Alex Cross - Cold
Brücke zurannte.
Dann hörte sie direkt hinter sich die Stimme des Polizisten: »Stehen bleiben\«
Sie lief weiter.
Eine Kugel prallte von einer Metallstrebe knapp über ihrer Schulter ab. Sie hatte keine andere Wahl, als geradeaus zu laufen. Oder aber...
Hala blieb stehen.
In einer einzigen, fließenden Bewegung drehte sie sich um, ging in die Knie und schoss, ohne zu zielen. Zwei endlose Sekunden lang nahm sie nichts anderes wahr als diesen schmalen Fußweg über die Brücke. Der zweite Polizist fiel leblos zu Boden.
Tot? So gut wie sicher. Sie schoss nie daneben. Das war ja der Grund, weshalb sie die Pistole hatte und nicht Tarik. Dann war Hala wieder auf den Beinen und rannte weiter.
In vollem Schwung erreichte sie die Treppe auf der anderen Seite und wäre um ein Haar über das Geländer gestürzt. Selbst dabei empfand sie noch Stolz auf sich selbst. Sie war wirklich sehr gut, sehr geschickt.
»Wir müssen warten.« Tariks Stimme erklang in ihrem Kopfhörer, während er sich nach ihr umsah.
Dann folgte die Antwort der Mutterzicke. »Du kannst warten«, sagte sie. »Aber wir fahren jetzt los.«
Als Hala schließlich den Bürgersteig erreichte, sah sie, wie der Minivan losfuhr. Die Seitentür war immer noch offen. Ein Taxi musste mit einem waghalsigen Schlenker ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Der Minivan verlangsamte seine Fahrt nicht. Er überfuhr eine rote Ampel, bog nach links ab und verschwand in der Nacht.
Tarik stand auf dem Bürgersteig, blickte sich in höchster Panik um. Der arme Mann schien hoffnungslos verloren zu sein.
»Ich bin hier«, sagte Hala. »Sieh mal nach links, Tarik.« Komm zu Mutti.
Er rannte auf sie zu, und sie trafen sich in der Mitte.
»Was sollen wir jetzt machen?«, fragte er. »Sie sind weggefahren. Sie haben uns einfach im Stich gelassen, Hala!«
Mittlerweile kamen von allen Seiten Polizeisirenen näher.
Sie hatten kein Geld für ein Taxi, nicht einmal für die U-Bahn, wenn die Züge wieder fuhren. Und falls der Van aufgegriffen wurde, dann war womöglich nicht einmal ihr Hotelzimmer mehr sicher.
Dennoch, es gab da noch einen ganz bestimmten Ort, von dem Hala eigentlich gar nichts wissen durfte. Aber sie kannte ihn trotzdem. Die Frage war nur: Wie kommen wir dahin? Sie war vollkommen orientierungslos, in einer unbekannten Gegend dieser riesigen amerikanischen Stadt, diesem feindlichen Stützpunkt, der Hauptstadt ihrer Feinde. Unmöglich festzustellen, in welche Richtung sie laufen mussten.
Aber hier konnten sie unter keinen Umständen bleiben. »Da entlang«, sagte sie schließlich und deutete in eine Richtung. Sie würden es schon merken. »Lauf los, Tarik. Lauf, so schnell du kannst. Folge mir.« Ich werde für dich sorgen, wie immer, mein Liebster.
34
Ich will nicht behaupten, dass mein Telefon ständig mitten in der Nacht klingelt, aber bestimmt öfter als das der meisten anderen. »Alex Cross«, meldete ich mich. Es klickte, gefolgt von zwei kurzen Piepstönen. Das heißt, es war eine sichere Verbindung. Aber mit wem?
»Detective Cross, hier spricht Betty Chow aus dem CIA-Geheimdienst-Direktorat. Es tut mir sehr leid, dass ich Sie um diese Uhrzeit stören muss, aber ich möchte Sie zu einer Besprechung hier in Langley bitten, im Koordinationszentrum für Terrorismusbekämpfung.«
Mit einem Schlag war ich hellwach. Was war denn jetzt los? Und was hatte die CIA plötzlich mit der ganzen Sache zu tun? Vielmehr... was hatte ich plötzlich damit zu tun?
»Könnten Sie mir vielleicht verraten, worum es geht?«, erkundigte ich mich, während ich mir den Schlaf aus den Augen rieb. »Das wäre mir eine Hilfe.«
»Ich bin nicht befugt, über Einzelheiten zu sprechen, aber sobald Sie im Koordinationszentrum sind, bekommen Sie umfassende Instruktionen«, lautete ihre Antwort.
Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz nach vier Uhr morgens. »Wann findet die Besprechung statt?«
»Wir wollen um halb sechs anfangen, Detective. Kann ich ihnen ausrichten, dass Sie kommen werden?«
Ich wusste nicht einmal, wen Betty Chow mit »ihnen« meinte.
»Bin schon unterwegs«, sagte ich.
»Und, Detective? Ich soll ausdrücklich betonen, dass es sich um eine streng vertrauliche Angelegenheit handelt und dass Sie niemandem sagen dürfen, wohin Sie fahren. Jede Zuwiderhandlung ist ein Verstoß gegen Bundesgesetze und steht unter Strafe.«
»Selbstverständlich«, sagte ich und legte auf.
Trotzdem überlegte ich mir, ob ich Bree anrufen sollte, sie
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