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Alias XX

Alias XX

Titel: Alias XX Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Ross
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wurden dabei den Klassikern, die von den deutschen Spezialisten erkannt werden konnten, vorgezogen, manche der Mädchen aber erwiesen sich als ein wenig zu originell:
     
    Wär’ Stalins Schwanz
    Doppelt so dick
    Wie Hitlers Arschloch breit,
    Würd’ juchzen er und jubilieren:
    » Mensch, Josef, bist ’n toller Brummer,
    Schieben wir gleich noch ’ne Nummer. «
     
    Harriet hatte die verantwortlichen Mädchen in scharfem Ton zurechtgewiesen, konnte sich dabei aber nicht des Gefühls erwehren, dass ihnen diese Zensurbemühungen ebenso aufgesetzt erschienen wie ihr selbst. Zumindest würden sie ihrem armen Vorgesetzten eine weitere Peinlichkeit ersparen und damit erneut eine Krise von nationaler Bedeutung abwenden.
    Wenn sie ihre persönlichen Krisen nur ebenso leicht lösen könnte. Von Ashwell war sie direkt nach Burnham Chase gefahren und damit zu einer erbitterten Auseinandersetzung. Sie und ihr Vater waren politisch noch nie einer Meinung gewesen, hatten ihre Differenzen aber immer im höflichen Plauderton ausgetragen – bis Churchill kam. Ihr Vater verachtete ihn, während Harriet, ohne die Augen vor seinen Fehlern zu verschließen, ihn fraglos als den Mann der Stunde ansah. Der Privatmann hatte seine privaten Fehler, die sich in der Öffentlichkeit jedoch als Tugenden erwiesen.
    »Ich behaupte doch gar nicht, dass man ihn zu einem Heiligen machen sollte, Vater«, hatte sie beim Mittagessen zu ihm gesagt. »Aber als Premierminister ist er mir lieber als jeder andere.«
    »Churchill«, hatte ihr Vater darauf erwidert, »ist ein halbblütiger Bastard. Er ist labil, verdorben, unzuverlässig – und er ist kein Gentleman.«
    Ein halbblütiger Bastard, weil seine Mutter Amerikanerin war. »Dein Enkel, solltest du damit einmal gesegnet werden, wird ebenfalls ein halbblütiger Bastard sein.«
    Das Gesicht ihres Vaters lief hochrot an. »Churchills Mutter ist eine Frau mit mehr als einer Vergangenheit. Churchill ist ein Prolet und Gangster.«
    »Er ist …«
    »Ein Abenteurer und Dipsomane.«
    »Mal abgesehen von seinen charakterlichen Eigenschaften«, sagte sie, »hatte er sich in seiner Opposition gegen deinen Mr. Hitler als sehr weitsichtig erwiesen, ebenso in seiner Ablehnung der Beschwichtigungspolitik und …«
    »Die Beschwichtigungspolitik war lediglich der …«
    »Und in seiner Ablehnung des Faschisten Mosley und seiner abgerichteten Hanswurste.«
    Ihr Vater knallte sein Glas auf den Tisch. » So wirst du
nicht … « , begann er, und dann erst bemerkte er, dass das Glas in seiner Hand zerbrochen war, ohne dass er sich daran geschnitten hatte.
    Der Diener an der Anrichte zögerte, worauf ihr Vater auf ihn losging. Ob er nicht angestellt sei, den Tisch abzuräumen? Ob er nicht bemerke, dass das Glas zerbrochen ist? Ob er nicht dazu in der Lage sei, die Scherben wegzuräumen? Das von ihrem Vater, der während des Essens den Bediensteten nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkte. Harriet hatte ihre Serviette neben den Teller gelegt und sich entschuldigt. Sie hatte Charlotte angewiesen, ihre Sachen zu packen, und war bei Sonnenuntergang wieder in London eingetroffen.
    Harriet trocknete sich das Gesicht ab. Earl war bereits fort gewesen, als sie von Burnham Chase zurückkehrte, aber daran war nichts Ungewöhnliches. Seine Aufgaben brachten es mit sich, dass nie im voraus feststand, wie seine Tage aussahen. Sie hatte die US-Botschaft angerufen, wo man ihr mitteilte, dass ihr Mann unabkömmlich sei. Als sie um weitere Informationen bat, wurde ihr ausweichend geantwortet. Sie akzeptierte das. Unwissenheit – und der Official Secrets Act – waren der Preis, den sie für ihre Ehe zu zahlen hatte. Einmal war Earl für beinahe zwei Wochen verschwunden gewesen, ohne ihr Bescheid gesagt zu haben. Als er strahlend und zufrieden nach Hause kam, hatte sie vermutet, dass er den Isolationisten und Faschistenanhängern in Kennedys Botschaft wieder ordentlich eingeheizt hatte. Es gab nichts, was ihm mehr Spaß machte.
    Na ja, vielleicht gab es doch ein paar Dinge, die ihm mehr Spaß machten. Sie lächelte. Ein stürmischer Mann war in ihrem Wohnzimmer, der darauf wartete, von seinem hübschen Mädchen begrüßt zu werden.
     

11
 
1. Dezember 1941, Abend
    »Gottverdammte Milchsuppe.« Rugg spuckte auf das Pflaster, das er kaum erkennen konnte. »Wie soll’n wir da den vermaledeiten Yank finden?«
    »Chilton sagt« – Renard neben ihm beschleunigte seine Schritte –, »sucht ihn, seid nett zu ihm.«
    Rugg ließ einen

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