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Aldebaran

Aldebaran

Titel: Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Claude Izzo
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haben dich ja ganz schön zugerichtet. Wo willst du hin?«
    »Place des Moulins.«
    »Das ist gleich da«, sagte er und zeigte auf eine Straße zu seiner Linken. »Warte, ich helf dir.«
    »Danke.«
    Er legte zwei Ketten an sein Mofa, eine ums Vorderrad und eine ums Hinterrad, und schloss sie zusammen. »Sonst schnappen sie mir die weg«, erklärte er. Er griff Diamantis unter die Achseln. »Komm, stütz dich auf mich. Es sind nur fünfzig Meter, Alter. Du hast es geschafft.«
    Diamantis ließ seine Füße eher schleifen, als dass er ging.
    »Welche Nummer?«
    Er musste nur noch ein paar Stufen erklimmen. Dort lag der Platz mit seinen herrlichen Platanen.
    »Die 4.«
    Sie drückten sich an das Geländer. Diamantis hielt sich daran fest. Er spürte seinen Körper nicht mehr. Nur noch Schmerzen überall.
    »Wohnst du da?«
    »Eine Freundin.«
    »Die wird ihre helle Freude haben. Wirst schon sehen.«
    Es war ein kleines zweistöckiges Haus. Mariette wohnte im Zweiten.
    »Da«, sagte sie und reichte ihm das Glas. Er stürzte einen tiefen Schluck Whisky hinunter, dann noch einen. Er geriet in Schweiß. Mariette reichte ihm ein Glas Wasser und zwei Schmerztabletten.
    »Schluck die.«
    Das Wasser war kühl. »Mehr«, sagte er.
    »Whisky?«
    »Wasser.«
    Sieschenkte ihm nach. Dann half sie ihm hoch und führte ihn ins Schlafzimmer. Es war in sanftes, blaues Licht getaucht. Sie half ihm, sich auf dem Bett auszustrecken.
    »Tut mir Leid«, stammelte er schwach.
    Die Augen fielen ihm zu.
    »Pst«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Sie zog ihn vorsichtig aus, wobei sie versuchte, ihn so wenig wie möglich zu bewegen, kehrte mit Schüssel und Handtuch zurück und wusch ihm das Blut von Nase und Lippen. Er ließ sich zwischen die Laken gleiten. Sie waren kühl, und das tat unheimlich gut.
    »Mariette …«
    Sie küsste ihn auf die Stirn.
    Tiefschwarze Nacht.
     
    Abdul Aziz und Nedim saßen sich beim Essen schweigend gegenüber. Es gab wieder Reis und Makrelen. Der Wein schmeckte immer noch scheußlich. Aber Nedim hielt lieber den Mund. Abdul Aziz blickte finster drein. Wegen Diamantis, der nicht zurückgekehrt war. Kein Grund, dass seine schlechte Laune sich gegen ihn wendete.
    Dennoch musste er etwas sagen, er konnte nicht anders. Denn die Makrelen, nein, die kriegte er nicht runter.
    »Bestimmt hat er ne Nutte aufgerissen. So wie der heute Morgen ausstaffiert war. Hast du nicht gesehen? Meine Fresse, war der in Schale!«
    Abdul warf ihm einen tödlichen Blick zu. »Na und?«
    »Nun, hör mal, er kommt nicht zurück. Das ist meine Meinung. Wo immer er seine Nase gerade reinsteckt, nach Makrelen riechts da bestimmt nicht!«
    »Er sagt mir vorher Bescheid. Immer. Ich bin der Kapitän. Das ist Vorschrift.«
    »Sie sind der Kapitän, okay. Niemand bestreitet das. Aber zerbrechen Sie sich deshalb nicht den Kopf. Ob wir zu zweit sind oder zu dritt, was ändert das schon? Nichts. Keine Gefahr, dass die Aldebaran ohne ihn ausläuft. Oder?«
    Nedim stand auf und sammelte seinen Teller, Glas und Bestecke ein. Er wusch sie pfeifend ab, mit sich zufrieden. Er drehte sich wieder zu Abdul. »Wie wärs mit einer Partie Domino?«
    »Du bist ne Niete bei dem Spiel.«
    »Niete, Niete … Das sagt sich so leicht.«
    »Einverstanden«, lenkte Abdul ein. Was nützte es letztendlich, sich den Kopf zu zermartern. Nedim hatte Recht. Diamantis’ Liebesabenteuer gingen ihn nichts an. Er beschwerte sich aus Prinzip. Prinzipien waren das Einzige, was ihm noch geblieben war.
     
    Nedim spielte schlecht. Er war unfähig, sich zu konzentrieren. Er dachte an Diamantis. Was für ein Geheimniskrämer aber auch! Der hätte mir doch sagen können, zum Teufel, dass er heute Abend nicht wiederkommt. Vertraut er mir nicht? Bin ich ihm vielleicht zu dämlich? Klar, das musste Diamantis denken. Gut, er hat mir geholfen, ganz gewaltig sogar, aber in Sachen Vertrauen, eine Flasche, der Typ. Schade. Ja, verdammt schade. Diamantis könnte ein Freund sein, ein wahrer. Sogar nach der Sache hier. Er lächelte.
    Abdul Aziz bemerkte Nedims feines Lächeln. Was für hinterlistige Züge führte er im Schilde? Er hatte noch vier Spielsteine, und nach seiner Rechnung war Nedim so gut wie verbaut. Er hatte nur noch eine einzige Chance.
    »Worüber lachst du?«
    Wenn er Nedim zum Sprechen brachte, würde er ihn ablenken. Abdul wollte sich keinesfalls in einem so einfachen Spiel von Nedim schlagen lassen. Vor allem, weil Nedim keine Hemmungen haben würde, ihn auszulachen. Ihm direkt ins

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