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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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überlegte, was sie tun sollte.
    Tom vertrat die Ansicht, dass sie Alex erst über seine Herkunft aufklären sollten, wenn er älter wäre. Das Gespräch würde unter allen Umständen merkwürdig ausfallen, aber je nach seiner Reaktion würde es vielleicht sogar sehr schwierig werden.
    Jetzt war die Zeit also gekommen. Sie würde das Camp verlassen, um nach Orange zu gehen, und Alex würde zurückbleiben. Tom erholte sich gut, aber es bestand immer die Möglichkeit, dass sich sein Beinstumpf entzündete. Wenn ihr auf der Reise etwas zustieß, würde Tom es Alex sagen müssen. Und wenn er das aus irgendeinem Grund nicht täte und der schlimmste Fall eintreten sollte …
    »Mom?«, sagte Alex und unterbrach sie in ihren Überlegungen. »Sind wir fertig?«
    Er hatte bemerkt, dass sie in Gedanken woanders war.
    »Ja, fürs Erste schon.«
    Er lief zum Spielen davon.

    Sie fand Tom in der Küche, wo er sich, zurück von seinem Spaziergang durch den Hof, gerade den Stiefel vom linken Fuß zog.
    »Macht er Probleme?«
    Er seufzte. »Der Stumpf? Nein. Aber das Bein, das du amputiert hast, tut höllisch weh.«
    Das Bein, das du amputiert hast. Sie wünschte, er würde es
nicht so sagen. »Phantomschmerzen«, sagte sie. »Eine häufige Folge bei einer Amputation. Das tut mir leid.«
    »Es ist nicht deine Schuld«, sagte er. Aus seiner Stimme klang Bitterkeit heraus. Sie dachte, dass er seine Misere insgeheim wahrscheinlich doch zum Teil ihr anlastete, aber sie verzieh ihm. Ihm zu verzeihen war für sie zu einer ebenso täglichen Übung in ihrer Beziehung geworden wie für Tom das Herumlaufen im Hof.
    »Wirst du zurechtkommen, wenn ich in Orange bin?«
    »Ja, ich denke schon.«
    »Du machst das alles wirklich gut, Tom. Ich bewundere dich dafür, wie energisch du an dir arbeitest.«
    »Bleibt mir etwas anderes übrig?«
    Sie antwortete nicht darauf. Stattdessen nahm sie all ihren Mut zusammen und erklärte: »Ich möchte es Alex sagen, bevor ich aufbreche.«
    Sie musste nicht näher ausführen, was sie dem Jungen sagen wollte. Sie wappnete sich für einen Streit, während Tom über ihre Ankündigung nachdachte. Zu ihrer Überraschung sagte er jedoch: »Okay. Aber du wirst es allein machen müssen. Ich glaube nicht, dass ich das momentan schaffe.«
    »Das ist in Ordnung«, sagte sie. Sie trat zu seinem Stuhl und küsste ihn auf die Stirn. Er reagierte nicht.
    Janie machte einen Schritt zur Seite und sah ihren Mann an. »Bitte«, sagte sie nach einer Weile, »weise mich nicht immer zurück. Ich bin deine beste Freundin, und du bist mein bester Freund. Wir brauchen einander.«
    Tom wich ihrem Blick aus. »Du brauchst mich so dringend wie einen Kropf«, sagte er. »Ich bin doch zu nichts mehr nütze.«
    »Warte doch erst einmal, bis du wieder gesund bist.«
    »Stimmt, dann werde ich nur noch zur Hälfte zu nichts mehr nütze sein.«
    »Hör auf damit.«
    Jetzt blickte er sie an: »Womit soll ich aufhören? Darüber
nachzudenken, welche Last ich für dich und die anderen den Rest meines Lebens darstellen werde?«
    »Tom, bitte nicht …«
    Er starrte sie an. »Ich wünschte, ich hätte dasselbe zu dir sagen können.«
    Sie war verwirrt. »Was meinst du …?«
    »Ich wünschte, ich hätte Gelegenheit gehabt, ›bitte nicht‹ zu sagen, bevor du mir mein Bein abgesäbelt hast.«
    Einen Moment lang starrte Janie ihn sprachlos an. »Du wärst gestorben, wenn ich es nicht abgenommen hätte.«
    »Das hätte meine Entscheidung sein sollen.«
    »Tom, um Gottes willen …«
    »Ja, genau, du hättest es Gottes Willen überlassen sollen, wie es richtig gewesen wäre.« Er deutete auf seinen Beinstumpf. »Sieh mich doch an. Ich kann nicht gehen, ich kann nichts tragen, ich kann nicht einmal pinkeln, ohne mich vollzusauen, weil ich das Gleichgewicht nicht halten kann.«
    »Und für all das gibst du mir die Schuld?«
    »Ich sage nur, dass mein Bein vielleicht geheilt wäre.«
    »Du weißt doch überhaupt nicht, wovon du sprichst. Ich bin die Ärztin …«
    »Und der oberste Richter, der das Urteil fällt. Ich bin dagegen nur das kleine Würstchen von Anwalt.«
    Sie war so verletzt, dass sie kaum ein Wort hervorbrachte. Bis sie plötzlich wütend wurde. »Ja, du sagst es. Jedenfalls verhältst du dich im Moment so. Brichst hier einen lächerlichen Streit vom Zaun und weißt dabei insgeheim genau, dass alles, was du vorbringst, kompletter Blödsinn ist. Aber du sprichst es dennoch aus, weil du dein Verhalten mir gegenüber anders nicht rechtfertigen

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