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Alexander der Große

Titel: Alexander der Große Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Will
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Menschliche war er jetzt ganz abgestumpft. Um [Hephaistion] ein würdiges Todtenopfer zu bringen, unternahm er einen
     Zug |52| gegen ein freies Bergvolk und rottete die ganze Nation aus; schlachtete nach orientalischer Sitte dem Todten zu Ehren die
     Gefangenen. Die Züge aus dieser Zeit sind alle schmählich; stumpf und mit sich in Unfrieden verfiel er immer mehr und mehr
     dem schrecklichen Trunke. Er setzte Prämien für’s Trinken aus, und ein
agòn polyposías
[Trinkerwettbewerb] endigte damit, dass sich einige dreißig Menschen todtsoffen: eine Schändlichkeit, die man nur mit Ekel
     betrachtet.

    Unter den Alexanderapologeten zeigte sich nur Berve gelassen: Das Trinken sei Bestandteil einer „wunderbaren Vollkommenheit
     des im höchsten Sinne dionysischen Ganzen“. 40 Gerücht, Legende, Übertreibung und Beschönigung zu unterscheiden, fällt schwer. Schon bald nach Alexanders Tod wurden sein
     Trinkgebaren und seine späte Neigung, in die Kostüme verschiedener Götter zu schlüpfen, zum Ziel heftiger Angriffe. Die erste
     kritische Schrift verfasste bekanntlich ein Mann, dessen Rolle im Alexanderzug nicht genau zu klären ist, Ephippos aus Olynth,
     einer Stadt, die Philipp II. 348 dem Erdboden gleichgemacht hatte. Das Pamphlet
Über den Tod des Alexander und des Hephaistion
wurde von den antiken Alexanderhistorikern zwar ignoriert, sodass sich keinerlei Zitate finden, doch es hinterließ indirekte
     Spuren bei ihnen. Sie fühlten sich gezwungen, Alexander von den |53| erhobenen Vorwürfen zu entlasten. Das gestaltete sich schwierig, denn einerseits war nicht zu leugnen, dass in der Umgebung
     des Königs stark gezecht wurde, zum anderen aber waren manche Handlungen des Königs, wie die Ermordung des Offiziers Kleitos
     bei einem Gelage, nur mit dem Hinweis auf Volltrunkenheit zu erklären.
    |52| Trinkgelage mit Mord
    Die Jahre von 330 bis 327 waren nicht nur von äußeren Schwierigkeiten, sondern auch von inneren Problemen geprägt. Wegen der
     Schwere der Kämpfe machte sich in den Truppen Unzufriedenheit breit, Alexanders Nervosität äußerte sich in rigiden Maßnahmen
     oder unüberlegtem Verhalten. Bei einem Trinkgelage im Sommer 328 geriet Alexander wegen der neuen, von den älteren Makedonen
     wenig goutierten Persienpolitik in Streit mit dem Offizier Kleitos, der ihm 334 am Granikos das Leben gerettet hatte. Gereizt
     und betrunken erstach er ihn mit einer Lanze.
    |53| Aristobul fand die passende Formel, Alexander habe (normalerweise) nicht viel Wein getrunken, sondern lange Trinkgelage nur
     deswegen abgehalten, um seine freundschaftliche Verbundenheit mit den Gefährten (
Hetairoi
) zum Ausdruck zu bringen. 41 Das war für die Anfangsjahre vermutlich zutreffend, für die Zeit nach 328 aber nur wohlmeinend. Gleichwohl blieb dies die
     Linie, auf der sich die Verteidiger des Königs bewegten. Noch Plutarch nahm diese Argumentation sowohl in den
Moralia
wie in den Parallelviten auf. Das Gerücht vom königlichen Zecher sei entstanden, weil Alexander lange beim Wein zu sitzen
     pflegte. Tatsächlich habe er sich die Zeit aber mit Unterhaltung und nicht mit Trinken vertrieben:
    Bei jedem Becher führte er ein langes Gespräch, besonders gern, wenn er Zeit hatte. Denn im Drange der Geschäfte kannte er
     nicht Wein, nicht Schlaf noch Scherz, weder Liebe noch Theater wie andere Feldherren. Zeuge dessen ist schon sein Leben, denn
     so kurz es war, er füllte es aus mit zahllosen gewaltigen Heldentaten. 42

    Obwohl Plutarch bemüht war, ein erzieherisch taugliches Bild von Alexander zu zeichnen, scheute er sich aber, seine Vorlagen
     zu glätten. So zollte er denn auch anderslautenden Berichten Tribut und zeigte daneben einen Alexander, der über den Durst
     trank:

    Aber beim Wein saß er lange, wie berichtet, weil er zu gern plauderte. Vielleicht war er unter allen Königen der liebenswürdigste
     Gastgeber und reizendste Gesellschafter, nur beim Wein konnte ihn sein Prahlen unleidlich machen wie einen gewöhnlichen Kriegsmann;
     dabei verfiel er nicht nur selbst in Großsprecherei, sondern gab auch Schmeichlern gern Gehör.
    |54| Als Fazit findet Plutarch wie immer einen Kompromiss, der dem König gab, was des Königs war, und ihm selbst wieder die Gelegenheit
     zu einem Wortspiel:

    Ein Mann von Tugend, Verstand und Mut, dies besaß Alexander, dem manche Trunkenheit und Völlerei vorwerfen. Allein er war
     groß und nüchtern in seinen Unternehmungen, ohne von seiner Macht und Herrschaft berauscht

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