Alasea 03 - Das Buch der Rache
Drachenherz.«
Ihre Augen waren nicht nur vom Regen feucht, als sie zu ihm aufblickte. »Ich werde meinen Verbündeten vertrauen«, sagte sie, aber ihre Worte waren nur ein Flüstern im Wind. »Beiden.« Sie schaute Kast in die Augen, und für einen kurzen Augenblick verstummte das Heulen des Sturmes. Es schien, als wären sie beide allein auf der Welt.
In der Stille zwischen zwei Donnerschlägen legte Saag wan Kast die Handfläche auf die Wange und lehnte sich an ihn, ihre Lippen berührten sein Ohr. »Ich brauche dich.«
Und mit diesen Worten verschwand die Welt um ihn herum.
Saag wan saß auf dem Hals des Tieres, als der Drache sich des Sturmes bewusst wurde. Das große Geschöpf brüllte in den Himmel, und seine Silberklauen gruben sich tief in die Planken des Schiffes. Da wusste Saag wan, dass kein Wind und kein noch so hoher Wellengang dem riesigen Drachen etwas anhaben konnte.
Sein großer Kopf drehte sich zu ihr um. Rote Augen glühten sie an. Fliegen wir wieder?, fragte er.
Ja, antwortete sie schweigend. Wir müssen das größte Schiff erreichen.
Ragnar’k bezeugte ihre seine Bereitschaft mit der Wärme tiefer Ergebenheit. Seine Gedanken vertrieben die Kälte des Sturmes. Dann entfaltete er seine Flügel.
Warte, hielt sie ihn zurück. Wir müssen noch jemanden mitnehmen.
Ein schneidendes Gefühl der Missgunst durchfuhr Saag wan. Du bist meine Leibgefährtin, und nur Leibgefährten teilen die Winde.
Ich weiß, mein Drache, aber es ist wichtig, und wir fliegen auch nicht weit.
Ein Grollen ertönte aus der Brust des Drachen was bei einem Drachen etwa einem Seufzer gleichkam. Die Flügel wurden wieder zusammengefaltet.
Saag wan hob den Arm, sodass die beiden, die an der Tür zum Deck standen, es sehen konnten, und winkte dem Schamanen zu.
Pinorr zeigte keine Angst, während er mit Scheschon die Strecke zwischen Tür und Drachen zurücklegte. Als eine Welle über das Schiff hinwegfegte, verlor er jedoch beinahe den Halt auf dem rutschigen Deck. Es dauerte aber nicht lange, und er erreichte die Flanke des Riesentieres und wurde so vor dem schlimmsten Wind geschützt. »Wirst du es schaffen?« schrie er zu Saag wan hinauf.
Sie nickte. »Ragnar’k wird uns beide beschützen!«
Saag wan beugte sich hinunter und nahm das Kind aus Pinorrs ausgestreckten Armen. Scheschon wehrte sich und schluchzte vor Angst. Aber es war nicht der Drache, vor dem sie sich fürchtete, sondern der zornige Himmel. Mit großen Augen starrte sie auf die Blitze.
Saag wan zog Scheschon zu sich herauf und setzte sie vor sich. Mit beiden Armen hielt sie sie fest. »Pscht, meine Kleine. Du bist in Sicherheit«, beschwichtigte sie das Kind, aber in ihrem Herzen fühlte sie diese Zuversicht nicht. Die Füße hatte sie tief in die Falten am Drachenhals gegraben, nun musste sie allein auf die Stärke ihrer Arme vertrauen, um das Kind festzuhalten.
Scheschon blickte zu Saag wan hinauf und stellte sich tapfer dem Sturm. »Dein großer Drache hat einen lustigen Namen.«
»Ja, den hat er.«
»Er wird mich fressen«, sagte Scheschon seelenruhig.
Entsetzt starrte Saag wan die Kleine an, als diese sich wieder umdrehte und dem Drachen fröhlich über die Schuppen streichelte, was so gar nicht zu ihren Worte passte.
Ich werde sie nicht fressen, meinte Ragnar’k grimmig. Sie ist zu klein.
Ich weiß, mein Leibgefährte. Achte nicht auf ihre Worte. Sie ist verwirrt. Dennoch erschauderte Saag wan. Das Kind sprach mit solcher Überzeugung.
Und dann ließen die dicken Wolken ihrem ungestümen Ärger freien Lauf. Eishagel prasselte plötzlich aus dem schwarzen Himmel auf sie hernieder und bombardierte krachend das Deck.
Saag wan zuckte unter den stechenden Hagelpfeilen zusammen und beugte sich noch einmal herunter, während Pinorr zu ihr hinaufstarrte. »Hab keine Angst, Schamane, ich bringe das Mädchen sicher zur Drachenherz. Kast und ich werden den Großkielmeister schon von unserem Anliegen überzeugen können.«
In Pinorrs Gesicht gruben sich Sorgenfalten. »Ihr wisst, was ihr zu tun habt.«
Nickend richtete sich Saag wan wieder auf, die Lippen fest aufeinander gepresst. Sie drückte das Kind fester an sich. Süße Mutter, vergib mir, was ich jetzt tun werde.
Pinorr trat zurück, den Rücken unter dem Hagel gebeugt. Er flüchtete zur Tür und winkte noch einmal zum Abschied.
Saag wan wandte sich dem tosenden Meer zu. Flieg, befahl sie dem Drachen.
Ragnar’k gehorchte. Er breitete die Flügel aus, in denen sich sofort der
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