Alex Benedict 04: Das Auge des Teufels
nicht, dass ihr verloren geht!«, sagte er.
Circe begleitete uns ebenfalls auf dem Flug nach Neu-Volaria, wo wir uns mit Giambrey trafen und gemeinsam zu Mittag aßen. Er war mutlos. »Die hohen Tiere sind auf beiden Seiten nur Idioten!«, grollte er. »Sie können einem nicht einmal erklären, um was sie eigentlich kämpfen. Das ist nichts als ein Reflex.«
»Wie schade, das hören zu müssen!«, meinte Alex.
»Was mich frustriert, ist, dass wir nur ein paar halbwegs vernünftige Leute auf beiden Seiten auf der Straße aufsammeln und an die Macht bringen müssten, und die würden vermutlich alles in kürzester Zeit geregelt haben. Dann wäre der ganze Unsinn endlich vorbei!«
»Vielleicht unterschätzen Sie das Ausmaß des Problems«, wandte Alex ein. Doch als Giambrey versuchte, eine Diskussion zu dem Thema vom Zaun zu brechen, wechselte er das Thema.
Circe würde zusammen mit dem Botschafter in Neu-Volaria bleiben. Wir sagten auf Wiedersehen und gingen hinauf auf das Dach, um uns ein Taxi zu rufen. Und da passierte etwas Sonderbares: Eine Gruppe Stummer erkannte mich und kam herbei, um uns ihre Unterstützung zu signalisieren. Sie applaudierten. Eine menschliche Geste.
Schließlich aber stiegen wir in unser Taxi und machten uns auf den Weg zum Flughafen. Als wir unterwegs waren, erhielt Kassel einen Anruf. Dann drehte er sich auf dem Sitz um, um mich anzusehen. »Bon Selvan möchte Sie kennen lernen, Chase.«
»Wer ist Bon Selvan?«
»Sie ist eine unserer Proktoren.« Seine Augen schlossen sich. Öffneten sich wieder. »Sie sollten hingehen!«
»Kassel, was ist ein Proktor?«
»Es gibt sieben von ihnen. Sie sind Berater des Exekutivrats. Es ist schwer zu erklären. Auf jeden Fall ist sie eine sehr, sehr wichtige Persönlichkeit!«
»Okay. Hat das Ganze auch wirklich einen Sinn?«
»Ja, den hat es! Bon Selvan ist nicht erfreut über den derzeitigen Umgang mit der Konföderation. Wenn Sie einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer Einigung tun wollen, dann geben Sie ihr etwas, womit sie arbeiten kann!«
Bon Selvan saß in einem Garten im Schatten eines kleinen Baumes, umgeben von leuchtend roten und gelben Blumen. Vögel sangen, und ich sah eine Schlange über den schwarzen Eisenzaun schlüpfen, der das Gelände umgab. Die Proktorin trug eine orangefarbene Robe mit einer braunen Kapuze, die auf ihren Schultern ruhte. Durch eine Glastür betrat ich den Garten. Sie erhob sich. Meine Eskorte zeigte mir die Zähne, nutzte seinen Stimmgenerator, um mir zu erklären, wem ich mich nun gegenübersah, zog sich zurück und schloss die Tür.
Einen endlosen Moment lang studierte mich Bon Selvan schweigend. Dann: »Chase Kolpath, wenn ich recht verstehe, sind Sie von unserer Regierung nicht begeistert.«
»Ich möchte nicht unhöflich sein …«
»In unserer Gegenwart können Sie gar nicht unhöflich sein, Kindchen!« Sie wies auf einen Stuhl.
Und, ja: Ich dachte, dass es kaum begreifbar sei, wie zwei Spezies, die sich selbst als intelligent bezeichneten, es auch nach Tausenden von Jahren nicht fertig brächten, ihre Angelegenheiten zu regeln, ohne dabei aneinander herumzunörgeln!
»Sie haben vollkommen Recht, Chase! Es gibt vernünftige Individuen, aber die haben noch nicht gelernt, sich zusammenzuschließen, Gruppen und Regierungen hervorzubringen, die sich rational verhalten. Ich muss gestehen, ich weiß nicht, wie das kommt.«
Während ich darüber nachdachte, erklärte sie mir, sie freue sich, mich kennen zu lernen.
»Und ich freue mich, Sie kennen zu lernen«, sagte ich, während ich versuchte, meine nächste Frage zu formulieren: Könnte sie helfen, die zunehmenden Spannungen beizulegen? Sehe sie eine Möglichkeit, den drohenden Krieg zu verhindern?
»Glauben Sie, es wird Krieg geben, Chase?«
»Ja, das tue ich!«
»Ich bin da nicht so sicher. Die bisher vergleichsweise seltenen kämpferischen Auseinandersetzungen haben in jüngster Zeit zugenommen, aber ich glaube, das ist nur eine vorübergehende Abweichung von der Norm. Meine Befürchtungen beziehen sich nicht auf einen drohenden Krieg.«
»Worauf dann?«
»Meine Befürchtung ist, dass wir jahrelang so weitermachen werden wie jetzt, jahrelang Blut vergießen und Ressourcen vernichten und, ja, den Ausbruch eines Krieges riskieren.«
Ich habe an anderer Stelle erklärt, dass die Stummen keine nonverbale Kommunikation kennen, dass sie keine Gesichter im menschlichen Sinne haben. Ihre Gesichter erinnerten durch das nicht vorhandene Mienenspiel
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