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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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bis unten mit einem Gitter aus Eisenstangen von der Dicke eines Männerarms verschlossen. Außen waren die Stäbe mit vergifteten Widerhaken besetzt, um jeden Dieb abzuschrecken, der das Hindernis womöglich überklettern wollte. Der einzige Zugang war ein Fallgatter, das mit Winden und Gegengewichten geöffnet und wieder geschlossen werden konnte.
    Seth ging auf das Tor zu. Dahinter konnte Belgan im Halbdunkel einen schwarzen Schatten erkennen.
    Er trat näher. Zu beiden Seiten des Tores standen zwei Lehrlinge mit Speeren in den Händen die Nachtwache. Belgan nickte ihnen zu, nahm einen brennenden Kienspan aus dem Wandhalter und trat an das Gitter.
    Der Wüstenwanderer lag vor dem Tor auf den Knien. Nun hob er den Kopf.
    Belgan stockte der Atem, und er wich zurück. Unter der Kapuze blickten zwei milchig trübe Augen aus einem Gesicht voller Runzeln und Falten hervor. Es war, als kniete ein mumifizierter Leichnam vor dem Tor. Doch der Fremde war nicht tot. Jetzt stützte er sich auf seinen grauen Stab und stand mühsam auf. Belgan hörte seine alterssteifen Gelenke knacken.
    Er zwang sich zur Ruhe. »Was … was kann ich für dich tun, alter Mann?«
    Der Greis streifte sich mit einem Armstumpf die Kapuze vom Kopf. Dann wedelte er mit seinem Stab vor dem runzeligen Gesicht herum, als wollte er eine Stechfliege vertreiben. Da der Fremde aufrecht stand und Belgan ihn deutlich sehen konnte, erkannte der Gildemeister, dass er sich im ersten Moment wohl vom flackernden Schein des Kienspans hatte täuschen lassen. Der Mann war alt, gewiss, aber nicht so abstoßend, wie er zunächst gedacht hatte.
    Er schob seine anfänglichen Bedenken beiseite. Hier gab es nichts zu befürchten.
    Der Wanderer ergriff das Wort. Seine Stimme war tief und wohlklingend, nur ein wenig rau vom Alter. »Nicht du sollst etwas für mich tun, Meister Belgan, ich bin hier, um dir meine Hilfe anzubieten.«
    »Inwiefern? Wer bist du? Und woher kommst du?«
    »Ich habe viele Namen, aber du kannst mich Dismarum nennen. Ich bin ein Wanderer, der ruhelos Alaseas Landschaften durchstreift.«
    Wieder veränderte der Greis seine Stellung und bewegte dabei seinen Stab vor dem Gesicht hin und her. Und mit einem Mal fühlte sich Belgan an seinen Großvater erinnert. Sein Gewissen meldete sich wie konnte er nur so ungastlich sein?
    aber seine Stimme blieb ruhig. »Warum klopfst du gerade an mein Tor?«
    »Um dich zu warnen. Ein Feind ist auf dem Weg hierher.«
    Belgan zog eine Augenbraue hoch. »Und was für ein Feind soll das sein?«
    »Ein Junge, der sich mittels schwarzer Magik tarnt. Er reist unter dem Namen Joach.«
    »Und wieso glaubst du, er wäre auf dem Weg hierher?«
    Dismarum stützte sich schwer auf seinen Stab. Der Mann konnte sich vor Hunger kaum noch auf den Beinen halten. »Er ist der Bruder einer Hexe.«
    Belgan zuckte erschrocken zusammen. »Wie kommst du gerade auf … eine Hexe?«
    »Ich habe unterwegs Gerüchte gehört. Er will den Tod seiner Schwester rächen.«
    Belgan blieb fast das Herz stehen. Der Kienspan in seiner Hand zitterte . Was hatte Kesla getan?
    »Ich würde dir gern mehr erzählen, doch der Marsch durch die Wüste hat mich erschöpft. Ich bin mit meinen Kräften am Ende.« Die Worte des Besuchers bohrten sich förmlich in Belgans Schädel. »Ich muss dich um eine Gefälligkeit bitten. Lass mich ein.«
    Abermals flammte Belgans Argwohn auf, aber wieder schwenkte der Alte seinen Stab. Belgan zwinkerte. Es war doch nur ein harmloser alter Mann! Wie konnte er einem Wanderer misstrauen, der so viel auf sich genommen hatte, um ihm diese Nachricht zu bringen? Wieder schämte er sich seiner Herzlosigkeit. Er trat zurück. »Öffne das Tor!« befahl er Seth.
    »Meister?«
    Belgan bemerkte wohl, dass sein Lehrling beunruhigt war. »Wir werden dem Wüstenwanderer eine warme Mahlzeit und etwas zu trinken anbieten. Und jetzt zieh das Gitter hoch.«
    Seth zögerte und schaute angewidert durch die Stäbe.
    Belgan erinnerte sich verlegen, wie sehr dieser Dismarum zunächst auch ihn abgestoßen hatte. Er warf Seth einen strafenden Blick zu. »Tu, was ich dir sage!«
    Seth riss erschrocken die Augen auf und eilte an die Winde.
    Belgan fasste sich an die Stirn. Seine Heftigkeit überraschte ihn. Er wurde sonst nie laut. Wahrscheinlich hatte er zu wenig Schlaf bekommen, er hatte vor Sorge um Kesla schon seit Tagen kein Auge mehr zugetan. Wieder wanderte sein Blick zu dem alten Mann vor dem Tor. Dismarum hob den Stab, rollte ihn in der Hand und

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