Alasea 01 - Das Buch des Feuers
diesmal waren die Tränen eher heilsam, als dass sie ihre Seele zerrissen.
Während sie sich in seine Arme sinken ließ, setzte das Zischen, das aufgrund ihrer Magik verstummt war, von Neuem ein. Elena schob den Onkel von sich weg. Sie drei standen zwischen den Toten.
»Wir täten gut daran, rasch zu verschwinden«, murmelte Er’ril.
Es war zu spät. Immer neue Kobolde brachen aus den Tunneln hervor. Jetzt suchten sie die Rache, die ihnen wegen des magischen Leuchtens der Hexe verwehrt gewesen war. Ganz nahe hörte Elena einen Kobold kreischen.
Er’ril stürzte vor und warf sich dem Ansturm der Ungeheuer entgegen, wobei er gleichzeitig seine Gefährten an die Wand drängte. Sein Schwert sang zwischen den sich wehrenden Körpern der Kobolde. Noch nie hatte er eine Waffe treffsicherer geführt. Die Klinge durchschnitt Knochen so leicht wie Luft. Während er mit dem Schwert nach allen Seiten peitschte, türmten sich die Leichen vor ihm auf, doch immer neue Kobolde sprangen über die Kadaver ihrer Artgenossen hinweg und stürmten zum Angriff vor.
Aus den Augenwinkeln sah Er’ril, wie Bol mit seiner Lampe nach einigen Kobolden ausschlug, die in Elenas Nähe gelangen wollten. Die schaukelnde Laterne warf wild hüpfende Schatten an die Wände der Höhlenkammer. Der alte Mann schlug sich tapfer. Die Kobolde beäugten noch immer wachsam das Mädchen, als ob sie erwarteten, dass es jeden Augenblick wieder in hellem Licht erstrahlen werde. Im Stillen hoffte Er’ril, dass Elena vielleicht einen entsprechenden Versuch unternehme, aber er wusste, dass er es nicht von ihr verlangen konnte. Sie war immer noch zu tief erschüttert.
Er stürmte weiter vorwärts. Wenn die Kobolde eine kleine Verschnaufpause einlegen würden, gelänge es ihm vielleicht, seinen Gefährten und sich einen Weg bis zum nächsten Tunnel zu bahnen.
Doch die Kobolde taten ihm den Gefallen nicht. Stattdessen nahm ihr Kampfgeist noch mehr zu. Da sie die Macht des Mädchens fürchteten, ließen sie ihren Zorn an Er’ril aus und griffen von so vielen Seiten an, dass er sie nicht alle aufhalten konnte. Krallen rissen an seiner Brust, Zähne zerrten an seinen Beinen.
So eifrig die Schneide seiner Klinge auch umherfuhr, die Hoffnungslosigkeit der Lage berührte sein Herz. Er strauchelte. Kobolde stürzten sich auf ihn, warfen ihn nach hinten. Er fiel auf den Steinboden; dabei schlug sein Kopf so heftig auf, dass Lichtpunkte vor seinen verdutzten Augen tanzten. Fünf Kobolde saßen rittlings auf seiner Brust und auf seinen Beinen. Drei drückten seinen Schwertarm gegen den Boden. Zähne gruben sich in seinen Unterarm.
Den Schmerz unterdrückend, zappelte und strampelte Er’ril unter dem Gewicht der Angreifer. Wenn ich doch noch den zweiten Arm hätte!, dachte er unsinnigerweise. Dann könnte ich mich bestimmt befreien. Er stemmte sich gegen die Masse der Kobolde, fest entschlossen, sich freizukämpfen. Während er sich heftig bemühte, spürte er, wie der Schlüssel in seiner Tasche sich bewegte. Verfluchte Bande! Einer von ihnen versuchte erneut, ihm die Eisenfaust zu stehlen.
Er warf den Kopf hoch, um zu sehen, welche dieser diebischen Kreaturen sich an seiner Tasche zu schaffen machte. Mit angespanntem Hals äugte er zu der Brusttasche seines Hemdes, wo er den Schlüssel versteckt hatte.
Keine Koboldklaue war es, die dort herumfingerte. Stattdessen bot sich ihm ein Bild, bei dem er so heftig zusammenzuckte, dass er fast die Kobolde von seinem Körper abgeworfen hätte. Aus seiner Tasche kroch - wie eine Metallspinne - die Eisenfaust, die Finger gespreizt und nach Halt suchend. Beim Anblick der Faust verspürte Er’ril ein Stechen in der Schulter des Armstumpfs. Zunächst dachte er, eine Koboldklaue habe sich in seinen Körper gebohrt. Aber nein, schon einmal hatte er einen solch brennenden Stich verspürt - vor langer Zeit, als er den Arm verloren hatte. Es war der Stich der Magik! Als der Schmerz etwas nachließ, blühte ein neues Gefühl in seinem Stumpf auf. Er’ril spürte den fehlenden Arm!
Mit aufgeregten Blicken musterte er die Schulter mit dem Stumpf und sagte seinem Herzen, dass der Arm immer noch fehle, doch er hätte schwören können, dass er etwas wie einen Geisterarm spürte, der jetzt mit seiner Schulter verbunden war.
Ein Arm, der an der Eisenfaust aufhörte!
Er spürte das kalte Metall des Schlüssels, der wie ein Handschuh seine Phantomhand umhüllte. Er beugte die Eisenfinger. Süße Mutter! Die Worte des Jungen De’nal
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