Alex Rider 7: Snakehead
war ihm egal. Er wollte kein Risiko mehr eingehen. Er brauchte die beruhigende Gewissheit, dass der MI6 auf dem Weg zu ihm war.
Dann wartete er auf Ash. Was hätte er sonst auch tun sollen? Er hatte drei Nächte kaum geschlafen, er hatte tagelang kaum etwas gegessen und war ziemlich erschöpft. Er schlich um das Café herum und setzte sich an der Hauswand in den Schatten. Wahrscheinlich suchten Major Yus Leute immer noch nach ihm, und bis auf das in seinem Gürtel verborgene Messer besaß er nichts, womit er sich verteidigen konnte. Die Pistole hatte er auf der Brücke zurückgelassen. Jetzt wünschte er sich, er hätte sie mitgenommen.
Zehn Minuten später ging die Tür des Cafés auf, und der Fahrer, der ihn hierhergebracht hatte, kam mit einer braunen Papiertüte heraus. Er stieg in den Pick-up und fuhr davon. Alex sah der Staubwolke nach.
Die Zeit schlich dahin. Fliegen summten vor Alex’ Gesicht herum, aber er ignorierte sie. Das Café stand in einer gähnenden Einöde, weit und breit gab es nur Buschland und diese wenig befahrene Straße. Die Sonne stand schon tief überm Horizont, und er musste sich sehr konzentrieren, um nicht einzuschlafen. Aber dann näherte sich endlich ein Auto, ein schwarzer Geländewagen mit getönten Scheiben. Er hielt vor dem Café. Ash stieg aus.
Er war nicht allein. Er hatte nicht am Steuer gesessen. Seine Hände waren gefesselt. Seine schwarzen Haare waren zerzaust, sein Hemd zerrissen, sein Gesicht blutverschmiert. Er wirkte wie betäubt. Er hatte Alex noch nicht gesehen.
Major Yu stieg hinten aus dem Auto aus. Er trug einen weißen Anzug und ein lavendelfarbenes Hemd. Er bewegte sich langsam und stützte sich auf seinen Stock. Wie immer trug er Handschuhe. Der Fahrer und noch ein Mann stiegen ebenfalls aus. Die drei gingen kein Risiko ein. Sie umstellten Ash. Yu zog die Pistole, mit der er den alten Mann auf der Liberian Star erschossen hatte. Er hielt sie Ash an den Kopf.
»Alex Rider!«, rief er mit dünner, vor Hass bebender Stimme. »Du hast drei Sekunden, dich zu zeigen. Wenn nicht, kannst du das Gehirn deines Paten von der Straße kratzen. Ich zähle!«
Alex hielt den Atem an. Sie hatten Ash! Was sollte er machen? Wenn er sich stellte, würden sie beide getötet. Aber würde er sich das jemals verzeihen können, wenn er jetzt weglief?
»Eins ...«
Jetzt bedauerte er, dass er nicht auch ASIS, die Polizei oder sonst wen angerufen hatte. Er hatte doch gespürt, dass da etwas nicht stimmte. Wie hatte er nur so dumm sein können?
»Zwei ...«
Ihm blieb keine Wahl. Auch wenn er wegzulaufen versuchte, würden sie ihn fangen. Sie waren zu dritt. Sie hatten ein Auto. Er war allein in der Wildnis.
Er stand auf und zeigte sich.
Major Yu ließ die Pistole sinken und Alex ging auf die Männer zu, erschöpft und geschlagen. Ash musste die ganze Zeit auf der Liberian Star gewesen sein, ein Gefangener wie er selbst. Er schien Schmerzen zu haben. Sein Blick war leer.
»Tut mir leid, Alex«, krächzte er.
»Da haben wir dich also endlich«, sagte Major Yu. »Ichmuss schon sagen, du hast mir viel Unannehmlichkeiten bereitet.«
»Fahr zur Hölle«, knurrte Alex.
»Oh ja, mein lieber Alex«, erwiderte Yu. »Genau dort bringe ich dich hin.«
Yu hob den Stock und schlug mit aller Kraft zu. Das Letzte, was Alex sah, war ein in der australischen Sonne glänzender silberner Skorpion, der auf ihn zusauste. Er spürte nichts, als er ihm an die Schläfe krachte.
»Hebt ihn auf!«, befahl Yu.
Er wandte sich von dem bewusstlosen Jungen ab und stieg wieder ins Auto.
Made in Britain
A uf dem Tisch stand eine Vase mit Rosen. Ihren Geruch nahm Alex als Erstes wahr ... süß und leicht ekelerregend. Dann schlug er die Augen auf und wartete, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt hatten. Die Rosen waren rosa, ein Dutzend Blüten in einer Porzellanvase, die auf einem Spitzendeckchen stand. Alex war schlecht. Seine Schläfe pochte, und er spürte die Platzwunde, die Yus Stock hinterlassen hatte. Er hatte einen üblen Geschmack im Mund. Draußen war es dunkel und er fragte sich, wie lange er schon hier liegen mochte.
Und wo war er überhaupt? Er sah sich in dem Zimmer um: die alten Möbel, die Standuhr, die schweren Vorhänge und der gemauerte Kamin mit den zwei Steinlöwen, das war so typisch englisch, dass er fast gesagt hätte, er sei wieder zurück in England, aber das war natürlich nicht möglich. Vielleicht war er in irgend einem Hotel auf dem Land. Eine Tür führte in ein Bad.
Weitere Kostenlose Bücher