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Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)

Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition)

Titel: Alex Rider 9: Scorpia Rising (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Freizeitbeschäftigungen. Er verschlang Bücher, doch ihr gegenüber wollte er es nicht zugeben.
»Hast du über das nachgedacht, worüber wir letztes Mal gesprochen haben?«
»Wir haben über vieles gesprochen, Dr. Flint.«
»Es ging darum, wie man mit Wut umgehen kann.«
»Ich bin nicht wütend.«
»Ich glaube schon.«
Julius schwieg, aber etwas kochte in ihm hoch. Es war keine Wut. Wie konnte diese blöde Ziege das behaupten? Es strömte wie flüssige Lava durch seine Eingeweide. Oder wie eine Säure. Er senkte den Blick, weil er wusste, dass die Augen seine Gefühle verrieten. Dr. Flint würde sie sehen und es in ihrem Notizbuch festhalten. Sie schrieb alles auf, dabei verstand sie ihn nicht einmal annähernd. Zum Glück konnte sie nicht in ihn hineinsehen. Julius träumte davon, Alex Rider zu töten. Langsam und qualvoll. Er hätte es schon vor einem Jahr auf dem Schuldach tun sollen.
Aber vielleicht bekam er eine zweite Chance. Er dachte an die Nachricht, die er am Abend zuvor gefunden hatte. In seinem Zimmer versteckt hatte der Zettel auf ihn gewartet, obwohl das eigentlich völlig unmöglich war. Er hatte ihn so oft gelesen, dass er jedes Wort auswendig wusste. Doch er verdrängte den Gedanken daran. Dr. Flint betrachtete ihn prüfend, er durfte sich nicht verraten.
»Ich schlage vor, wir bilden heute Assoziationsketten aus Wörtern«, sagte Dr. Flint.
»Wie Sie wollen.« Es war ihr Lieblingsspiel. Dr. Flint sagte ein Wort und dann musste Julius sofort, ohne nachzudenken, ein zweites sagen. Dabei zeigte sich angeblich, was in seinem Kopf vorging.
»Gut.« Dr. Flint sah sich um. »Dann fange ich mit etwas ganz Gewöhnlichem an. Du weißt ja, was du tun musst.«
Eine Pause entstand. Dann begann sie.
»Hund.«
»Knochen.«
»Küche.«
»Messer.«
»Petersilie.«
»Grün.«
»Rasen.«
»Leiche.«
Dr. Flint brach ab. »Die letzte Assoziation verstehe ich nicht.«
»Ich habe mir vorgestellt, wie ich jemanden unter dem Rasen begrabe.«
»Wen willst du begraben, Julius?«
Julius schwieg.
Sie wussten beide, an wen er dachte.
»Versuchen wir es noch einmal.« Zum ersten Mal in ihrer Laufbahn kamen Dr. Flint Zweifel am Sinn ihrer Arbeit. Sie traf sich mit diesem Jungen nun schon seit Monaten und war keinen Schritt weitergekommen. Sie presste die Lippen aufeinander. »Mund.«
»Kehle.«
»Getränk.«
»Gift.«
»Flasche.«
»Post.«
»Brief.«
»Bett.«
»Das war schon besser«, sagte Dr. Flint. »Du dachtest wahrscheinlich an ›Flaschenpost‹. Aber warum hast du ›Bett‹ gesagt?«
Julius verfluchte sich innerlich. Er hatte an den Zettel gedacht, den er beim Schlafengehen unter dem Kopfkissen gefunden hatte. Jemand musste ihn tagsüber dorthin gelegt haben. Und jetzt hätte er sich in seiner Gedankenlosigkeit fast verraten.
»Ich habe Kopfweh. Können wir das Spiel beenden?«
»Natürlich, Julius. Willst du dich ausruhen?«
»Nein, Dr. Flint.« Die Sitzung hatte erst vor wenigen Minuten begonnen. Eine ganze Stunde lag noch vor ihnen. Julius war nicht sicher, ob er sie durchstehen würde, ohne Dr. Flint anzuschreien oder handgreiflich zu werden. In einer der ersten Stunden hatte er sich einmal auf sie gestürzt. Man hatte ihn von ihr weggezerrt und eine Woche lang in den Strafblock gesperrt. Das durfte nicht noch einmal passieren. Er dachte wieder an die Nachricht. Bestimmt würden seine unbekannten Freunde ihn bald hier herausholen. Bis dahin musste er sich beherrschen.
»Also gut, dann lass uns doch ein paar Bilder zeichnen. Du malst einen Ort deiner Fantasie und erklärst mir, was man dort alles sieht.«
Julius wusste, was für einen Ort er am liebsten gemalt hätte: einen Wald mit lauter erhängten Alex Riders. In dem Alex Rider an alle Stämme genagelt und bis zum Hals in die Erde eingegraben war und blutig und bewusstlos im Gras lag. Eine Welt voller Alex Riders, die alle möglichen Folterqualen erlitten.
»Kann ich einen Rummelplatz malen?«
»Natürlich, Julius.«
Er nahm die Buntstifte, die Dr. Flint bereitgelegt hatte, und dachte an den Augenblick, als er das Kopfkissen hochgehoben und den zusammengefalteten Zettel gesehen hatte. Er hatte sofort gewusst, dass es sich um etwas Besonderes handelte. Normalerweise kam niemand in seiner Abwesenheit in sein Zimmer. Die anderen Häftlinge durften es nicht und die Wachen und Putzfrauen fragten ihn immer ausdrücklich um Erlaubnis.
Er hatte den Zettel aufgefaltet und gelesen.
WIR SIND DEINE FREUNDE. WIR WERDEN DIR HELFEN, VON HIER ZU FLIEHEN. GEH MORGEN

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