Alasea 01 - Das Buch des Feuers
sie zuvor überquert hatten. Die Lefzen des Wolfs waren hochgezogen, und ein lang gezogenes, gleichmäßiges Knurren tönte hinaus in die Dunkelheit.
»Da kommt etwas«, sagte Er’ril.
Jetzt hörte Er’ril das Scharren auf Schiefer und ein vertrautes Geräusch - ein Zischen. »Kobolde!« Er zog Elena beiseite.
Der Wolf näherte sich ihnen, rückwärts durch den schmalen Bach platschend.
Elena deutete auf das Tier. »Er weiß ebenfalls Bescheid. Wahrscheinlich haben ihn die Kobolde verletzt.«
Er’ril ging nicht auf ihre Worte ein, sondern schob sie vor sich her zurück zu dem Spalt. »Wir sollten deinen Onkel holen und rasch von hier wegkommen. Ohne Waffe besteht nicht die geringste Aussicht, dass uns ein Durchbruch gelingt. Wir müssen einen möglichst großen Vorsprung vor den Kobolden haben.«
Elena blickte nach hinten. »Der Wolf folgt uns.«
Er’ril sah ihn ebenfalls. Er hielt einen Sicherheitsabstand zu ihnen und blieb immer ein wenig verborgen in den Schatten der Felsbrocken, doch er hielt mit lautlosen Pfoten Schritt mit ihnen.
»Er schützt uns«, sagte Elena.
»Nein, er folgt einfach nur dem Licht.«
»Er trägt einen alten Verband mit einer zerbrochenen Schiene an seinem verletzten Bein. Ein Mensch muss ihn verloren haben.«
Das Mädchen hatte Recht, doch es war nicht einzuschätzen, ob der Wolf von seinem Besitzer gezähmt worden war. Die Schiene sah alt und verschmutzt aus, als ob das Tier eine weite Strecke damit zurückgelegt hätte. Wild oder nicht, er schien zumindest keine unmittelbare Gefahr darzustellen, und falls die Kobolde angreifen würden, mochten sich seine langen Zähne als nützlich erweisen, und sie gewönnen Zeit, um zu fliehen. Also hatte Er’ril nichts dagegen, dass er ihnen folgte - solange er einen angemessenen Abstand einhielt.
Sobald der alte Mann und seine Laterne ins Sichtfeld kamen, eilte Elena zu ihm und kniete neben ihm nieder. Er’ril gesellte sich zu dem Mädchen und stellte fest, dass sich Bols Brust noch immer hob und senkte. Er legte dem Alten einen Finger auf den Hals. Der Puls war schwach.
Er’ril richtete sich auf und ließ den Blick durch die Dunkelheit schweifen. Das Zischen war schwächer geworden. Wenigstens hielten sich die Kobolde wieder auf Abstand.
Elena blickte zu Er’ril auf. »Wird er sterben?«
»Ich weiß es nicht. Er ist ein alter Mann.«
»Was können wir tun?«
Sie musterte seinen Arm mit zweifelndem Blick.
»Er ist leicht. Ich schaffe das schon.«
Elena nickte und legte ihrem Onkel ihre kräftig rubinrot leuchtende Hand auf die Brust. Er’ril dachte an die Macht, die sein Schwert zu Eis hatte erstarren lassen. Er hatte es gerade noch rechtzeitig fallen gelassen, um zu verhindern, dass seine Hand vom Frost verzehrt wurde. Elena verfügte über eine mächtige Magik, aber sie beherrschte sie nur unzulänglich. Dennoch…
»Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, sagte er. »Aber sie ist mit Risiken verbunden.«
Ihre Miene hellte sich auf. »Welche?«
»Deine Magik.«
Die Hoffnung erstarb in ihren Augen. Ihr Kopf sank herab. »Nein, es gelingt mir nicht, dass sie meinem Willen gehorcht.«
»Immerhin hast du mich davon abgehalten, dem Wolf ein Leid anzutun.«
»Vielleicht, aber ich hatte nicht die Absicht, dein Schwert zu zerstören. Die Magik macht, was sie will.«
»Zu meiner Zeit habt ihr Magiker immer allerlei Blödsinn angerichtet. Ich hatte einen Bruder, Schorkan. Er erlangte die chirische Macht im selben Alter wie du. Als er noch jung war, steckte er bei dem Versuch, den Herd mit seiner Magik anzuzünden, unsere Küche in Brand.«
»Er hat sich jedoch verbessert, stimmt’s?«
Er nickte. »Durch Übung und Ausbildung wurde er zu einem großen Magiker.«
»Aber wer kann mich ausbilden?«
Er’ril kniete neben ihr nieder. »Ich war der Paladin meines Bruders.«
»Was ist das?«
»Sein Gefolgsmann und Beschützer. Jedem Magiker war ein Paladin zugeordnet, damit sie sich mit ihrer Magik nicht selbst schadeten. Ich habe Schorkan während seiner Grundausbildung beigestanden und musste ihm oftmals aus der Klemme helfen. Wir Paladine sind selbst nicht mit der höheren Kunst begabt, aber wir sind befähigt, ihre Beherrschung zu lehren - wie man den Fluss der Macht in die richtigen Bahnen lenkt. Wir hatten diese Lektionen gelernt, um denen zu helfen, die uns anvertraut waren.« Er’ril versuchte, nicht zusammenzuzucken, als er ihre rote Hand anhob. »Vielleicht kann ich dir helfen.«
»Wirklich?«
»Ich will es
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