Alasea 01 - Das Buch des Feuers
voraus und kletterte die Leiter hinunter.
Elena folgte ihm und zog sich beim Hinabklettern einen großen Splitter in die rechte Hand ein. Sie zog sich das Stück Holz aus der Handfläche und bemerkte dabei, dass der rote Fleck zu einem schwachen Rosa verblasst war, das sich kaum noch von der Farbe der anderen Hand unterschied.
Joach hatte die Flügel der Stalltür bereits weit aufgestoßen, und, beunruhigt durch den Rauch, schnaubten die beiden Pferde aufgeregt, als sie aus ihren Boxen traten. Der Bruder warf ihr Zügel und Zaum zu. Sie strich schnell über Nebelbrauts Hals, um sie zu beruhigen, und legte ihr Zaum und Zügel an. Sie hatten keine Zeit zum Satteln.
Joach sprang auf Spürnase und beugte sich zur Seite, um ihr beim Aufsteigen auf Nebelbrauts nackten Rücken zu helfen. Als beide saßen, durchquerte er den Stall zu der Tür an der hinteren Wand des Stalls und löste mit den Fußzehen den Riegel. Die Tür schwang auf und öffnete sich zum Rand des Obsthains. Joach hielt die Tür weit auf, um Nebelbraut das Hindurchgehen zu erleichtern.
Als Elena Nebelbraut hinausführte, betrachtete sie aufmerksam die dunkle Stelle zwischen dem Stall und den Bäumen. Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, und die Luft war von dichtem Rauch erfüllt. In dem Augenblick, als sie Nebelbraut zu den Bäumen lenkte, leuchtete ein Licht hinter Joach auf. Elena ruckte im Sitzen herum und hielt die Luft an. Hinter ihrem Bruder, an der Ecke des Stalls, trat der Mann mit der Kapuze auf den freien Platz. Sein Gefährte hielt eine Laterne hoch.
»Elena, reite los!« Joach wandte sein Pferd um, den beiden Männern entgegen. »Ich halte sie auf.«
Elena missachtete seine Anweisung und sah zu, wie der Mann seinen gebogenen Stab hob und mit der Spitze auf den festgestampften Erdboden schlug. Durch die Wucht dieses Aufschlags hob sich der Boden um die beiden Männer herum, und kreisförmige Kräuselungen breiteten sich aus, wie die Wellen in einem Teich, wenn man einen Kieselstein ins Wasser wirft. Die brodelnde Erde raste auf Joach zu. Der Boden wimmelte von dicken, wurmartigen weißen Körpern. »Nein! Joach, weg!«
Joach sah, was da auf ihn zu eilte. Er riss an Spürnases Zügeln und drehte den Hals des Gauls herum. Spürnase wieherte vor Angst, sträubte sich einen Augenblick lang, dann tänzelte er im Kreis und floh mit großen Sprüngen vor den Verfolgern. Aber das Pferd bewegte sich zu langsam. Der sich nähernde Rand der bösartigen Woge verschluckte die Hinterläufe des Reittiers.
Vor Elenas Augen versank der hintere Teil des Pferdes in der Erde wie in einem Sumpf. Der Schlamm färbte sich rot von Blut. Spürnase bäumte sich auf und schrie vor Schmerzen, die Augen traten ihm aus den Höhlen. Joach hielt die Zügel fest gespannt. Das Pferd brach am Boden zusammen. Die Hufe seiner Vorderläufe gruben sich tief in den festen Erdboden, während es versuchte, die hinteren Gliedmaßen herauszuziehen.
Joach drängte das Pferd zum Weiterlaufen, doch Elena wusste, dass es aussichtslos war. Die Räuber in der Erde konnten innerhalb weniger Herzschläge das Fleisch vom Knochen trennen. Elena trieb ihre Stute in schnellem Galopp zu den beiden in Not. Sie hielt kurz vor Spürnase an. Den einen Arm von den Zügeln umwickelt, musste Elena alle Kraft aufwenden, um Nebelbraut vor dem keuchenden, wild um sich blickenden Hengst zu halten. »Zu mir!« schrie sie ihrem Bruder zu.
Joach erkannte die Aussichtslosigkeit seiner Lage. »Kümmre dich nicht um mich! Reite los!«
»Nicht ohne dich!« Nebelbraut rutschte einen Schritt zurück. Die Woge, die vorübergehend zum Halten gekommen war, weil sich das gefräßige Gezücht an dem Pferd zu schaffen gemacht hatte, rollte jetzt auf sie zu. Spürnases Vorderläufe waren in der brodelnden Erde gefangen. »Spring!« rief sie ihrem Bruder zu.
Joach hielt die Zügel krampfhaft mit den Fäusten umklammert, in Unentschlossenheit erstarrt. Dann schüttelte er den Kopf und stieg auf den Rücken des sich gegen das Versinken anstemmenden Pferdes. Mit dreschenden Armen um Gleichgewicht ringend, sprang er von Spürnases Rücken ab und landete bäuchlings quer über Nebelbrauts Rumpf. Sein plötzliches Gewicht befeuerte die Beine des Pferdes. Nebelbraut raste los, wie von einer Peitsche geschlagen.
Elena ließ Nebelbraut rennen und lenkte sie nur gerade so viel, dass sie in Richtung des dunklen Obsthains steuerte. Mit dem anderen Arm war Elena angestrengt damit beschäftigt, ihren Bruder auf dem
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