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Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht

Titel: Alexander Gerlach - 05 - Echo einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Akten?«
    »Zum Beispiel.«
    Nun begann auch sie endlich zu essen. »Ich weiß nicht mehr. Keine Akten, glaub ich.«
    Aus den Lautsprechern kam heute lateinamerikanische Musik, die nach Urlaub und Sonne klang.
    »Hören Sie auf, sich Vorwürfe zu machen«, sagte ich zwischen zwei Bissen. »Sie konnten ja beim besten Willen nicht wissen, dass dieser Hohlkopf …«
    »Hohlkopf!« Sönnchens Augen waren plötzlich kugelrund. »Genau, Hohlkopf hat der geheißen!«
    »Sind Sie sicher?«, fragte ich zweifelnd. »Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen …«
    Aber sie ließ sich nicht beirren. »Ich weiß noch, wie ich gedacht hab, Knallkopf würd viel besser zu dem passen.«
    Sie ließ sich nicht überreden, noch einen einzigen Bissen zu sich zu nehmen.

17
    Drei Stunden und fünfundvierzig Minuten später saß er mir gegenüber: Lothar Holbein, siebenundvierzig Jahre alt, wohnhaft in Forst bei Bruchsal. Da ich mit Widerstand oder zumindest Ärger rechnete, hatte ich dieses Mal Sven Balke als Begleitung mitgenommen. Dem würde ein wenig Bewegung an der frischen Luft ohnehin nicht schaden.
    Wie ich befürchtet hatte, gab es im Heidelberger Telefonbuch natürlich niemanden mit Namen Hohlkopf. Aber Sönnchen war von ihrer Idee nicht mehr abzubringen gewesen. Wie besessen hatte sie telefoniert, in immer weiteren Kreisen die Meldeämter verrückt gemacht, und irgendwann wechselte sie dann plötzlich von Hohlkopf zu Hohlbein.
    Menschen mit diesem Namen gab es einige. Jeden infrage Kommenden hatte sie persönlich angerufen, um die Stimme zu hören. Dabei hatte sie sich als Mitarbeiterin eines Tierheims ausgegeben, die händeringend Platz für ihre Schützlinge suchte. Am Ende war Lothar Holbein in Forst übriggeblieben. Der hatte zwar kein Telefon, aber meine zu allem entschlossene Sekretärin hatte ihn schließlich über den Anschluss eines Nachbarn erreicht.
    Sie hatte die Stimme sofort wiedererkannt.
     
    Pretorius’ Zeuge wohnte in einem heruntergekommenen Bauernhäuschen unweit der Gemeindebücherei und war schon seit einer halben Ewigkeit arbeitslos. Von Angesicht zu Angesicht war er nicht halb so mutig wie noch vor einer Woche am Telefon. Vor mir hockte ein dicklicher, kleiner Mann ohne ein einziges Haar auf dem Kopf, mit unzähligen Piercings und Tattoos, fiebrigen Augen und einem lange nicht gewaschenen, rot-blau karierten Flanellhemd.
    »Sie wissen, weshalb wir hier sind«, begann ich, nachdem wir in der ungeheizten und trostlos eingerichteten Küche um einen schmierigen Tisch herum Platz genommen hatten.
    »Denk schon«, erwiderte er vorsichtig.
    Holbeins Hände zitterten, als er sich die nächste Zigarette an der letzten ansteckte. Wände und Decke waren gelb vom Qualm. Zudem roch es nach kaltem Fett und gebratenem Speck. Spuren von Ei auf einem Teller verrieten, was es heute zu Mittag gegeben hatte.
    Von Sönnchen wusste ich, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Holbein hatte im Lauf seines Lebens schon mehrmals Ärger mit der Polizei gehabt. Meist war dabei Alkohol im Spiel gewesen. Und bei einem dieser Anlässe musste ich ihn getroffen und gesprochen haben. Ich konnte mich jedoch an nichts mehr erinnern als an diese nörgelige, immer ein wenig aggressive Stimme.
    »Sie werden sich denken können, dass wir nicht gerade begeistert sind von Ihrer merkwürdigen Aktion.«
    Die Zigarette glimmte endlich. Der alte Stummel fiel zweimal daneben, bevor er in einem offensichtlich in irgendeiner Kneipe geklauten Plastikaschenbecher landete.
    Holbein zog es vor, zu schweigen und zu rauchen.
    »Ich könnte Ihnen jetzt eine Menge Paragrafen aufzählen, gegen die Sie verstoßen haben.« Beim Anblick dieses ungepflegten und schlecht riechenden Kerls fiel es mir nicht schwer, einen groben Ton anzuschlagen. »Aber das wissen Sie ja alles selbst.«
    »Der Pretorius hat aber gesagt, es wär alles ganz legal«, versetzte er patzig. »Ich soll mir keinen Kopf machen, hat er gesagt, er hat alles im Griff.«
    Die Hand mit der Zigarette zitterte stärker.
    »Was hat er Ihnen versprochen für den Deal?«
    Es dauerte viel zu lange, bis Holbein sein »Nichts« herausbrachte. Mehr denn je war ich davon überzeugt, dass die beiden planten, sich die fürstliche Belohnung zu teilen. Irgendwo im Haus lief ein Fernseher. Ein Autorennen, unüberhörbar.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, und ich mache ihn nur ein Mal: Wenn Sie hier und jetzt reinen Tisch machen und alles sagen, was Sie wissen, dann will ich sehen, ob ich ein Auge zudrücken kann.

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