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Alchemie der Unsterblichkeit

Alchemie der Unsterblichkeit

Titel: Alchemie der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Pflieger
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Jungen, bei der alle bis auf die kleine Chantal mit dem weißen, vorwitzigen Fleck auf der Nase gestorben waren. Voller Vorfreude auf einen ruhigen Abend am Kamin ging sie in ihre Stube. Sie hatte vor vier Nächten erst ein Räuberlager ausgelöscht. Das Blut der Männer rauschte noch immer köstlich in ihren Adern. Wenn nicht die unseligen Streitereien im Ort wären, könnte sie diesen wunderbaren Abend noch mehr genießen. Chaela verstand Calan nicht. In den vergangenen fünfzig Jahren hatte er sich zu einem Menschenfreund entwickelt. Anstatt sie abzuschlachten, wie man es mit gefährlichen Tieren tat, rief er einen Fremden herbei, um die Morde aufzuklären. Sie vergötterte ihren Cousin, aber sie begriff nicht, warum er bereit war, das Leben der Vampire und Werwölfe zu opfern. Menschen waren leicht zu ersetzen. Besonders in Zeiten des Hungers konnte man sie mit Nahrung zu nahezu allem überreden.
    Genussvoll schenkte sich Chaela ein Glas Rotwein ein und setzte sich in einen dick gepolsterten Ohrensessel dicht ans Feuer. Sie liebte den herben Geschmack des dunkelroten Weines. Wenn sie sich konzentrierte, vermochte sie sich vorzustellen, es sei Blut und nicht nur gegorener Traubensaft. Am liebsten trank sie ihn warm, so warm wie das Blut in einem menschlichen Körper war.
    Chaela merkte, wie sie die Müdigkeit überkam. Ihre Gliedmaßen sanken herab. Der Tag war anstrengender gewesen, als sie gedacht hatte. Vermutlich, weil sie es nicht gewohnt war, ihren Tätigkeiten bei Tageslicht nachzugehen.
    »Der Wein war schon immer deine Schwäche.«
    Chaela fuhr auf. Zumindest wollte sie das tun, doch sie konnte sich nicht mehr bewegen.
    Der Sprecher trat in ihr Blickfeld.
    »Du?« Ihre Stimme klang heiser. Es kostete sie alle Kraft, im Kehlkopf die passenden Laute zu bilden. Sie wusste, dass es der Mörder war, auch wenn sie ihn niemals in dieser Person vermutet hätte. Mit Grauen sah sie, wie er Pflock und Messer hinter seinem Rücken hervorholte.
    »Deine Sucht nach dem Menschlichen wird dir zum Verhängnis.«
    Chaela sah noch das angespitzte Holz auf sich zukommen und spürte wie es in ihr Herz drang, dann erstarrte sie. Ihre Atmung stand still. Trotzdem konnte sie die Vorgänge bei vollem Bewusstsein verfolgen und sah, wie sich die lange, scharfe Klinge ihrem Körper näherte. Sie wünschte, sie hätte die Augen zugekniffen, damit sie nicht gezwungen gewesen wäre, das Folgende mitanzusehen. Die Geräusche waren grausam genug. Sie fühlte, wie das Metall in sie eindrang. Eine einzelne Träne rann ihre Wange hinab, als der Mörder mit seinem Werk begann. Innerlich schrie sie, während die Schmerzen immer weiter zunahmen, bis sie ihr das Bewusstsein raubten.

26
    Leichenfund
    G
    K urz vor der Dämmerung, als sich der Himmel bereits aufhellte, die Sonne die Himmelsbühne aber noch nicht betreten hatte, pochte es an Icherios’ Tür. Schnell verbarg sich Maleficium unter der Decke, während der Gelehrte schlaftrunken zur Tür torkelte. Die Tür erzitterte unter weiterem, ungeduldigem Pochen. Icherios öffnete die Tür und sah Jorm Rabensang vor ihm stehen, der ihn finster anstarrte. Sein Gesicht verriet es bereits.
    »Es gibt ein neues Opfer.«
    Icherios nickte stumm. Worte waren überflüssig.
    »Die Leiche wurde nicht berührt. Alles ist, wie der Mörder es hinterlassen hat. Beeilen Sie sich.«
    Hastig streifte Icherios seine Kleider über.
    In der Eingangshalle erwartete ihn der Bürgermeister, einen panischen Ausdruck in den Augen. Bei Icherios’ Anblick verzog er den Mund. »Hatten wir Euch nicht gerufen, damit nicht noch ein weiterer Mord geschieht? Zu was seid Ihr eigentlich gut?« Offensichtlich hatte Arken sich nach seinem Geständnis gefangen und richtete all seinen Zorn gegen Icherios.
    Im Hintergrund drückte sich Kindel an die Wand. Icherios biss die Zähne zusammen und ging hinaus. Er war nicht bereit, sich jetzt auf Diskussionen einzulassen.
    Der Ort war in den üblichen morgendlichen Nebel gehüllt, der vom See in dicken Schwaden herübertrieb und alle Geräusche zu dämpfen schien. Nur das klagende Jaulen der Worge drang bis in das Tal hinab.
    »Sonst winseln sie nie.« Der Blick des Bürgermeisters wanderte zum Himmel empor.
    Rabensangs dröhnender Bass klang wie ein Donnergrollen. »Es ist ein weiblicher Vampir, Calans Cousine Chaela. Wir konnten den Fürsten noch nicht benachrichtigen. Er ist unauffindbar.« Er wirkte besorgt. »Wenn er davon erfährt, wird er toben vor Wut. Er liebte sie wie seine

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