm voller Entsetzen zurück und erwartete einen Schwall von Blut und Schmerzen. Doch als sie ihn an die Brust zog, erschien ihre Hand wieder, mit dem Handgelenk verbunden wie immer.
    Sie stöhnte auf. Die Haut ihrer Hand, hell erleuchtet vom Lampenlicht ihres Onkels, war wieder rubinrot durchflutet. Wirbel eines dunkleren Rots, beinahe schwarz, kreiselten an der Oberfläche.
    Ein Seufzer entrang sich ihrer Kehle. Nicht schon wieder! Sie streckte die Hand flehentlich zu ihrem Onkel aus; aus ihren Augen sprach die Bitte, das Rot wegzunehmen. Während sie ihm den Arm noch hinhielt, schwebte der Falke in einem Mondstrahl heran und landete auf ihrer blutgefärbten Hand. Durch das plötzliche Gewicht sank ihr Arm herab. Doch bevor der Vogel abheben konnte, gruben sich seine schwarzen Krallen tiefer in ihre Hand, heftig genug, um die Haut für die Dauer eines Herzschlags zu durchbohren. Blut quoll wie dicke Tränen rund um die Krallen des Falken hervor. Mit großer Mühe hielt sie den Arm still, und der Vogel lockerte seinen Griff, seine Klauen rutschten von ihrem Fleisch ab. Jetzt leuchteten die Klauen silbern im Licht der Lampe. Die Bewunderung für die Schönheit des Vogels dämpfte für einen Augenblick ihren Schreck.
    Der Falke neigte den Kopf von einer Seite zur anderen und begutachtete ihre Finger. Plötzlich zuckte ihr der Gedanke durch den Kopf, er könne einen davon als Mahlzeit in Betracht ziehen. Doch er beugte lediglich den Kopf nach vorn und rieb die Kronfedern an ihrer zitternden Hand.
    Zufrieden hockte er sich plötzlich direkt auf ihre Hand, breitete die Flügel weit aus und stieß einen triumphierenden Schrei aus, der durch die Höhle schallte, während noch helleres Licht aus seinem leuchtenden Gefieder hervorbrach.
     
    »Und was sagen nun deine alten Texte dazu?« fragte Er’ril Bol. Er nickte zu dem Falken hinüber, der auf dem Handgelenk des Mädchens saß. Nach dem wilden Ausbruch hatte dieser sich beruhigt und säuberte sich die Federn mit dem gebogenen Schnabel. Er’ril war sich nicht sicher, was ihn mehr störte - das Verhalten des Vogels oder die Tatsache, dass er Zeuge wurde, wie eine Hexe zur Macht reifte. Seine Augen wanderten immer wieder zu der roten Hand des Mädchens hinüber. Er hatte sich mit der Behauptung des alten Mannes bezüglich Elenas Erbe abgefunden, aber den Beweis dafür zu sehen war dennoch verblüffend.
    »Wie ich schon sagte«, erklärte Bol in belehrendem Ton und lenkte Er’rils Augen von der Hand des Mädchens ab, »was die Mondfalken betrifft, so sprechen die Schriften unterschiedliche Sprachen - einige hell, einige dunkel.«
    »Und was ist mit ihrer Hand? Ich dachte, Magiker brauchen das Licht der Sonne, um eine Belebung einzuleiten. Wie war es ihr möglich, ihre Rose in dieser dunklen Grube zu erneuern?«
    Bol kratzte sich hinter dem Ohr. »Vielleicht lag es am Licht des Vogels.«
    »Mondlicht?«
    »Ich erinnere mich, einen Text von einem längst verstorbenen Alchimisten gelesen zu haben, in dem die Vermutung dargelegt wird, das Licht des Mondes sei nichts anderes als reflektiertes Sonnenlicht.« Bol machte eine wegwerfende

Weitere Kostenlose Bücher