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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Brustschutz umgehängt, aber noch nicht verschnürt; die weißen Zähne blitzten im Zwielicht.
    Philipp starrte in den Dunst. Der Nebel löste sich langsam auf, zuerst zu Schwaden, an einigen Stellen zu Schlieren und Schleiern. Die harten, lange und gut ausgebildeten Krieger der Makedonen, die thessalischen Reiter, die thrakischen und illyrischen Hilfstruppen, die Kernmannschaft der Söldner, sie alle wußten, daß es nicht gut war, vor dem Kampf reiche Mahlzeiten zu sich zu nehmen; nur wenige Feuer brannten, es wurde nicht gekocht oder gebraten. Auf der anderen Talseite stachen Punkte durch den Nebel; der Boden dort schien von Feuerstellen gesprenkelt zu sein.
    » Sie werden sich in die Schurze machen.« Parmenion war Philipps Blick mit den Augen gefolgt.
    Philipp hatte nicht geschlafen; das zerklüftete Gesicht war ruhig. Nur um die Augen lag ein Ausdruck, den Parmenion zu gut kannte: Trauer.
    » Habe ich ihnen genug Angebote gemacht?« sagte Philipp leise.
    Parmenion blickte Alexander an, als wollte er ihn mit den Augen zu Philipp schieben. Alexander nickte unmerklich; er legte die Hand auf die Schulter seines Vaters.
    » Mehr Angebote als genug. Bündnisse, Gleichberechtigung, Frieden, du hast es immer wieder angeboten, Vater. Als sie sich bei den Thermopylen schlagen wollten, bist du ausgewichen. Sie haben es nicht verstanden; sie haben deine Gesandten zurückgeschickt. Was heute da unten geschieht, ist nicht deine Schlacht– bis jetzt. Es ist die Schlacht des Demosthenes. Es wird aber deine Schlacht sein. Unsere.«
    Philipps Gesicht hellte sich ein wenig auf. » Lysikles hat den Oberbefehl; er taugt nicht viel. Chares hat auf See so oft versagt, daß man ihn dem anderen unterstellt. Sie sind überlegen– den Zahlen nach.«
    Parmenion pfiff auf zwei Fingern. » Kleitos, Philotas.« Seine Stimme hallte über das Lager. » Fertigmachen!«
    » Sind wir noch immer der gleichen Meinung wie gestern?« Philipp fuhr sich über das linke Auge.
    » Sie werden ohne Zweifel so vorgehen, wie du es erwartest.« Parmenion hieb sich mit der flachen Hand auf den Brustpanzer. » Bleibt es bei der Aufstellung?«
    Alexander schwieg; er wartete ab. Philipp kratzte sich den Nacken. » Sohn?«
    Alexander blickte wieder zur anderen Talseite; zwischen den Feuern war deutlich Bewegung, aber noch hing der Nebel zu dicht.
    » Die Athener neben den Hügeln von Chaironeia, die Thebaner und Boiotier zum Fluß hin«, sagte er langsam. » Die Besten auf dem Flügel am Fluß– Thebens Heilige Schar. Sie werden den Angriff führen; die übrigen werden vorrücken, aber eher behutsam.«
    » Die Lager…« Philipp knurrte etwas Unverständliches. » Es sei denn, sie nehmen die längeren Wege auf sich– Athener aus dem oberen Lager zum Fluß, Thebaner aus dem unteren nach oben. Ah, nein; wenn drüben Parmenion stünde…«
    Parmenion lachte. » Dann hättest du jetzt schon verloren, Philipp. Gib dir Mühe.«
    Philipp schnaubte. Sie hörten die Stimmen der Offiziere, das Klirren der Waffen und Rüstungen. Irgendwo wieherten ein paar Pferde. Klammer Schweiß, Nachtgerüche, ein Hauch von den Latrinen, vermengt mit zu wenig Feuerrauch. Zu wenig, um der Mischung die vertraute Schärfe zu geben. Dann der Duft von heißem Kräuterwein; Hephaistion kam mit einem großen Gefäß zu ihnen. Sie tranken, leerten den Krug; Hephaistion nahm ihn wieder entgegen, lächelte knapp und glitt vom Felsen.
    Philipp wischte sich den Mund und atmete tief durch. » Wir werden die Sache etwas anders angehen als gestern besprochen. Ein paar Änderungen.« Er deutete zum anderen Hang, wo sich die Umrisse der Burg von Chaironeia abzuzeichnen begannen. » Parmenion. Du nimmst die Söldner, wie besprochen, die meisten Pezhetairen und den kleineren Teil der Thessalier. Ich… die übrigen Pezhetairen und die Barbaren.«
    Parmenion sog zischend Luft durch die Zähne. » Den rechten Flügel?«
    Philipp wandte sich an seinen Sohn. » Du mußt ein gutes Auge haben, und Kraft, und Ruhe, Alexander. Ich gebe dir, was ich gestern noch selbst nehmen wollte. Du erhältst die übrigen Thessalier und die Gefährten zu Pferd– die ganze schwere Reiterei. Den linken Flügel. Es ist deine Schlacht.« Er legte ihm die Hände flach auf die Schultern, ließ die Finger gereckt.
    Alexander starrte in das wilde, wüste Gesicht. Langsam, sehr langsam hob er die Arme und legte die Hände auf Philipps Schultern. » Unsere Schlacht«, sagte er heiser. » Du bist der Amboß; du wirst den Angriff der

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