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Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands

Titel: Alexander - der Roman der Einigung Griechenlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Jahre alt und trug nur einen kurzen, zerrissenen, dreckigen Chiton.
    Ein harter Griff, kräftige Hände an Demosthenes’ Oberarmen bewahrten ihn davor, in den Warenstapel eines Töpfers zu laufen.
    » Gute Beine, ein netter Rücken, trotzdem solltest du aufpassen.«
    Demosthenes versuchte ein schiefes Lächeln. » Ah, Apollonios.«
    » Ah, Demosthenes.« Der rhodische Händler grinste. Seine weißen Zähne blitzten im gebräunten Gesicht, das ein dichter schwarzer Bart umgab. Demosthenes’ schadhafte Zähne blieben verborgen; er lächelte mit geschlossenem Mund und fingerte seinen dünnen hellen Bart. Der Rhodier trug einen weißen weiten Umhang, auf dem Kopf befestigt durch Schnüre und baumelnde Schmucksteine.
    » Bier, sagt man, wirft den Trinker auf den Rücken; Wein fällt ihn seitlich oder nach vorn. Welchen Trank hast du zu dir genommen? Du bewegst dich wie ein schlecht gedrechselter Kreisel.«
    » Wörter«, sagte Demosthenes. » Wörter und Gedanken. Eiernde Ideen, gewissermaßen.«
    Der Rhodier zupfte sich die Nase. » Wenn’s weiter nichts ist… Bist du zufällig hier?«
    Sie gingen durch die schmale Gasse. Am Ast eines Baums schaukelte ein Eichhörnchen; es verschwand hinter der Mauer im Garten. Von irgendwo klang das Brüllen eines Rinds.
    » Ich wollte in euer Haus. Zu dir, falls du da wärst.«
    Apollonios grinste; er deutete auf die besudelten Unterschenkel und Sandalen des Atheners. » Sei froh, daß du mich getroffen hast. So hätte man dich nicht eingelassen.– Aber es ist gut, daß wir uns sehen. Ich brauche deine Dienste, Logograph– oder die eines anderen Redenschreibers.«
    » Welche Art Ärger hast du diesmal?«
    » Einer deiner schlitzohrigen Landsleute… Aber laß uns darüber reden, wenn wir sitzen.«
    Neben den anderen Gebäuden aus Lehmziegeln, Brennziegeln und Holz, von denen kaum eines mehr als ein Stockwerk besaß, wirkte das steinerne Haus des Vereins rhodischer Kaufleute wie ein riesiger Tempelbau. Die Vorderseite, mit schlanken bunten Säulen und von guten Malern und Bildhauern gestalteten Mauerflächen, lag an der Straße zum Piräus; die Rückseite schloß die schäbige Gasse ab.
    Ein schwarzer Sklave kniete vor den Männern, löste die Sandalen und führte Demosthenes und Apollonios einige Stufen hinab in den von Fackeln und Lampen erhellten Badekeller. Während sie sich auszogen, schöpften zwei andere Sklaven heißes Wasser aus einem riesigen Bronzekessel in Bottiche und schleppten diese von der Feuergrube zu kleineren Bronzewannen neben einer Ausgußröhre. Mit heißem Wasser, Schwämmen und Bimsstein reinigten sie die Männer. Danach stiegen die beiden in das große, aus weißem glatten Stein gemauerte Becken, saßen auf den Stufen, entspannten sich und ließen sich von lauem Wasser umspülen. Während Demosthenes das kopron aufsuchte, einen Verschlag mit vier Bottichen nebeneinander, auf denen ein langes Brett mit Aussparungen lag, ließ Apollonios sich von einem syrischen Sklaven einölen und salben. Er befahl ihm, » diese dreckigen Fetzen« fortzuwerfen und für Demosthenes frische Gewänder bereitzulegen.
    Im hellen Speiseraum, dessen weite Fensteröffnungen auf den Innenhof mit Sträuchern, einem Wasserbecken und Bogengängen blickten, nahmen sie eine leichte Mahlzeit zu sich: eingelegte Artischocken, Oliven, geschlitzte Feigen voller Schinkenstreifen; gesottene Bällchen aus Barschfleisch, das mehrere Tage in einer Tunke aus Wein, Rosmarin und fünfzig anderen Kräutern gelegen hatte; gerollte Brotfladen, gefüllt mit scharf gebratenen Fleischstückchen, gehackten Zwiebeln, Würzlauch und Steineppich; Scheibchen von kaltem, in Honig gebackenem Ferkel. Der Rhodier trank Wasser und Wein dazu, Demosthenes leerte mehrere Becher dunklen Biers aus der Brauerei des berühmten Kinesias.
    » Ich habe schon von deiner ersten Redehälfte gehört.« Apollonios verzog keine Miene; er betrachtete eines der Barschbällchen, das er mit seiner zweizinkigen Gabel aufspießte. » Und die zweite Hälfte muß dir wohl genügend eingebracht haben, wie?«
    Demosthenes spuckte einen Olivenkern auf den Boden. » Weil ich nicht gezetert habe, als es um ein neues Gewand ging? Weil ich nicht gefragt habe, ob du dieses Mahl bezahlst?«
    Apollonios grinste. » Alles äußerst ungewöhnlich.«
    » Ich wundere mich nur, wieso die Geschichte von der Rede so schnell die Runde macht.«
    » Ah, du weißt, kleine Orte wie Athen sind geschwätzig. In Babylon, Memphis oder Karchedon wäre es anders,

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