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Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache

Titel: Alexandra von Stietencron Bd. 1 - Purpurdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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Purpurdrachen, ja. Je mehr es von sich preisgab, desto verwirrender wurde alles. Es fehlten die eindeutigen Antworten. Das Puzzle lag nach wie vor ungeordnet auf dem Tisch.
    Am griffigsten erschien das erschreckendste aller Szenarien: Dass er selbst die Bestie war. Aber das durfte nicht sein. Es konnte nicht sein. Es war u-n-m-ö-g-l-i-c-h. Und doch …
    Marlon kniff die Augen zusammen und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Grauenvolle Bilder prasselten auf ihn ein. Bilder aus Horrorfilmen vermischten sich mit Szenen, die aus der Wirklichkeit stammen konnten. Das eine war nicht vom anderen zu trennen. Blut. Fleisch. Knochen. Schreie. Kreischen. Dumpfe Schläge. Dazwischen grelle Lichtkegel. Dumpf pochende Techno-Beats. Zerplatzende Teddybären. Scheinwerfer in weit aufgerissenen Augen. Ein Drache. Hautfetzen an Dornenbüschen. Dampfende Wunden. Eine einsame Landstraße. Roter Schleim auf Chrom. Ein verendendes Reh in seinen Armen, dessen Kopf sich in das blutige Gesicht einer Frau verwandelte, deren Züge sich mit denen von Sandra, Juliane und Viviane vermengten.
    Marlon schrie. Das Echo hallte zwischen den Türmen aus Metall und zusammengepressten Autowracks. Er sprang auf und schlug mit der Stirn gegen die Aluminiumwand des Trailers. Einmal. Noch einmal. Es tat gut. Es hämmerte die Bilder aus seinem Kopf. Ein weiterer Schlag. Dann war alles fort. Er musste handeln, auch wenn er bereits am Ende seiner Kräfte war. Er musste sich selbst beweisen, wer er war. Täter, Opfer – oder beides. Und dazu blieb ihm nicht mehr viel Zeit.

[home]
    44 .
    J ulia klang erschöpft. Die Hitze mache sie fertig, und die Kleine habe gerade einen Wachstumsschub, sei den ganzen Tag quengelig und wache mehrmals pro Nacht auf. »Kommst du denn am Wochenende? Mama und Papa freuen sich schon. Wir wollen grillen, und du hast dich bestimmt drei Wochen nicht blicken lassen.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Alex und rubbelte sich die Haare trocken. Nach dem Duschen hatte sie nur schnell das T-Shirt übergeworfen, das jetzt an ihrem nassen Rücken klebte, und war Hals über Kopf in das Wohnzimmer gerannt, als das Handy geklingelt hatte.
    »Tut mir leid, aber im Moment geht hier alles drunter und drüber«, nuschelte sie.
    »Ich habe es im Fernsehen gesehen. Fürchterlich. Und meine kleine Schwester mittendrin.«
    Schon wieder dieser bemutternde Tonfall. Wahrscheinlich konnte Julia nicht anders. Bemuttern war seit je ihre Stärke gewesen, und in den letzten drei Jahren war es zu ihrem Ganztagsjob geworden.
    »Ja, eine entsetzliche Geschichte«, antwortete Alex. »Da habe ich mich auf eine Stelle in der ruhigen Provinz beworben, und dann das.« Sie ließ sich in das sandfarbene Sofa fallen und begann gedankenverloren damit, den Nagellack, die Feile und die Nagelschere, die sie auf dem Wohnzimmertisch bereits für eine Pediküre plaziert hatte, parallel auszurichten.
    »Du hättest doch auch hierbleiben können.«
    »In Düsseldorf war nirgends was ausgeschrieben, Jule. Es gab nur diese eine Stelle als Pilotprojekt, und die hat nun mal exakt auf das gepasst, was ich machen will.«
    »Hm.« Alex konnte sich Julias Gesichtsausdruck vorstellen. Eine Mischung aus pikierter Gouvernante und beleidigter Leberwurst. »Ich halte jedenfalls überhaupt nichts davon, dass du dich mit so fürchterlichen Sachen befassen musst. Ich denke immer noch, du hättest dich hier mit einer schönen Praxis selbständig machen können. Das Geld hättest du von Papa gewiss bekommen.«
    Genau, Jule, und deswegen habe ich es nicht gemacht.
    »Ich weiß gar nicht, was ich meinen Freundinnen sagen soll. Die sehen das auch im Fernsehen und fragen mich, ob
du
da die Verbrecher jagst«, sagte Julia und klang dabei so, als würde sie gerade den Porsche zurückgeben, weil er in der Garage zu viel Platz für den X 5 mit dem eingebauten Kindersitz wegnimmt. »Außerdem ist das doch total gefährlich. Hast du denn wenigstens immer die Weste an, die Papa …«
    »Jule, bitte.« Wütend warf Alex das Handtuch auf das Sofa und ging in die Küche. »Die Weste ziehe ich an, wenn ich die Weste brauche. Wenn du so ein Kevlar-Ding anhast, ist das, als würdest du im Sommer mit einer Daunenjacke rumlaufen.«
    »Aber die ist doch ganz dünn. Die war irre teuer, Papa hat das neueste …«
    »Ich weiß, Jule. Trotzdem. Ich bin schon groß.« Alex öffnete den Kühlschrank, der weitgehend mit Gemüse, Milch und Joghurts gefüllt war, nahm eine eiskalte Flasche Bitter Lemon heraus und hielt sie

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