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Aldebaran

Aldebaran

Titel: Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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die Leiber aneinander gepresst, wieder hochkamen und sich, noch immer eng aneinander klebend wie zwei Napfschnecken, erschöpft auf den Wellen bis an den schmalen Streifen glühend heißen Sand treiben ließen …
    Diamantis spürte Mariettes heißen Atem an seiner Schulter. Sie war still heran gekommen. Er öffnete die Augen. Sie sah ihn an. Ihre großen, schweren Brüste spannten unter dem Badeanzug. Diamantis dachte an eine unbegrenzte Auswahl von Früchten. Ananas, Mangos, Äpfel, Granatäpfel … Er konnte sie förmlich auf den Lippen schmecken. Er drehte sich auf den Bauch, um seine Erektion zu verbergen.
    »Essen wir einen Happen? Ich lade dich ein«, schlug sie vor. Sie kannte eine kleine Pizzeria im Hafen von La Ciotat. L’Escalet. Arm in Arm schlenderten sie den Kais entlang. »Macht es dir auch nichts aus, wenn ich dir den Arm reiche?«, hatte sie gefragt.
    Nein, das machte Diamantis nichts aus. Er liebte es, eine Frau am Arm zu haben und den Moment zu spüren, wenn sie wie in gemeinsamem Einverständnis in Gleichschritt fielen.
    »Siehst du«, sagte sie und zeigte auf die andere Seite des Kais, dorthin, wo gewaltige Gerüste, Schwenkbrücken und Kräne aufragten, »das ist aus und vorbei. Eines Tages wird man vergessen haben, dass hier großartige Schiffe gebaut wurden. Alle müssen sehen, wie sie neu anfangen können. Die Werftarbeiter. Ihre Frauen und auch ihre Kinder. Alle, die sich heute hier niederlassen und der Wahrheit nicht ins Auge sehen wollen.«
    »Jetzt werden sie in Athen gebaut. Ebenso große wie die France. «
    »Es ist schade, dass hier keine mehr gebaut werden. Ohne Schiffe ist dieser Hafen so nichts sagend. Das heißt, das stimmt nicht«, nahm sie zurück. »So gefällt er mir auch.«
    Sie waren stehen geblieben. Er hatte Lust, Mariette seinen Arm um die Schultern zu legen, ließ es aber sein. Wie viele Häfen kannte er, die in Vergessenheit dahindämmerten? Es gab immer weniger Häfen, immer weniger Schiffe und immer weniger Seeleute. So war es überall.
    Er hatte keine Meinung dazu. Er stellte fest, mehr nicht. Er hatte das Gefühl, dass eine Welt zu Ende ging. Seine Welt. Ja, dass ein neues Jahrhundert anbrechen würde. Er blieb im alten haften. In dieser neuen Zeit würde man sich nicht mal mehr an den Namen Odysseus erinnern können, dachte er. Ihm fiel wieder ein, dass sein Vater sich in seinen Briefen ausschließlich auf die Antike bezogen hatte. »Wir passieren die Säulen des Herkules, die Landspitze, an der Antäus sein Leben ließ …« Wer würde morgen noch wissen, auf welcher Insel Kalypso lebte, die Odysseus verführt hatte, ohne ihn halten zu können?
    Seltsamerweise war es das, worüber Mariette und er beim Essen sprachen. Über die alte Welt, nicht über die neue. Als wären sich beide bewusst gewesen, dass sie keine Zukunft hatten. Oder, besser gesagt, dass ihre Zukunft in dieser Vergangenheit lag, die ihnen durch die Finger glitt.
    Sie hatten sich unter die alten Platanen auf der Terrasse des Escalet gesetzt. Mariette hatte eine Flasche Rosé von den Hängen bei Aix-en-Provence von einem Weingut bei Lacoste bestellt. Leicht und fruchtig. Und eine riesige Pizza, halb mit Mozzarella, halb mit Figatelli, Scheiben von korsischen Würsten, bedeckt.
    Mariette hatte ihr Studium der Geisteswissenschaften unterbrochen, als sie mit Laure schwanger war. Als Laure in den Kindergarten kam und sie daran dachte, das Studium wieder aufzunehmen, starb ihr Mann Régis. Ein Herzanfall, eines Morgens beim Rasieren. Sie hatte ihn steif auf den Fliesen im Badezimmer gefunden, nachdem sie Laure zur Schule gebracht hatte. Danach musste sie ihr Leben völlig neu gestalten. Sie hatte Régis’ Makleragentur übernommen und sich ins Geschäft gestürzt. Sie hatte Erfolg, »und das nicht zu knapp«, wie Toinou ihm stolz anvertraut hatte.
    Ermutigt durch die Aufmerksamkeit, die Mariette ihm entgegenbrachte, ließ Diamantis sich gehen und sprach über seine Leidenschaft für Seekarten und Häfen.
    »Der Ursprung eines Hafens«, erklärte er ihr, »enthüllt uns seine Eigenart. Je nachdem, ob er durch einen Fluss entstanden ist, durch eine Laune der Küste und des Hinterlandes oder ob das Meer selbst der Urheber ist.«
    Er sprach, und sie liebkosten sich mit den Augen. Unter dem Tisch presste Mariette ihr glühendes Knie gegen das seine. Aber keiner von beiden hatte Lust, den Anfang zu machen – sei es auch nur andeutungsweise –, diesen Zauber ihrer Zweisamkeit zu zerstören.
    »Es ist der Weg,

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