Alera 01 - Geliebter Feind
war.
Die nächsten Tage vergingen quälend langsam. Miranna las mir trotz meiner dauernden Beteuerungen, ihr nicht böse zu sein, jeden Wunsch von den Augen ab. Gemeinsam heckten wir einen Plan aus, um an ein Paar Hosen zu kommen, ohne dass irgendjemand Verdacht schöpfte. Als endlich Markttag war, machten wir uns daran, unsere Strategie in die Tat umzusetzen. Wie immer waren wir wie die Landbevölkerung gekleidet, um in der Menge nicht aufzufallen. Wir verließen den Palast noch am Vormittag. Unsere Leibwächter folgten uns in Zivil und in gebührendem Abstand, da Halias Tadark entsprechend bremste.
Miranna besaß die frappierende Fähigkeit, junge Männer auch aus großer Entfernung zu taxieren, und ließ jetzt den Blick über die Menge schweifen, um den Jungen zu finden, der den wichtigsten Part in unserem Plan übernehmen sollte – als Käufer der Reithose. Wir brauchten jemand, mit dem wir uns unterhalten konnten, ohne den Argwohn unserer Leibwächter zu erregen. Nur war es leider nicht üblich, dass wir mit Leuten in Kontakt traten, die nicht zum engsten Kreis der jungen Damen und Herren der Oberschicht gehörten. Zwei Prinzessinnen, die sich mit einem Marktgehilfen unterhielten – das würde ziemlich seltsam wirken.
Während sie neben mir herlief, schnappte Miranna plötzlich nach Luft und packte mich am Unterarm, damit ich stehen blieb.
»Was ist los?«, fragte ich neugierig und glaubte, sie habe die passende Person erspäht.
»Schau doch«, sagte sie und deutete mit dem Kopf in eine bestimmte Richtung. »Da sind Steldor und seine Kumpane.«
Ich folgte der Richtung ihres Blickes und hatte sogleich Steldor im Blick, der als größter und attraktivster unter seinen Freunden hervorstach und ohnehin aller Augen auf sich zog. Ich erkannte drei seiner Freunde. Barid und Devant standen rechts und links neben einem eingeschüchtert wirkenden jungen Mann, der die goldfarbene Tunika der Stadtwache trug. Steldor und Galen waren in schwarze Lederwamse gekleidet, die sie als Feldkommandanten auswiesen, und wirkten sehr imposant. Der junge Wachmann hatte sichtlich zu kämpfen, sich gegen sie zu behaupten. Steldor stand mit einem gemeinen Grinsen unmittelbar vor seinem Opfer und stieß den anderen dauernd so gegen die Schulter, dass ich, ohne die Worte zu verstehen, begriff, dass er nichts Freundliches sagte. Einen Augenblick später brachen die vier Freunde in Gelächter aus, und Galen klopfte Steldor auf die Schulter, als würde er ihm zu einer besonders gelungenen Beleidigung gratulieren. Währenddessen lief das Gesicht des Wachmannes vor Zorn über die Demütigung rot an.
Ich ergriff Mirannas Hand und scherte aus dem Strom der Kauflustigen aus, um abgestoßen und fasziniert zugleich zuzusehen, wie Galen keine sieben Meter von uns entfernt Steldor lässig beiseiteschob und vortrat, um mit falscher Freundlichkeit einen Arm um die Schulter des jungen Mannes zu legen. Dabei sagte er etwas, das seine Kumpanen auflachen ließ, und ging sogar so weit, dem armen Kerl die feuerroten Wangen zu tätscheln. Danach zeigte er auf den Dolch, der am Gürtel des jungenMannes hing, tadelte ihn offenbar in irgendeiner Form und besaß sogar die Frechheit, diesen aus der Scheide zu ziehen. Der derart Entwaffnete wurde noch verlegener, versuchte jedoch sofort, sich sein Messer zurückzuholen, doch Galen warf es Steldor zu, der es auffing und selbst in die Luft warf. Der junge Wachmann riss sich von Galen los und versuchte vergeblich, seine Waffe zu erhaschen. Denn Steldor hielt sie hoch und lachte über die Hilflosigkeit seines Opfers.
In diesem Moment bemerkte der Hauptmannssohn Miranna, mich und Halias, der bereits beherzt auf die Gruppe zuging, um dem Treiben ein Ende zu machen. Ohne ein Wort händigte Steldor dem Wachmann seinen Dolch wieder aus und an die Stelle des sadistischen Grinsens trat das mir wohlbekannte selbstgefällige. Der junge Mann steckte seine Waffe rasch in die Scheide und blickte misstrauisch zwischen den beiden Feldkommandanten hin und her. Steldor gab seinen drei Freunden einen Wink, und sie ließen ihr Opfer einfach stehen. Im Weggehen drehte er sich noch zu mir um und verbeugte sich. Er wollte mir wohl zu verstehen geben, ich hätte ihrer Vorstellung applaudieren sollen.
»Oh, er ist einfach unglaublich!«, rief ich und wollte gerade zu einer langen Schimpfkanonade ansetzen.
»Ja, das ist er«, fiel Miranna mir ins Wort. »Aber ich glaube, ich sehe gerade genau die Person, die wir brauchen.«
Sie
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