Alasea 01 - Das Buch des Feuers
schlafen.
Er lief zur Seite der Bühne und öffnete seine Requisitentasche. Er bereitete seine nächste Darbietung vor - mit drei Ölfackeln. Er umfasste sie mit der Faust und entzündete sie an dem Feuer in einem Kohlebecken. Sie loderten auf. Das Publikum antwortete mit einem Schschsch!, als jede Fackel in einer anderen Farbe brannte - in Tiefgrün, Saphirblau und einem kräftigeren Rot als eine gewöhnliche Flamme. Er hatte diesen Trick, der auf einer Alchimie bestimmter Pulver beruhte, während seiner Jahre in den Südlanden erlernt.
Spärliches Klatschen wurde hinter ihm laut.
Er wandte das Gesicht den Zuschauern zu, hob die Fackeln und warf sie in die Luft, beinahe bis zu den Deckenbalken des Gastraumes. Als sie kaskadenartig herabtrudelten und dabei jeweils einen Lichtschweif hinter sich herzogen, fing er sie auf und warf sie wieder zur Decke hinauf.
Der Applaus wurde stürmischer, doch seine Ohren hörten nach wie vor nur wenige Münzen in seiner Schale klimpern. Also warf er die Fackeln noch höher hinauf; seine Armmuskeln wölbten sich vor Anstrengung, bis sein Körper unter einer dünnen öligen Schweißschicht glänzte. Ein paar Frauen an der linken Seite der Bühne gaben Oohhs von sich, aber er bemerkte aus dem Augenwinkel, dass sie seinen Körperbau bewunderten und nicht die fliegenden Fackeln. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass es auch andere Möglichkeiten gab, auf der Straße Geld zu verdienen, und er war nicht darüber erhaben, seine Waren zur Schau zu stellen.
Während er mit den Fackeln jonglierte, spannte er die Schultern, zeigte seine breite Brust und die üppige Muskulatur. Mit schwarzem Haar und grauen Augen, mit der rötlichen Gesichtsfarbe der Präriebewohner seiner Heimat war er bekannt dafür gewesen, noch mit anderen Dingen als Messern und Fackeln zu jonglieren, um sich ein Zimmer und ein Bett zu verdienen.
Weitere Münzen wurden in seine Schale geschnippt.
Nach einem letzten schwungvollen Wurf verneigte er sich, während alle drei Fackeln noch in der Luft waren. Die Zuschauer hielten hörbar die Luft an, wie üblich, als die Fackeln auf seinen gebeugten Rücken niedergingen. Er sah, wie eine seiner drallen Bewunderinnen sich besorgt die Hand vor den Mund hielt. Kurz bevor die Fackeln ihn berührten, vollführte er einen Salto im Stehen und fing alle Fackeln gleichzeitig auf, um sie in einen bereitstehenden Wassereimer zu tauchen. Jedes Zischen einer erlöschenden Flamme beflügelte den Applaus. Als er fertig war, war das Publikum aufgestanden, laut klatschend und mit Krügen auf die Tischplatten klopfend.
Er bemerkte, dass sich seine Schale weiter mit Münzen füllte. Er verbeugte sich immer wieder, bis sich das Publikum beruhigte und keine Münzen mehr gespendet wurden. Mit einem letzten Winken sammelte er seine Messer und die Geldschale ein und sprang von der Bühne. In der Menge war immer noch ein beifälliges Raunen zu hören, und einige der Gäste schlugen ihm anerkennend auf den Rücken, als er zwischen ihnen hindurchging. Er warf sich sein Lederwams über, immer noch zu erhitzt von seiner Darbietung, als dass er das dicke baumwollene Unterhemd anziehen konnte, das er gewöhnlich trug.
Als er einen erfahrenen Blick auf den Haufen Münzen warf, wusste er, dass er heute Abend gut essen und vielleicht sogar noch genügend Geld übrig haben würde, um ein Zimmer in der Gastwirtschaft bezahlen zu können. Falls nicht, hatte er bereits ein paar Damen ins Auge gefasst, die unverändert seine nackte Brust angafften. Es gab wirklich noch andere Möglichkeiten.
Der Wirt schob ihm seine dicke Wampe an der Theke entlang entgegen; sein feistes Gesicht hatte in der Hitze des Raums die Farbe eines Schweinebauchs angenommen. Er trug einen weinbefleckten Kittel, anscheinend die übliche Bekleidung eines Wirtshausbetreibers dieser Güte. Während er die vier Haare zurückstrich, die seinen Kopf noch schmückten, drehte er die breite Nase zu dem Gaukler um und legte die fleischige Hand auf das genarbte Holz der Theke. »Wo bleibt mein Anteil?« fragte er schwer atmend.
Der Gaukler zählte die angemessenen Prozente von Münzen ab, um für die Benutzung der Bühne zu bezahlen. Die Augen des Wirts verfolgten den Weg jedes einzelnen Kupferstücks in seine fleischige Handfläche. Der Gaukler erwartete, dass der Dicke sich jeden Augenblick die Lippen lecken würde, so gierig blitzte die Lust in seinen Augen auf.
»Ist das alles?« fragte er und schüttelte die Faust mit den Münzen. »Ich
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