Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)
und Geschäftsleute in dunklen Anzügen und strahlend weißen Dishdashas. Darunter auch Frauen in leuchtenden Abendkleidern und mit funkelndem Schmuck. Die Zuhörer weiter hinten waren nur als graue Flecken im Dunkeln zu erkennen.
An den Türen und zwischen den Stuhlreihen standen Sicherheitsbeamte. Ihr Blick war nicht auf die Außenministerin, sondern auf die Zuschauer gerichtet. Kurz vor Beginn der Rede waren sämtliche Eingänge geschlossen worden. Bis zu ihrem Ende durfte niemand mehr die Aula betreten. Von Notfällen abgesehen durfte auch niemand sie verlassen.
Die Deckenbeleuchtung war ausgeschaltet, doch es waren Scheinwerfer auf die Bühne gerichtet. Sie tauchten die Sprecherin in einen kreisrunden weißen Lichtkegel. Licht und Ton wurden von zwei Technikern beaufsichtigt, die in einer abgetrennten Kabine mit einem Glasfenster unterhalb des ersten Ranges saßen. Die meisten Geräte einschließlich der Projektoren für den Plasmabildschirm waren dagegen sehr viel höher installiert. Eine Treppe führte vom Erdgeschoss hinauf und folgte weiter oben der Krümmung der Kuppel. An ihrem Ende, einem niedrigen, bogenförmigen Durchgang, lag ein mit Sicherungen, Leiterplatten und Temperaturanzeigern vollgestopfter Raum. Man hatte diesen zweiten Kontrollraum unmittelbar über dem Scheitelpunkt der Kuppel in die Decke eingebaut. Er ähnelte dem Cockpit eines Raumschiffs: Er war rund und hatte schmale Schlitze, durch die ein Beobachter die Bühne aus der Vogelperspektive gesehen hätte. Doch der Raum war leer.
Man hatte ihn gleich zu Anfang als Sicherheitsrisiko ersten Grades ausgemacht, als ideales Versteck für einen Attentäter, und deshalb auch mehrere Male gründlich durchsucht. Die Tür war von außen abgesperrt. Davor saß seit neun Uhr morgens ein CIA-Agent. Er war allein, versuchte der Rede zuzuhören, die gedämpft an sein Ohr drang, und langweilte sich. Als Joe Byrne am Morgen die Sicherheitsvorkehrungen erläutert und die Aufgaben verteilt hatte, hatte er den Schwarzen Peter gezogen.
Er konnte unmöglich wissen, dass die Waffe, mit der die Außenministerin getötet werden sollte, eine Arctic Warfare L96A1, sich schon im Gebäude befand und dass Julius Grief bereits unterwegs war, um sie abzuholen. In wenigen Minuten würde er seinen Platz hinter der Tür einnehmen, und wenn die Außenministerin zum ersten Mal das Wort »Großbritannien« sagte, würde er abdrücken und das Geschoss, eine .300 Winchester Magnum, würde mit einer Geschwindigkeit von achthundertfünfzig Metern pro Sekunde in ihren Kopf eindringen. Tief unter der Kuppel kam die Außenministerin allmählich auf ihr Thema zu sprechen.
»Der Gegenstand meiner Rede heute Abend ist die Freundschaft. Wer sind unsere langfristigen Partner, wem können wir in dieser sich so rasch verändernden Welt weiter trauen?«
Ihre Stimme drang laut und klar durch den großen Saal und neben ihr lief der Text der Rede Zeile für Zeile über den Teleprompter. Noch eine Seite allgemeine Einleitung, dann würde sie das Wort sagen, das ihren Tod bedeutete.
A lex Rider folgte Julius Grief um das Gebäude. Er lief hinter den geparkten Autos und Übertragungswagen entlang, um nicht gesehen zu werden. Die Entfernung zwischen ihnen war so gering, dass er die blonden Haare, die weiße Haut und sogar den konzentrierten Blick seines Gegners erkennen konnte. Julius hatte ihn noch nicht bemerkt. Zu sehr war er damit beschäftigt, die verlorene Zeit wieder einzuholen. Außerdem musste er sich auf den Weg und die vielen auf dem Boden verlegten Kabel konzentrieren. Die schwüle Luft sagte Alex, dass das Unwetter nicht mehr lange auf sich warten ließe. Ihm war, als laste eine unglaubliche Verantwortung auf ihm.
In dem Gebäude, an dem er entlanglief, wurde in diesem Augenblick eine wichtige internationale Rede von der zweitmächtigsten Politikerin der Vereinigten Staaten gehalten. Ihre Worte würden einen Sturm des Protests auslösen. Und zur selben Zeit rannte er hier draußen im Dunkeln hinter seinem Doppelgänger her, der einen Mord plante. Wenn ihnen nun ein Sicherheitsbeamter begegnete? Doch auf dieser Seite der Aula schien es weder Überwachungskameras noch Wachmänner zu geben, nur die in ihren Übertragungswagen sitzenden Leute vom Fernsehen. Warum auch? Bestimmt konnte man die Aula nur durch den Haupteingang betreten und der lag auf der anderen Seite.
Trotzdem …
Alex entdeckte die offene Tür, als Julius darauf zulief. Unmöglich! Da wimmelte es überall von Polizei und
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