Alera 01 - Geliebter Feind
besonderen Leistungen an.
Die Loge für die königliche Familie und ihre Gäste war auf der Spitze des Hügels errichtet worden, von dem aus es auf das militärische Übungsgelände hinunterging, wo die Wettkämpfe stattfanden. Man betrat sie von ihrer Rückseite aus. Die Wände waren mit großen Fenstern versehen und ein Dach bot Schutz gegen Regen. Von außen war die Konstruktion in königsblaue und goldfarbene Seide gehüllt. Innen hatte man Wandteppiche aufgehängt, die zugleich als Kälteschutz fungierten.
In der Loge würde es voll werden, da sich dort nicht nur meine Familie, unsere Kavaliere und Leibwächter, sondern auch königlicher Besuch aus den zwei Nachbarreichen Sarterad und Gourhan aufhalten würden. Die Herrscherfamilie von Emotana hatte ihr Fernbleibenschriftlich bedauert. Außerdem wären Temersons Eltern, Oberstleutnant Garreck und Lady Tanda, unsere Gäste, wie auch Koranis und Alantonya. Letztere würden wohl für eine gewisse Anspannung sorgen, denn mein Vater schien die Verstimmung zwischen dem Baron und dem Hauptmann vergessen zu haben. Nachdem Cannan im Dienst war, würde seine Frau Faramay sich ebenfalls bei uns aufhalten, weil sie sonst ohne männlichen Begleiter gewesen wäre.
Jedem, der Faramay sah, war klar, dass sie Steldors Mutter sein musste. Und woher Steldor sein blendendes Aussehen hatte. Baronin Faramay war ohne Zweifel die schönste Frau, die ich je gesehen hatte. Ihr schokoladenbraunes Haar fiel um ihr umwerfend anmutiges ovales Gesicht. Und bei jeder Bewegung ihres Kopfes tanzten die dicken Locken auf ihren Schultern und zogen unweigerlich alle Blicke auf sie. Sie besaß große, blitzblaue Augen, und ihr Teint war glatt und strahlend, obwohl sie schon fast vierzig Jahre zählte. Cannan war zwar auch attraktiv, seine Frau aber eine konkurrenzlose Erscheinung. Steldor hatte zu seinem Vorteil viel von ihr geerbt. Aber auch mit seinem Vater verband ihn Ähnlichkeit: Von ihm hatte er das kantige Kinn, die dunkelbraunen Augen und Haare sowie die muskulöse Statur.
Als wir die Königsloge betraten, hatten sich bereits einige Teilnehmer auf dem Turnierplatz eingefunden und bereiteten sich auf die Wettkämpfe vor. Lords und Ladys in Samt und bestickter Seide in den schönsten Farben hatten begonnen, die eigens für sie errichtete Tribüne an der Nordseite des Platzes zu füllen. Die einfachen Bürger der Stadt bevölkerten die Wiesen rundherum. Ich wusste, dass die Schar der Zuschauer im Laufe des Tages noch anwachsen würde. Angelockt von Bogenschießen, Messer- und Axtwurf, danach von dengewagteren, gefahrvollen Pferderennen. Den Gipfel der Veranstaltung bildeten die Zweikämpfe mit bloßen Händen, Schwertern und anderen Waffen. Der Geräuschpegel würde ebenfalls noch zunehmen, da die Menge ihre Favoriten mit Begeisterungsrufen anzufeuern und jene, die sie nicht mochte, auszubuhen pflegte. Der reichliche Genuss von Bier und Wein trug das Seine dazu bei, die Leute zum Mitfiebern zu animieren.
Das Turnierfeld war für die Wettbewerbe vorbereitet. Man hatte eine ovale Bahn angelegt, die auf einer Breite von siebeneinhalb Metern zu beiden Seiten mit Seilen begrenzt war. Hier würden die Pferderennen stattfinden. Innerhalb des Ovals, von der Königsloge aus ein Stück links, hatte man eine große Bühne für die Zweikämpfe errichtet. Nördlich davon befanden sich im Moment die Zielscheiben der Bogenschützen. Später würden dort die der Messer- und Axtwerfer aufgestellt. Hinter diesem Bereich, aber immer noch innerhalb des Ovals waren ein paar große Zelte aufgebaut, in denen sich die Teilnehmer für ihre Auftritte bereitmachten. Flatternde Seidenbanner zeigten an, welches Zelt welchem Königreich gehörte: Königsblau und Gold wehte die Fahne Hytanicas, Schwarz und Silber die Sarterads, Dunkelrot und Weiß die Gourhans, Schwarz und Dunkelgrün die Emotanas. Zum Trinken und Waschen hielt man reichlich Wasser bereit, und Ärzte waren in großer Zahl zugegen, um sich der Verletzten anzunehmen.
Trompeten und Trommeln kündeten vom Beginn des Turniers. Dann erhob sich mein Vater, um es mit der traditionellen Ansprache zu eröffnen. Seine tiefe Stimme hallte über den ganzen Hügel: »Verehrte Gäste, tapfere Kämpfer und treue Untertanen Hytanicas! Ich heiße Euch zu diesem vielversprechenden Turnier willkommen. Ihr Wettkämpfer, seid mutig und kühn, aber auchehrenhaft und fair. Ich bete darum, dass Ihr unversehrt bleibt. Euch Zuschauer möchte ich ermutigen, Euch mit den Gewinnern
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