Alasea 01 - Das Buch des Feuers
und die Eisenfaust vom Steinboden aufhob. Er betrachtete den Schlüssel eine Weile mit seltsamem Gesichtsausdruck, dann steckte er ihn vorsichtig in eine Tasche seines Hemds.
Während Er’ril sich aufrichtete, zog eine Bewegung Elenas Blick zur hinteren Hälfte der Kammer. Ein Schrei entfuhr ihr. Die Meute der Kobolde schwärmte und tobte um die niedergestreckte Gestalt des verrückten Schuldirektors. Re’alto lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Steinboden, den unversehrten Arm nach vorn ausgestreckt zu der Stelle, wo die Statue zuvor gestanden hatte. Anscheinend bewegte er sich nicht - und atmete auch nicht. Ein einzelner Kobold hockte sich auf seinen Rücken und hob den Arm an. Er hing schlaff in seinen Klauen. Der Kobold ließ die Hand fallen und huschte ängstlich zurück.
Inzwischen hatte auch Er’ril Re’alto entdeckt und näherte sich dem leblosen Körper.
Onkel Bol sprach neben Elena. »Tu das nicht, Er’ril. Er ist tot. Nur das Licht des Jungen erhielt ihn am Leben. Nun, da diese Magik entschwunden ist, ist auch sein Leben vergangen, und wir sollten ihn hier bei den Kobolden zurücklassen.«
Er’ril nickte und nahm seine Waffe wieder an sich, die er bei Bol zurückgelassen hatte. Das Schwert, nun nicht mehr ins Licht der Statue getaucht, schien dennoch heller zu glänzen, als es allein im Licht der Lampe hätte glänzen können. Ein blendendes Leuchten tanzte in Linien über seine Oberfläche.
»Wir sollten versuchen, zu dem Durchgang zu gelangen, durch den wir hereingekommen sind«, sagte Er’ril. »Dort gibt es weniger Kobolde.«
»Sei gewarnt«, sagte Onkel Bol. »Jede Herausforderung von unserer Seite kann ihren Zorn entzünden. Sie haben soeben erlebt, wie die Statue vor ihren Augen verschwand, und Re’alto, den sie anbeteten, liegt tot zu ihren Füßen.« Onkel Bol nickte zu einer Stelle, wo sich mehrere Kobolde zusammengedrängt hatten und mit den Klauen zu ihnen herüber zeigten. »Ich glaube, sie geben uns die Schuld an ihrem Verlust.«
»Dann sollten wir von hier verschwinden, je eher, desto besser.« Er’ril nickte Elena zu, sie solle zu ihm kommen. »Wir müssen sie ablenken«, sagte er, »damit wir Zeit zur Flucht gewinnen.«
Elena nickte, hatte jedoch keine Ahnung, was sie tun sollte.
Ihr Onkel war anscheinend mit Er’rils Absicht nicht einverstanden. Er sprach mit gedämpfter Stimme, und seine Augen wanderten schnell über die drohend zusammengerotteten Kobolde. »Ich glaube, es wäre nicht gut, sie in ihrem gegenwärtigen Zustand zu erschrecken, Er’ril. Die Geschöpfe sind ohnehin in höchster Aufregung. Eine Panik könnte…«
»Wir werden als Fleischgericht in ihren Mägen enden, wenn wir uns nicht beeilen.« Er’ril ließ sich neben Elena auf ein Knie nieder. Das Schwert hatte er in Richtung der Felskobolde erhoben. »So, mein Kind, ich habe dir bereits im Zusammenhang mit deinem Onkel eine Methode des Heilens beigebracht. Jetzt musst du noch ein klein wenig Magik erlernen.«
Elena wehrte sich innerlich; der Mund wurde ihr trocken. Sie spürte, wie eine Faust ihr Herz umklammerte. Wilde Magik ängstigte sie mehr als die Zähne und Klauen der Kobolde. »Gibt es keine andere Möglichkeit? Vielleicht hat Onkel Bol Recht. Wir könnten einfach abwarten, bis sie sich beruhigt haben, dann verschwinden sie vielleicht.«
Das Zischen um sie herum war zu einem Kreischen geworden. Sie sah, wie noch mehr Kobolde aus den beiden Gängen in den Raum drängten. Ihr Moschusgeruch erfüllte die Luft und zeugte von ihrer Angst. Schon stampften jene, die Re’altos Leichnam am nächsten standen, mit den Füßen auf den Steinboden. Bald fielen andere in den Takt ein, und das Stampfen hallte in der Höhle wider. Es war ein dumpfer Rhythmus, und die Augen um sie herum glühten.
Onkel Bol flüsterte: »Vielleicht hat Er’ril Recht.«
Sie merkte, dass beide Männer sie ansahen. Ihr Herz pochte im Takt mit dem Stampfen. Mühsam löste sie die Zunge vom Gaumen. »Ich will es versuchen.«
»Braves Mädchen.« Er’ril reichte dem Onkel das Schwert. »Halte das Schwert sichtbar. Anscheinend flößt es ihnen Achtung ein.« Nachdem Onkel Bol die Spitze der Klinge ungeschickt nach oben gerichtet hatte, kehrte Er’ril zu Elena zurück und griff nach ihrer rechten Hand. Die Dringlichkeit und Spannung in seinem Innern strömten von seinen fest geschlossenen Fingern in sie hinein, und doch sprach er mit ruhiger Stimme. »Es wird gelingen, Elena. Glaub mir. Magik ist eng verbunden mit Licht.
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