Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
leichtes Lächeln im entspannten Gesicht, den Kopf ein wenig schief gehalten, als er einer Zote lauschte, die Ptolemaios, Sohn des Lagos, aus einem makedonischen Bergdorf erzählte; jäh überspült von einer Woge des Leuchtens aus dem Inneren, als er einen von dem scheinbar unbeachteten Sänger entstellten Vers des Homeros verbesserte; Hoheit ohne Herablassung in der Gebärde, mit der er die Musiker und Unterhalter entließ, dann ein beinahe flehender Befehl der Augen, die Tekhnef und Dymas zum Bleiben anhielten. Wie erbärmlich einfach, einfältig dagegen die beiden Schauspieler mit ihren Masken.
Und noch etwas, das langsam in Dymas’ vom Wein gedämpfte Sinne drang: die Kraft und Schönheit aller Bewegungen, Harmonie und Beherrschtheit; und der Duft. Die anderen Männer rochen nicht, oder sie stanken nach Schweiß, nach Pferden, nach ehrlichem Schmutz. Alexander hatte gebadet und sich von den feinen Fingern des Meisters Athenophanes kneten und salben lassen. Helle Haut, helles Haar, helle Augen, der helle Chiton, all dies nicht einmal durch die Schwärzlichkeit von Aristandros zu schwächen, dessen frühen Abschied keiner bedauerte.
Irgendwann stieß Tekhnef ihn an; sie lag neben ihm auf der breiten Kline, die vorher drei Offiziere getragen hatte.
»Schau mich an.« Die schwarze Frau aus dem Süden Ägyptens flüsterte kaum hörbar.
Dymas riß sich von Alexander los. »Was ist?«
Tekhnef legte eine Hand auf seinen Schurz, tastete nach dem Gemächt. »Ich liebe ihn auch, aber verlier dich nicht völlig in seinem Zauber.« Sie lächelte ein wenig.
Beide waren müde, aber sie spielten, als der König sie aufforderte. Nur er und Hephaistion lauschten; die anderen waren nach und nach gegangen, als letzter Perdikkas, nach ein paar heftigen, wenn auch leisen Worten, die Hephaistion mit einem Schulterzucken beantwortete. Wein und Müdigkeit nahmen der Musik die letzte Genauigkeit, aber Tekhnef und Dymas waren zu gut, und auch die Verschwommenheit glitzerte.
Am Schluß des langen, langsamen, schneckengleich in sich zurückgewundenen Stücks ging Hephaistion; er berührte Alexanders Schulter und nickte den Musikern kühl zu. Im Eingang blieb er stehen, um einen müden Melder und zwei Königsknaben durchzulassen, die Deckenrollen und Reisesäcke trugen.
»Ihr seid meine Gäste.« Alexander richtete sich auf, zupfte das Fell der Kline zurecht und wies mit dem Kinn zu den Lasten. »Es ist spät, der Weg zu euren Pferden wäre lang. Die Tiere sind da?«
»Ja, Herr.« Die Knaben legten die Decken und Säcke nieder und zogen sich zurück, als Alexander die Hand bewegte.
Der Melder trat näher, legte die Hand an die Brust und reichte dem König eine zerknitterte Rolle.
»Die Anordnung des feindlichen Lagers, Herr.«
»Es ist gut; geh schlafen.« Alexander entrollte den Papyros, überflog die Mitteilungen seiner Aufklärer, runzelte die Stirn und legte die Rolle beiseite.
»Spielt«, sagte er. Mit den Fingerspitzen rieb er seine Schläfen, dann fuhr er sich mit den Händen über die Augen.
Tekhnef sprach halblaut; ihre rauhe Stimme klang nach Staunen und Mitleid. »Solltest du nicht schlafen, Herr? Du bist erschöpft, und wir alle brauchen deine Kraft.«
Alexander blinzelte; er ließ sich auf die Kline sinken und starrte hinauf ins Zeltdach. Die meisten Kerzen und Fackeln waren niedergebrannt; nur einige Öllämpchen flackerten noch.
»Die Nacht sickert in meinen Kopf.« Seine Worte waren kaum zu hören. »Die dunkle Hälfte des Kosmos. Mein dunkler Teil, der mich übernehmen will. Ich hasse Schlaf. Spielt.«
Dymas leerte seinen Becher und füllte Wasser nach statt des schweren Weins. Er spielte eine Folge gleitender Töne, weh und weit, schwarzer Wind auf Brackwasser. Tekhnef blies schrille Klagelaute darüber, wechselte bald in eine mildere Lage und folgte dem Kitharisten in ein schweifendes Nachtlied, die Halbträume vor dem Schlummer. Alexander lag mit geschlossenen Augen, seine Brust hob und senkte sich langsam, gleichmäßig. Dymas dachte zerstreut an die Geschichten, die man sich erzählte über die Nachtgewohnheiten des Königs und darüber, daß er den Wein schmähte, der anderen zu Schlaf verhelfen mochte, nicht aber ihm, der zu oft gesehen hatte, wie der Wein seines Vaters dunkle Hälfte, Zank und Gebrüll hervorbrachte.
Als das Stück eigentlich beendet war, nahm Dymas den Hauptteil noch einmal auf, änderte ihn ab, dumpfer und weicher, spielte abermals zu Ende, umwunden von Tekhnefs Verzierungen.
Weitere Kostenlose Bücher