Alibi in High Heels (German Edition)
schüttelte er den Kopf und lächelte dann, bis sich das Grübchen in seiner linken Wange zeigte. »Komm her.«
Ich hob die Hand. »Oh nein. Du bist an der Reihe.«
Sein Lächeln flackerte kurz, dann gab er nach und stieg aus dem Bett. »Na gut. Aber wenn ich rauskomme, ist dieses Handtuch da verschwunden.«
Als er sich an mir vorbeidrückte und im Badezimmer verschwand, warf ich ihm meinen verführerischsten Blick zu.
Doch sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, ließ ich das Handtuch fallen, schlüpfte schnell in einen Jeans-Minirock, ein pinkfarbenes kurzes T-Shirt und ein leichtes Jäckchen, das zu meinen schwarzen Ballerinas passte. Erleichtert stellte ich fest, dass das Wasser immer noch lief. Ich griff mir meine Handtasche und die Krücken und war aus der Tür.
Ich weiß – Ramirez so auszutricksen war mies. Vor allem weil er gerade so süß zu mir gewesen war. Aber ich wollte Gisellas Agentin auf keinen Fall befragen, wenn Ramirez meinen Bodyguard spielte. Und sosehr ich ihn auch liebte, ich hatte nicht vor, diese Sache der Polizei zu überlassen.
Das Problem mit Ramirez war, dass er kein Grau kannte. Für ihn gab es nur Schwarz oder Weiß. Cops: gut. Kriminelle: schlecht. Opfer waren Opfer, und wenn man sich hinter Gittern wiederfand, gab es vermutlich auch einen guten Grund dafür. So kam es auch, dass Ramirez und ich neunzig Prozent der Zeit damit verbrachten, uns die Köpfe einzuschlagen. Denn für mich war alles grau. Manchmal fragte ich mich, ob Ramirez nicht mit einer Freundin, die sich regelmäßig in einer Arrestzelle wiederfand, überfordert war. Und die, wenn die Umstände es erforderten, auch vor Einbruch nicht zurückschreckte. Ob Ramirez damit klarkam, wenn etwas grau war. Und an Tagen wie diesem fragte ich mich, wie lange er es noch um meinetwillen versuchen würde.
Vor allem, wenn er jetzt das Zimmer leer vorfand.
Ich versuchte, an etwas anderes zu denken, und winkte, vor dem Hotel angekommen, ein Taxi heran. Als wir anfuhren, warf ich einen Blick zurück, aus Angst, Ramirez könnte jeden Moment nur mit Boxershorts bekleidet aus dem Eingang stürzen. Doch glücklicherweise schlängelten wir uns schon durch den morgendlichen Verkehr, als mein Handy klingelte und das Display die Durchwahl meines Hotelzimmers anzeigte.
Ich überlegte kurz und drückte dann mit einer Anwandlung von katholischem Schuldgefühl den Anruf weg.
Auch wenn Moreau mich nie offiziell des Mordes an Gisella beschuldigt hatte, die Presse hatte mich, das wusste ich, bereits verurteilt. Wenn ich nicht herausfand, wer es wirklich getan hatte, konnte ich meine Karriere als Designerin vergessen.
Ramirez, dessen war ich mir sicher, würde Verständnis dafür haben. Schließlich tat ich ja auch nur meine Arbeit.
Fünfzehn Minuten (und zwei weitere Anrufe) später hielten wir vor dem Hôtel de Crillon, das relativ Paparazzi-frei war, weil sämtliche Reporter der Stadt immer noch das Le-Croix-Zelt und das Plaza Ath é née belagert hielten. Ich legte einen kurzen Stopp in der Lobby ein, um a) mir eine Tasse Kaffee zu kaufen, und b) zu fragen, welches Zimmer Donata Girardi hatte. Natürlich bekam ich von dem diensthabenden jungen Mann, einem kleinen, pummeligen Typ mit schlimmer Akne, zu hören, dass es gegen die Vorschriften des Hotels verstoße, eine solche Information herauszugeben. Stattdessen reichte er mir einen Telefonhörer und wählte selbst Donatas Nummer. Ich hatte Glück: Sie war da. Und willigte ein, mich zu sehen, nachdem ich ihr kurz erklärt hatte, wer ich war.
Ich stürzte meinen Kaffee hinunter und ging zu den Aufzügen. Es fiel mir nicht leicht, die »Wilhelm-Tell-Ouvertüre« zu ignorieren, die wieder aus meiner Tasche kam, als ich an Donatas Tür klopfte. Ich hörte Geräusche auf der anderen Seite, dann wurde die Tür von einer schlanken Frau in den Fünfzigern geöffnet, mit dichtem schwarzen Haar, dichten schwarzen Wimpern und – vermutlich, weil sie auf Veet-Creme verzichtete – einem dichten schwarzen Schnurrbart. Sie trug ein blassblaues, schmal geschnittenes Kostüm, um den Hals einen geknoteten cremefarbenen Schal und an den Füßen spitze Lederpumps. Ihre Augen waren leicht zusammengekniffen, als hätte man ihr erst vor Kurzem das Gesicht tüchtig stramm gezogen, und die Lippen spitzten sich unter dem korallenfarbenen Lippenstift auf unnatürliche Weise. Trotz der offensichtlichen Eingriffe sah ich an ihren hohen Wangenknochen, dass sie einmal eine von Natur aus schöne Frau
Weitere Kostenlose Bücher