Alasea 02 - Das Buch des Sturms
ab, als ob Tol’chuk keine Bedrohung darstellte. »Noch ein Gast«, bemerkte der Dämon mit einer Stimme, die aus dem Stein widerzuhallen schien. »Komm, gesell dich zu uns. Ich bin so gut wie fertig mit diesen beiden.«
»Lass sie in Ruhe!« brüllte Tol’chuk. Er trat weiter in den Lichtschein, damit das Geschöpf ihn vollständig sehen konnte; es gab kaum jemanden, der von einem Og’er nicht beeindruckt war. Tol’chuk entblößte die Zähne in voller Länge.
Es waren jedoch nicht seine Zähne, die den Blick der schwarzen Gestalt auf sich zogen. Die kleine Ratte mit dem verletzten Rückgrat, die jetzt beinahe bei den Beinen des Dämons angekommen war, stieß plötzlich ein wildes Kreischen aus. Der Gesichtsausdruck des Dämons, der den kleinen Angreifer anschaute, der sich auf die Hinterbeine aufgerichtet hatte, war anfangs leicht erheitert; dann leuchtete in seinen Augen plötzlich ein Feuer auf. Er wich vor der Ratte zurück, und die beiden Dunkelfeuerfontänen fielen in ihre grauenvollen Quellen zurück.
Befreit vom Griff der Flamme, stürzte Kral in den Schlamm, und Merik brach an der Wand zusammen, schlaff in den Eisenfesseln hängend. Keiner der beiden Gefährten bewegte sich.
Tol’chuk hatte keine Zeit, ihnen zu Hilfe zu kommen. Der Dämon zog die dicken Beine aus dem Schlamm und wich vor der Ratte zurück. Tol’chuk wusste, es war ausgeschlossen, dass dieses winzige Geschöpf dem Dämon Angst eingejagt hatte. Es musste die Spur von Magik in den Augen sein. Offenbar fürchtete sich der Dämon vor der Magik des Herzens!
Tol’chuk griff zu seinem Beutel und zog den Herzstein heraus; das Herz strahlte hell auf. Selbst Tol’chuk war für einen Augenblick von der Helligkeit geblendet. Das grelle Licht breitete sich im Raum aus. Die flackernden Fackeln an den Wänden wirkten dagegen wie schwach leuchtende Glühwürmchen.
Der Dämon hob die schwarzen Arme vors Gesicht und floh vor dem Licht. Tol’chuk folgte ihm weiter in den Raum. Dann wandte er sich zu Kral, um zu sehen, ob dieser noch lebte. Der Dämon machte keine Anstalten, ihn davon abzuhalten. Er blieb auf Tol’chuks Höhe, behielt jedoch den Abstand bei.
»Bleib mir fern, sonst vernichte ich dich!« brummte Tol’chuk so bedrohlich, wie er nur konnte. Er hatte keine Ahnung, warum der Herzstein den Dämon einschüchterte oder wie er ihn benutzen sollte, doch der Dämon wusste nichts von seiner Unkenntnis, und Tol’chuk hatte nicht die Absicht, daran etwas zu ändern. »Zurück!« befahl er und hielt den Stein in der ausgestreckten Hand.
Er brauchte diese List nicht lange aufrechtzuerhalten. Sobald die Türöffnung frei war, rannte der Dämon zum Ausgang. Dabei musste er ziemlich nahe an Tol’chuk vorbeilaufen, doch der versuchte gar nicht erst, ihn aufzuhalten. Sollte er doch fliehen! Der Og’er musste sich um seine verletzten Kameraden kümmern.
Der Dämon hielt an der Tür inne und blickte zurück zu Tol’chuk, die schwarzen Lippen voller Hass verzerrt. »Wir sind noch nicht fertig miteinander«, zischte er.
Tol’chuk senkte den Stein, da er wusste, dass der Dämon nicht vorhatte anzugreifen. Ihm ging es allein ums Entkommen.
»Ich werde das hier nicht vergessen - und dich auch nicht!« Die zornerfüllten Augen des Dämons blickten Tol’chuk eindringlich ins Gesicht, als ob er sich dessen Züge ins Gedächtnis einprägen wollte. Dann verging der Hass in seinem schwarzen Gesicht, als ob Stein schmelzen würde. Seine Augen wurden größer, und er starrte Tol’chuk mit einer Mischung aus Entsetzen und Ehrfurcht an. Er blieb stehen und trat einen Schritt auf den Og’er zu. »Du! Das kann doch nicht sein! Wie …?«
Verunsichert durch das seltsame Verhalten des Dämons, hob Tol’chuk den Stein. »Hinweg mit dir!« donnerte er.
Doch der Dämon zögerte.
Plötzlich war die kleine Ratte wieder zu Füßen des Dämons und kreischte und quiekte ihn an. Die Aufdringlichkeit des kleinen Geschöpfs lenkte den Blick des Dämons von Tol’chuk ab. Er schaute zu der Ratte hinunter, dann floh er unter heftigem Gefuchtel hinaus in den Vorraum. Tol’chuk horchte auf das Platschen der Schritte und wartete eine Zeit lang, bis er sicher war, dass der Dämon wirklich weg war. Kurz darauf war von oben plötzlich ein schrilles Gezeter zu vernehmen. Die am Eingang postierten Wachen waren offenbar sehr überrascht über das, was im Kellergewölbe ihres Turms versteckt gewesen war.
Allem Anschein nach sehr zufrieden, putzte die Ratte sich die
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