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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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waren. Die wiederum predigten nämlich, obwohl sie selbst zu den »Schwarzröcken« gehörten und somit dem Zölibat Folge leisteten, dass die Ehe der normale Zustand des Menschen wäre. Vom schwarzen Priesterstand auf den weißen zu wechseln bedeutete also nur eine Veränderung der Richtung, nicht des Glaubens.
    Aber auch dieser unbedeutende Übertritt war nicht so einfach zu vollziehen, und an dem Tag, als die Handelsgesellschaft nach Kodiak umzog, ging Vasili zu Baranov, der gerade in seine einzige kleine Reisekiste die wenige Habe packte, die sich in der Kolonie angesammelt hatte.
    »Baranov, ich möchte Sie um einen Gefallen bitten.«
    »Schon gewährt. Kein Verwalter hat jemals einen besseren Kirchenmann gehabt.«
    »Ich möchte, dass Sie an meinen Bischof in Irkutsk schreiben.«
    »Er wird Ihnen keine Kopeke schicken. Sie müssen schon mit dem auskommen, was Sie haben.«
    »Ich möchte, dass er mich von meinem Gelübde entbindet.«
    »Mein Gott! Wollen Sie aus der Kirche austreten? Ihre Eltern...«
    »Nein! Nein! Ich will nur nicht mehr dem schwarzen Stand angehören. Ich will in den weißen übertreten.«
    Baranov fiel schwer auf seine Reisekiste und blickte den jungen Priester erstaunt an, Und nach einem längeren Schweigen sagte er mit so leiser Stimme, dass Vasili ihn kaum verstehen konnte: »Ich habe Sie beobachtet, Vasili, und ich kenne Ihre Schwierigkeit. Ich kenne es, weil ich mich auch in eine Frau von hier verliebt habe. Und ich werde sie zur Frau nehmen.«
    Empört über das freimütige Geständnis, wurde der junge Mann auf der Stelle wieder zum mahnenden Priester: »Alexander Andrewitsch, so etwas dürfen Sie nicht sagen. Sie haben eine Frau in Russland .«
    »Stimmt, und sie sagt, sie würde eines Tages nachkommen, aber das sagt sie seit dreiundzwanzig Jahren.«
    »Alexander Andrewitsch, wenn Sie eine Doppelehe führen wollen, muss ich Sie den Behörden in Sankt Petersburg melden.«
    »Ich werde sie nicht heiraten, Pater Vasili, nur sie zur Frau nehmen, bis meine richtige Frau nachkommt.« Und dann fügte er leise hinzu: »Was nie geschehen wird - aber alleine kann ich nicht leben.«
    Vasili, gekommen, um sich in seiner Angelegenheit beraten zu lassen, wurde jetzt selbst von Baranov um Rat gefragt. »Sie ist eine wundervolle Frau, Vasili. Spricht Russisch, hat anständige Eltern, ist geschickt im Haushalt und kann nähen. Sie hat versprochen, den russischen Namen Anna anzunehmen und regelmäßig in die Messe zu gehen.« Er schaute von seiner Kiste auf, sein rundes Gesicht strahlend, und fragte: »Habe ich Ihren Segen?«
    Einen solch lässigen Umgang mit dem Ehegelöbnis konnte der junge Priester auf keinen Fall gutheißen, andererseits brauchte er Baranovs Brief an den Bischof, um seine eigene Angelegenheit in Ordnung zu bringen, also suchte er Zeit zu gewinnen. »Werden Sie an meinen Bischof schreiben?«, und mit dieser Abschweifung ließ er Baranov wissen, dass er ihn nicht öffentlich verurteilen würde, wenn er sich eine Lebensgefährtin nähme. »Immerhin, ich trete ja nicht aus der Kirche aus, ich will nur von dem schwarzen in den weißen Stand übertreten.«
    »Um S ofia heiraten zu können?«
    »Ja.«
    »Ich we rde den Brief schreiben. Wenn ich jünger wäre, hätte ich sie selbst zur Frau genommen.« Dann brach er in ein so respektloses Lachen aus, dass Vasili vor Scham errötete, Baranov unterstellend, er würde sich über ihn lustig machen. Das tat er auch, aber nicht auf die Art, wie Vasili befürchtete. »Erinnern Sie sich noch an Ihre Worte, als ich Sofias Ehe mit Rudenko für ungültig erklären wollte?« Und den ernsthaften jungen Priester treffend nachmachend, fuhr er fort: » › Ein Gelöbnis ist ein feierliches Versprechen, das man sich im Angesicht Gottes gibt. Ich sehe mich außerstande, das für ungültig zu erklären. ‹ Nun, mein junger Freund, bei Ihrem eigenen Gelöbnis wollen Sie wohl eine Ausnahme machen?«
    Wieder wurde Vasili rot vor Scham, worauf Baranov mit dem Finger schnippte, weil ihm plötzlich etwas eingefallen war: »Sie haben sie noch nicht gefragt, oder?« Und Vasili musste gestehen, dass er daran noch nicht gedacht hatte. »Kommen Sie!« rief der energische Verwalter. »Wir werden es gleich jetzt tun.«
    Mit seinen kräftigen kurzen Beinen lief er zum Waisenhaus und bestellte die überraschte Leiterin zu sich. Ihr gegenüber stehend, Vasilis Hand in seiner, sagte er. »Da ich mich als deinen Vater betrachte, muss ich dich davon in Kenntnis setzen, dass

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