Alice Browns Gespuer fuer die Liebe
überteuerten Weins geleert. Die Bar hatte erst vor einer Woche eröffnet, und sie hatten großes Glück gehabt, den letzten freien Tisch zu ergattern, an dem sie leider in eine kleine Ecke gezwängt gleich vor den Toiletten saßen.
»Lass dich nie wieder auf den ein«, riet Kate ihr entschieden. »Schließlich hat er dir nur zu deutlich gezeigt, wie wichtig du ihm wirklich bist.«
Lou verzog das Gesicht. Kate hatte die nervige Angewohnheit, den Nagel immer mitten auf den Kopf zu treffen.
»Als würde ich mich je wieder auf dieses rückgratlose, kleinschwänzige Sackgesicht einlassen«, entgegnete Lou abschätzig.
»Dann ist es also endgültig aus?«
»Es hatte ja nicht mal richtig angefangen«, erwiderte Lou.
»Also war’s das jetzt wirklich? Kein Sex mehr mit Tony?«
Lou trank einen großen Schluck Wein. Kein Sex mehr mit Tony. Das klang gewöhnungsbedürftig.
»Lou! Komm schon!«, rief Kate empört. »Er hat sich für Suzy entschieden!«
»Als wollte ich, dass er meinetwegen seine Frau verlässt!«, gab Lou schnippisch zurück. »Ich ficke ihn bloß. Großer Gott!«
Beide schwiegen.
»Also dann, wie ich schon sagte … Kein Sex mehr mit Tony.«
»Manchmal brauche ich das aber, und Tony ist eben in der Nähe!«
»Tja, dann musst du dich wohl in Zukunft in Selbstbeherrschung üben.«
»Ich halte nichts von Dingen, die man üben muss.«
»Du weißt genau, was ich meine!«
»Hör zu, das kleinschwänzige Sackgesicht ist Geschichte«, erklärte Lou mit mehr Nachdruck. »Darum wollte ich heute Abend hierherkommen. Und mir mal die Fische in einem anderen Teich anschauen. Abchecken, ob’s hier irgendwelche netten Angelruten zum Anknabbern gibt.«
Die beiden Frauen nippten an ihrem Wein und schauten sich in der Bar um.
Alles in allem gar nicht so schlecht, dachte Lou. Um sie herum gruppierten sich gut betuchte Anzugtypen; nicht die rauen Arbeiter, die sie sonst bevorzugte, aber ganz okay für einen Donnerstagabend.
»Fick die Henne!«, fluchte Kate plötzlich laut.
»So was Ähnliches hatte ich tatsächlich vor«, entgegnete Lou, ohne eine Miene zu verziehen.
Kate zog den Kopf ein und die Schultern hoch.
»O nein! Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
Beunruhigt musterte Lou ihre Freundin. Kate fluchte sonst nie, und wenn, dann beschränkte sie sich auf eher harmlose Kraftausdrücke wie ›Mist‹ oder ein gelegentliches ›Dreck‹. Es brauchte schon einiges, um sie dazu zu bringen, das böse S-Wort in den Mund zu nehmen.
»Dahinten ist er!«
»Wer?« Neugierig schaute sich Lou in der Bar um.
»Nein, guck nicht hin! Der Idiot! Dieser schreckliche Mensch, mit dem ich ein Date hatte. Der gesagt hat, ich sei fett, und der sich über meinen Nachnamen lustig gemacht hat.«
»Was, Sebastian?«
»Psssst! O Gott, nein, das glaube ich einfach nicht.«
»Welcher ist es? Wo?«
»Da drüben …« Kate gab ihr ein Zeichen mit den Augenbrauen und drehte den Kopf dann schnell wieder weg.
»Was denn, der Süße da drüben?«
»Lou!«
»Ja wie? Ich meine ja nur! Der ist rattenscharf!«
»Wir müssen hier weg. Sofort«, flehte Kate sie an. Sie klang, als sei sie den Tränen nahe.
»Okay, ich trinke nur schnell mein Glas aus.«
»Nein, ich meine jetzt sofort ! Der darf mich auf gar keinen Fall sehen. Sonst reißt er bestimmt einen fiesen Witz über meine Figur.«
Lou guckte Kate durchdringend an. » Du , Kate Biggs, bist ein Sahneschnittchen, und er ist ein Scheißkerl allererster Güte. Und schleimig noch dazu. Er sieht total künstlich aus, und so scharf ist er nun auch wieder nicht. Ehrlich, bestimmt hat er schlechte Zähne und einen Schwanz wie ein Bleistiftstummel.«
»Das hilft mir nicht«, zischte Kate hinter ihren Haaren hervor.
»Zum Teufel mit dem Kerl, Kate! Lass dir doch von dem nicht den Abend versauen.«
»Lou, bitte !« Kate klang jetzt richtig weinerlich.
»Okay, okay! Lass mich nur schnell bezahlen. Geh schon mal raus und warte draußen auf mich, ich kümmere mich um alles. Bin gleich bei dir.«
»Versprochen? Mach nicht zu lange. Sonst kommt er noch raus und sieht mich.«
»Versprochen. Geh raus und warte um die Ecke. Guck dir solange die Schaufenster bei Partridges an. Ich komme gleich nach.«
Seltsam vorgebeugt schob Kate sich durch die Bar, Sebastian immer den Rücken zukehrend und die Haare vor dem Gesicht. Lou sah ihr nach, bis sie den Ausgang erreicht hatte und erleichtert nach draußen flüchtete.
Dann schürzte sie die Lippen, kniff die Augen zusammen und nahm Sebastian
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