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Alexander

Alexander

Titel: Alexander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Mann
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er, während er über sich selbst berichtete. Ohne Gewissensbisse genoß er das Unerlaubte und Frivole dieser Situation. –
    Kandake war eine nicht mehr ganz junge, aber unvergleichlich prachtvolle Dame. Das geraffte Schleppenkleid, das sie trug, war aus weichem und besticktem Glitzerstoff; Blumen, Vögel und Figuren zierten den weiten Rock und die gepufften Ärmel. Aus der Frisur hingen ihr Perlentrauben und diamantene Rosen, auch ihre weißen Hände waren schwer von Diamanten, blauen und roten Juwelen. Sie war etwas breit, streng betrachtet beinahe dick; doch vergaß man es gerne, da sie sich anmutig zeigte. Ihre milchig zarte Haut schien makellos, freilich nicht frisch, sondern von reifer, klug behandelter Schönheit.
    Mit verlockendem Augenaufschlag begrüßte sie Alexander, den man ihr als General vorstellte. »Mein Sohn ist Euch sehr zu Dank verpflichtet, also auch ich«, sagte sie würdig, dabei verführerisch. – In der großen Halle ihres Palastes war das Empfangsmahl angerichtet.
    Drinnen duftete es, daß man die Augen schließen mußte; die Götter wußten, was sie hier verbrannte. Aus bunten kleinen Pfannen stiegen silberne und blaue Dämpfe auf.
    Wenn man sich an das von Wohlgerüchen satte Halbdunkel gewöhnt hatte, merkte man, daß man in einem Zaubersaal war. Aus den Wänden wuchsen Palmen und Blütenbüsche, unter der ins Unendliche gewölbten Decke kreisten in ihrem purpurn-goldenen Lichte Sonnen, Monde und Planeten. Schwarze Papageien sangen aus ihren Käfigen wie Nachtigallen, zwischen allen Geräten turnten Affen, die reden und zanken konnten, am hübschesten waren die gelben, roten und grünen kleinen Katzen mit vergoldeten Pfötchen.
    An einem runden Tisch voll duftenden Geschirrs saß Madame Kandake, auch Alexander mußte sich setzen. Zwerge waren es, die servierten, mindestens hundert. Sie hatten alle niedliches Pelzwerk an, graues, gemustertes, buntes; so trippelten sie herbei, mit runzligen, andachtsvollen Gesichtern. In den bauchigen Schüsseln, die sie hielten, dampften unerhörte Gerichte.
    Alexander aß mit Genuß, seine Wirtin stützte ihr träges, seidig schimmerndes Gesicht in die ringbeschwerten Hände, sie beobachtete ihn mit schlaftrunkener Zärtlichkeit; »Wie schmeckt es, mein General?« –
    Nachher, in dem teppichverhangenen Kabinett, in das sie ihn geleitet hatte, reichte sie die lange, silberne Pfeife: »Rauchen wir!« – wobei sie sich dehnte und reckte, daß an Busen und Frisur Geschmeide klingelte. Sie handhabte die Pfeife mit bedachter Anmut, wie ein Schäfer seine schönste Flöte.
    »Ich habe noch nie geraucht«, behauptete Alexander, immer noch etwas störrisch, obwohl er viel gegessen und getrunken hatte. Sie wiegte sich, daß es ihn bezaubern sollte. »Mein Generali« bettelte sie mit gurrenden Kehlkopflauten. »Es wird Ihnen gut tun, mein Hephaistion.«
    Daß sie ihn Hephaistion nannte, schmeichelte ihm wieder und verwirrte ihn angenehm. »Ich will nicht«, widersprach er nur noch sanft. »Du bist nicht du«, sagte sie plötzlich; worauf er das Gefühl hatte, als wiche der Boden ihm unter den Füßen.
    Mit runden und vollendeten Bewegungen röstete sie das bräunliche Gift über der kleinen Flamme, die in einem Lämpchen brannte. Das Präparat roch köstlich, mit silbernen Instrumenten tat sie es in die Pfeife, an der er, über die Flamme gebeugt, mit aller Kraft ziehen mußte.
    Nach dem ersten Zug glaubte er, daß ihm übel würde; aber er hörte tröstend ihre sonore Flötenstimme: »Es ist harmlos«; dabei legte sie ihm die kühle und fleischige Hand auf seine glühende Stirne. »Mach die Augen zu!« riet sie singend. Er behielt sie lieber halb offen, denn er sah gern über sich ihr großes Gesicht mit den breiten mattweißen Wangen, den schläfrigen Augen, dem breiten, unanständig halbgeöffneten Mund.
    »Bist du gerne nicht du?« fragte sie lüstern.
    »Sehr gerne«, lallte Alexander, der ins Bodenlose sank.
    »Wollen wir zusammen schlafen?« fragte sie und winkte mit den verhangenen Augen. »Ich schlafe nicht mit Frauen«, wehrte sich der falsche Hephaistion. »Du nicht«, neckte sie ihn, »aber schon du – nicht du, weil nicht du – doch du schon, oh, wie sehr –«
    Der feuchte Kuß, mit dem sie seine Antwort erstickte, roch nach Gewürzen. »Küsse mich nicht so fett!« grollte er noch. Aber jetzt hatte er die Augen geschlossen.
    Aus der Silberpfeife nahm er ein paar tiefe Züge, da wich die Decke, auch die Wände gingen auseinander. Kreise

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