Alasea 01 - Das Buch des Feuers
Schlacht an der gegenüberliegenden Wand gebannt. Kral sah, wie der Alte aus der Kate einen weiteren Kobold mit Öl übergoss, während das Mädchen sich hinter ihm versteckte. Doch das heftigste Kampfgeschehen fand unmittelbar vor den beiden statt. Eine Schar Kobolde tummelte sich auf dem Körper eines Mannes, den sie mit ihrem Gewicht zu zermalmen drohten.
Wie eine Welle erhob sich die Meute der Angreifer, als der Kämpfer sich auf die Knie mühte. Einen Augenblick lang sah es so aus, als könne er sich befreien und auf die Beine kommen, doch dann warf ihn eine weitere Woge von Kobolden wieder zu Boden - und Kral erkannte, wer da kämpfte. Er’rils Gesicht, verzerrt vor Anstrengung, mit einem blutigen und geschwollenen Auge, tauchte für einen flüchtigen Augenblick auf, bevor es von seinen Widersachern erneut verdeckt wurde.
Mit lautem Gebrüll hieb sich Kral einen Weg nach vorn frei; der Mondfalke kreiste über dem Geschehen und kreischte durchdringend. Die anderen warfen sich gegen das Meer aus Lebewesen, aber es war, als würden sie gegen eine starke Meeresbrandung ankämpfen. Sobald ein Ansturm zurückgeschlagen wurde, wogte ein weiterer heran. Bald war die Gruppe in zwei Teile geteilt. Tol’chuk deckte Krals Rücken, während der Wolf und der Elv’e sich in einem Todestanz umeinander drehten. Die Wellen der Schlacht trieben die beiden Paare immer weiter voneinander weg.
»Hilf dem Alten und dem Kind!« brüllte Kral Merik zu.
Der Mann aus den Bergen hieb mit solcher Wucht auf das Genick eines Kobolds ein, dass dessen Schädel durch den Raum flog. »Wir kümmern uns um den Schwertkämpfer.«
Kral wusste nicht, ob der Elv’e ihn über das Schreien der Verwundeten und Sterbenden hinweg gehört hatte, aber es hatte den Anschein, als ob er sich in die richtige Richtung bewegte. Zufrieden drehte Kral sich zu Er’ril um. Von hinten, wo Tol’chuk Deckung gab, hörte er das Knacken von Knochen. Er lächelte grimmig. Ein Og’er, dachte er, ist so gut wie eine Steinmauer im Rücken. Das verlieh ihm die Freiheit, sich mit Axt und Muskeln ganz und gar der Schlacht vor sich zu widmen.
Der Gebirgler raste in seinem Zorn und räumte sich einen Weg zu Er’ril frei; seine Axt wirbelte wild herum, seine Bewegungen waren eher instinktiv als geplant. Sein Geist kehrte zu den Erinnerungen an gewisse Lektionen zurück, die er vor langer Zeit gelernt hatte.
Kral hatte die Kunst des Axtkampfes von Mulf gelernt, einem ergrauten alten Krieger aus den Zahnbergen. Angeblich hatte der Mann während der Zwergenkriege gekämpft und dabei ganz allein den Pass der Tränen einen Tag und eine Nacht lang gehalten. Als junger Bursche von gerade eben elf Wintern, die Augen erfüllt von zukünftigem Ruhm, hatte Kral den alten Mulf in seiner Höhle hoch oben in den Zahnbergen aufgesucht. Als er seiner zum ersten Mal ansichtig wurde, erstarben alle seine Hoffnungen auf der Stelle. Der Bart des Greises, weiß wie früher Schnee, hing so weit herunter, dass er ihn in den Gürtel stopfen musste, um nicht darüber zu stolpern. Wie sollte dieses hilflose Wrack ihm etwas beibringen können? Mulf hatte zu schwach ausgesehen, um auch nur eine Axt zu heben, ganz zu schweigen davon, sie im Kampf zu schwingen. Doch nach der ersten Unterrichtsstunde saß Kral auf seinem Hinterteil im Schlamm und trug einen großen Bluterguss auf der Stirn, wo ihm Mulf mit dem Griff seiner Axt einen Schlag versetzt hatte. Als Letztes hatte sich der Jugendliche daran erinnert, dass die Klinge zum Spalten seines Kopfes ausholte. Doch mit einer Bewegung, so schnell, dass er mit den Augen nicht folgen konnte, hatte der Alte die Axt um den Daumen schwingen lassen, sodass nur das Holz und nicht das scharfe Eisen Krals Schädel traf. An jenem kalten Morgen, mit dem Hinterteil am eisigen Boden, bekam er von seinem scharfsichtigen Lehrer die erste Lektion: Unterschätze deinen Gegner niemals!
Und das tat er heute nicht!
Die Kobolde mochten zwar von kleiner Gestalt sein, aber sie kämpften leidenschaftlich, ganz Muskeln und scharfe Klingen. Kral erlaubte weder seinem Arm, langsamer zu werden, noch seinen Augen, sich von dem wilden Durcheinander der Klauen abzuwenden. Seine Aufmerksamkeit bewahrte ihn mehr als einmal vor der Berührung mit einem Koboldmesser. Als er sich der Stelle näherte, wo Er’ril kämpfte, blitzten in den Klauen der Kobolde Dolche mit Dornen auf. Mit ähnlichen Waffen hatten sie die Gefährten schon am Rand der Schlucht angegriffen und Kral und
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