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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Großsche Ehre, edler Eubuloss. Wozzzschu brauchssst du ihn?«
    » O ihr Götter, hör doch mit dem Klicken auf und steck die Dinger wieder in deinen Mund!– Wozu? Ach, für dies und das. Fremde Dinge, beispielsweise. Ich bin zu sehr mit dem Geld der Stadt beschäftigt, mit den Tempeln und den Theatern. Ich könnte einen gebrauchen, der sich hin und wieder um Kleinigkeiten wie Persien, Makedonien oder Theben kümmert. Und außerdem sein eigenes Glück und Vermögen macht und einen guten Namen, zum Beispiel mit Gerichtsreden, die nicht nur halb, sondern ganz gut sind.«
    Demosthenes nestelte an dem leeren Beutelchen. » Aber… um es zu etwas zu bringen, glaube ich, braucht man doch Geld. Und Reden bringen nicht…«
    Eubulos wandte sich jäh ab und stieg auf den Wagen. » Geld? Nein; es wird erwartet, daß du der Stadt Geld bringst, nicht Geld von der Stadt nimmst. Wenn du das tust, bist du erledigt. Unternimm etwas– aber so, daß keiner es sieht. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, die ehrbar genug sind, um sich dabei beobachten zu lassen.– Er ist Römer«, sagte er; er wies auf den hellhäutigen Sklaven. » Römer taugen zu nichts. Jedenfalls nicht viel; aber mit ein wenig Ausbildung und genügend Peitscheschwingen geben sie immerhin gute Sklaven ab. Denk über Sklaven nach– zum Beispiel. Und verlaß gelegentlich die Stadt. Es erweitert das Gesicht und das Denken; außerdem kann man Athen nur ertragen, wenn man auf dem Land lebt. Komm in drei Tagen zu mir und sag mir, wie du dich entschieden hast.«
    Wie ein Betrunkener torkelte, wankte und wanderte Demosthenes durch die engen Gassen, besudelte sich achtlos bis zu den Knien mit Lehm, Kot und Abfällen. Er schien Selbstgespräche zu führen, bewegte jedoch nicht den Mund; wie selbständig hoben, senkten und streckten sich Arme und Hände in all den Gebärden des Rhetors: emphatisch, beschwichtigend, zweifelnd, fragend, bekräftigend. Mit den Schultern schrammte er Hauswände; Chiton und Umhang starrten von abgeriebenem Kalk. Er rempelte Menschen an und stolperte über Hunde. Auf einem kleinen Platz mit Garküchen, Wohnhäusern, Läden und Schänken blieb er stehen, die Augen geschlossen. Die schrägen Strahlen der Nachmittagssonne badeten sein Gesicht; das Spiel von Licht und Laubwerk bildete zu seinen Füßen eine gelbliche Sonnenpfütze, aus der wie Rinnsale labyrinthische Lichtpfade und Schattenwälle fortstrebten. Um die Bäume tobten Kinder; sie kreischten, spielten Nachlaufen. Ein kleines Mädchen prallte gegen Demosthenes, stürzte, raffte sich auf und rannte weiter.
    Demosthenes öffnete die Augen. Wie einer, der aus langem Schlaf erwacht und feststellt, daß sein Körper ihn an einen anderen Ort gebracht hat. Er zwinkerte und sah sich um. Dann nickte er erleichtert. In der rechten oberen Ecke des Platzes begann unter den Brennziegelbögen, zwischen einem Gemüseladen und der Werkstatt eines Knochenrenkers, die schmale Gasse, an deren Ende das Haus des Vereins rhodischer Kaufleute lag.
    Er ging um den kleinen umwallten Schöpfbrunnen in der Platzmitte, wo der Besitzer eines mit Weinschläuchen beladenen Maultiers lehnte und mit einer schlanken, hochgewachsenen Dirne feilschte. Demosthenes schob die rechte Hand in den Gürtel und kratzte sich durch den Stoff. Die Frau hielt einen kleinen Krug in der Hand. Um die Hüften und unter den Brüsten trug sie stramm gewickelte hellrote Schärpen; in ihrem rechten Ohr glitzerte eine Glasperle. Der sanfte Wind, der ihr Haar zu kräuseln schien, rührte in dem Sud von gebratenem Fleisch, von Öl und Schweiß und Kot, Abfällen, Knoblauch und Essig, der über dem Platz waberte wie eine Dunstschicht.
    Seufzend riß Demosthenes die Blicke von dem wohlgeformten Ohr und dem glühenden Schmuck. Unter den Bögen saßen alte Männer auf Schemeln, Holzblöcken und Steinen vor einem hellblau und ockerfarben gestrichenen Haus. Sie tranken Bier; die tiefen Stimmen hallten durch den Bogengang. Vor ihnen, auf dem Platz, blökten und stanken junge Ziegenböcke, mit Schnüren an einen Pfeiler gebunden. Hieron der Hammelmacher, Schlachter, Verschneider und Mitbesitzer der billigen Bratstube, in der Demosthenes oft die Ergebnisse derartiger Händel genossen hatte, stritt mit der barfüßigen Ziegenhirtin um Preis und Nachlaß. Eben rammte er sein Messer in den Holzblock, hob die Arme und raufte sich die Haare. Demosthenes wich seitlich aus, um den Böcken zu entgehen; die Augen hingen an dem Mädchen. Sie war vielleicht vierzehn

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