Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
weil wir alle auf Prophezeiungen hereingefallen sind, deren Bedeutung wir zu kennen glaubten. Offenbar ließen wir uns von unseren eigenen Hoffnungen blenden.« Er schaute über die Schulter auf den schwarzen Stein. »Ich habe mich schon einmal durch das Wehr bewegt. Es zieht Elementarkräfte an sich wie ein Magnetstein. Alles ob Dinge oder Personen , was genügend Magik enthält, wird in sein schwarzes Inneres gerissen.«
»Der Try’sil …«, stöhnte Wennar wieder.
»Er war gesättigt mit der Wind Magik der Elv’en. Wir hätten ihn niemals in die Nähe des Tors bringen dürfen, doch wir haben blind an alle möglichen Prophezeiungen geglaubt. Und wenn ich etwas von meinem Bruder gelernt habe, dann dies: sich ganz auf eine Weissagung zu verlassen, kann verhängnisvoll sein.«
Tol’chuk stand wieder auf. »Und was machen wir nun? Wie können wir das Tor zerstören?«
Elenas warf einen Blick auf den Mond. Er stand tief am Himmel. Bald würde er untergehen. »Ich muss das Buch des Blutes zu Rate ziehen«, antwortete sie mit banger Stimme. »Schließlich war es Chi, der vor langer Zeit in eins der Wehrtore stürzte und alle vier zu diesem mächtigen Quell übler Magik verschmolz. Vielleicht kann uns Cho, sein Schwestergeist, hier weiterhelfen.«
Er’ril nickte. »Aber halte mehr Abstand. Ich möchte nicht, dass du oder das Buch dem Stein zu nahe kommen.«
Elena ging widerspruchslos ein Stück auf dem breiten Arm zurück.
Er’ril stellte eine Mauer aus Zwergen zwischen sie und den Schwarzstein. Dann trat er zu ihr. Sie zog das Buch hervor. Als sie aufblickte, sah er ihr fest in die Augen und legte seine Hände auf die ihren. Jetzt war das Buch zwischen ihnen. »Du zitterst ja«, flüsterte er.
»Es ist nur die Kälte.« Elena wandte sich ab und wollte die Hände wegziehen.
Der Präriemann jedoch ließ nicht locker. Wenn er wollte, war er so unnachgiebig wie standisches Eisen. »Ich weiß nicht, was dich bedrückt oder was dir vorhin im Tunnel solche Angst eingejagt hat, Elena, aber eines weiß ich. Ich bin dein Paladin. Ich werde immer an deiner Seite sein. Du kannst auf meine Kraft bauen.«
Jetzt spürte sie diese Kraft. Die Wärme seiner Hände wirkte beruhigend. Sie hörte auf zu zittern und beugte sich zu ihm. Er schloss sie in seine Arme und drückte sie an sich. »Mag sein, dass ich nicht an Prophezeiungen glaube«, flüsterte er in ihr Haar hinein, »aber ich glaube an dich.«
Sie kämpfte die Tränen nieder und schmiegte sich für einen Moment an ihn, ehe sie tief Atem holte und sich aufrichtete. Er ließ sie los, aber sie fühlte sich immer noch in seiner Wärme geborgen, und das genügte.
Sie wandte sich ab und öffnete das Buch des Blutes.
Er’ril beobachtete sie von hinten und ballte hilflos die Faust. Er machte sich Sorgen. Obwohl er nicht sehen konnte, wie sie das Buch aufschlug, wusste er genau, wann der Augenblick gekommen war. Ein greller Blitz fuhr zum Himmel und schleuderte Elena rücklings in seine Arme.
Er hielt sie fest und beobachtete über ihre Schulter hinweg, wie das Licht weiter aus dem Buch strömte. Ganz kurz erhaschte er auch einen Blick auf die Leere: Sterne, Bänder aus glühenden Gasen, der Rand einer hellen Sonne. Dann erhob sich ein gellender Schrei. Der Lichtwirbel nahm die Gestalt einer Frau an, die über ihnen in der Luft schwebte.
»Chi!« Wie ein Glockenschlag schallte der Name durch die Nacht und wurde ringsum von den Gipfeln zurückgeworfen.
Elena hatte das Buch nicht losgelassen. Nun richtete sie sich auf. »Cho! Beruhige dich.«
»Ich höre ihn!« heulte die Stimme. »Er klagt und weint nach mir!«
Die Erscheinung stieß auf den Arm der Statue nieder und fegte durch die Reihe der Zwerge auf den Schwarzstein zu. Tol’chuk stellte sich ihr mit hoch erhobenen Armen in den Weg, doch sie durchdrang mühelos auch seinen Körper und verschwand im Stein.
»Nein!« keuchte Elena.
Wider Erwarten stellte der Stein für Cho kein größeres Hindernis dar als der Körper des Og’ers. Der leuchtende Nebel raste auf der anderen Seite wieder hinaus, beschrieb einen weiten Bogen und stürzte sich abermals hinein. »Er schreit, so laut er nur kann. Ich muss zu ihm!«
Wie ein Irrwisch durchquerte Cho wieder und wieder den Schwarzsteinblock. »Ich kann ihn hören! Er ist ganz nahe.«
Elena warf einen Blick zum Himmel. Er’ril wusste, was sie beschäftigte. Der Mond. Er würde bald untergehen, und die Nacht wäre verloren.
»Cho!«, rief Elena wieder. »Du kannst Chi
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