Alera 01 - Geliebter Feind
Alera nur wegen des Geschenks begleitet, das sie mir geben wollte.«
Nachdem er seine Mutter besänftigt hatte, sah Steldor stirnrunzelnd zu seinem Vater hin.
»Sie dachte, du wärst gegangen, ohne dich zu verabschieden«, erklärte Cannan schroff. »Aber da dudergleichen ja nie tun würdest, schloss sie daraus, dir müsse etwas Schreckliches zugestoßen sein.« Ich meinte, einen gewissen, für ihn untypischen Sarkasmus aus Cannans Worten herauszuhören.
Steldor verließ Faramay und hielt seinem Vater den neuen Dolch hin.
»Ich bin mir sicher, das hier wird auch dir zusagen«, konstatierte er mit hörbarem Stolz.
Während Cannan die herrliche Klinge bewunderte, fiel mein Blick auf meinen Vater. Aus seiner verwirrten Miene schloss ich, dass er versuchte zu verstehen, warum ich als »kleines« Geschenk diesen Dolch gewählt haben mochte. Ich lächelte ihm zu und wusste, dass er mir angesichts des harmonischen Abends die Extravaganz verzeihen würde. Als er mir daraufhin zublinzelte, errötete ich allerdings. Ich konnte aus seinem Verhalten nur schließen, dass es ihn freute, dass Steldor und ich uns ein paar unbeobachtete Minuten geleistet hatten. Mein unfrisiertes Haar war in seinen Augen wohl ein ermutigendes Zeichen.
Nachdem der Dolch unter unseren Eltern herumgezeigt worden und gebührend bewundert worden war, reichte Steldor ihn Galen, der sofort begann, ihn durch die Luft zu wirbeln. Mir ging der Gedanke durch den Kopf, dass die beiden Freunde fast wie ein und dieselbe Person waren. Mit einer leichten Kopfbewegung zeigte Steldor Galen an, dass er sich lieber von den älteren Erwachsenen entfernen würde. Pflichtbewusst wandte er sich jedoch zuvor noch an Faramay.
»Wir werden uns zu Prinzessin Miranna und Lord Temerson am anderen Ende des Salons begeben. Ihr könnt uns von hier aus im Auge behalten, wenn es Euch beliebt.«
Steldor funkelte mich an, als wir uns zu viert meinerSchwester und ihrem Verehrer näherten, und ich meinte zu spüren, dass ihm das Benehmen seiner Mutter ziemlich peinlich war. Auf meinen fragenden Blick hin schüttelte er nur leicht den Kopf.
»Fragt lieber nicht«, brummte er.
Galen reichte Temerson meinen Dolch, und während er und Miranna ihn bestaunten, wandte sich Steldor in düsterer Stimmung an mich: »Ich hole mir noch ein Glas Wein. Möchtet Ihr auch eines?«
»Nein danke«, erwiderte ich, denn der Alkohol sagte mir nach wie vor nicht besonders zu.
»Ich bringe trotzdem zwei Gläser und trinke auch gerne beide«, scherzte er.
Kurze Zeit später erhob mein Vater sich, um uns eine gute Nacht zu wünschen. Das war das Zeichen für das Ende des Abends. Alle zusammen verließen wir den Teesalon, und bald verabschiedeten sich Galen und Tiersia förmlich. Sie begaben sich zum Haupteingang des Palastes, wo Dameran, der ältere von Tiersias Brüdern, wartete, um sie nach Hause zu begleiten. Bevor auch Faramay und Cannan sich von uns trennten, verabschiedete Steldor sich gewissenhaft von seiner Mutter. Das erinnerte mich wieder an meine unbeantwortete Frage, warum sie so aus der Fassung gewesen war, als sie nicht wusste, wo er sich gerade aufhielt. Danach begleitete Steldor mich bis an die Wendeltreppe wie auch Temerson Miranna. Gemeinsam folgten wir meinen Eltern. Am Fuß der Treppe verabschiedete Miranna sich von Temerson, während Steldor meinen Versuch, es ihr gleichzutun, vereitelte.
»Ich habe meine Dankbarkeit für das Geburtstagsgeschenk noch nicht gebührend zum Ausdruck gebracht«, argumentierte er.
Ich warf Miranna einen flehenden Blick zu, doch siegrinste nur schelmisch und tänzelte die Stufen hinauf. Voller Bewunderung sah Temerson ihr nach, bevor er sich ebenfalls zurückzog.
Als wir allein waren, streckte Steldor eine Hand aus, um meine Wange zu streicheln, und ich musterte ihn wachsam.
»Mir scheint, jeder Kuss von Euch ist ein erster Kuss«, beschwerte er sich freundlich, »weil dazwischen immer so viel Zeit verstreicht.«
Als ich dazu schwieg, trat er noch einen Schritt näher und begann, mit einer meiner Haarsträhnen zu spielen.
»Ich danke Euch für das großzügige Geschenk, Prinzessin.«
Er legte die Hand auf meinen Nacken, beugte sich vor und gab mir einen lockenden, sinnlichen Kuss. Sobald ich seines betörenden Duftes gewahr wurde, erwiderten meine Lippen den Kuss. Daraufhin legte er die andere Hand auf meinen Rücken und presste seinen Mund noch fester auf meinen. Ich besann mich und strebte von ihm fort, da ließ er mich los.
»Ich bin bereit,
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