Alicia II
Muskeln hatte, war sein Gesicht von erstaunlich feinem Schnitt. Seine Haut war hell, und seine Augen, in der Farbe fast schwarz, hatten sogar im Haß noch eine überlegene Weisheit. Die zarten Linien seines Gesichts, die zu einem spitzen Kinn zuliefen, ließen ihn wie einen zu muskulösen Poeten aussehen.
»Wo ist meine Pistole?« erkundigte er sich bei Stacy.
»Ich habe sie.«
»Du gibst sie später besser zurück, du Hurensohn. Sie ist wertvoll, eine Antiquität. Niemand mehr macht Pistolen so gut wie die alten Waffenschmiede.«
»Keine Bange, du bekommst sie zurück.«
»Oh, ich habe keine Bange. Ich bin nur begierig darauf, sie wieder in der Hand zu halten.«
Er wandte seinen Kopf mir zu.
»Ihr seid ein Paar, wie?«
»In gewisser Weise.«
»Zum Teufel, was meinst du mit gewisser Weise? In was für einer Weise denn?«
»Nun, wir haben zusammen auf fremden Planeten gearbeitet, wir waren ein Team …«
»Ihr seid zwei Knallköpfe. Ihr schlaft miteinander, richtig?«
»Nicht richtig.«
»Du willst mich wohl verscheißern.« Er blickte wieder zu Stacy hin, sagte: »Na ja, vielleicht tust du es nicht. Wer könnte diesen Bastard lieben, diesen verräterischen, wetterwendischen Hurensohn? Nein, ich glaube dir. Du sagst die Wahrheit. Es liegt an mir, ich komme immer auf diesen Gedanken, wenn ich zwei Männer zusammen sehe. Erfahrung.«
»Was meinst du?« fragte ich.
Plötzlich explodierte er.
»Du Bastard, du verhöhnst mich! Ich vermisse Richard. Das weißt du, du Bastard. Ich werde dich töten, du Bastard!«
»Entschuldige. Tatsächlich habe ich über dich und Richard Bescheid gewußt – daß ihr euch geliebt habt.«
»Früher einmal. Das hat früher einmal zugetroffen. Später nicht mehr. Wir stellten fest, daß wir so nicht miteinander arbeiten konnten. Deshalb trennten wir uns, das war besser für das Team. Aber, Jesus ficke euch alle, ich vermisse diesen fetten Hurensohn. Ich werde dich töten. Mach dich darauf gefaßt, ich erwische dich. Ich würde euch beide töten, wenn sie mich ließen.«
»Ließen?«
»Sie würden mir den Arsch aufreißen, wenn ich deinen Freund hier zum Kadaver machte. Sogar ich habe genug Verstand, ihn in Ruhe zu lassen. Aber ich wünschte, ich könnte ihm seinen feigen, verräterischen Kopf wegpusten. Richard hätte dich nicht davonkommen lassen, Stacy, ganz gleich, wie streng sie es ihm verboten hätten. Er hätte dich fünfzig Stockwerke hinuntergeworfen, genau wie diesen blöden Kerl heute. Ich sehe immer noch das entsetzte Gesicht dieser Laus vor mir, als ihm aufging, daß er über das Geländer gehievt werden würde. Ich wette, in dem Augenblick hat er angefangen, sich in die Hose zu machen. Ich wette, er hat den ganzen Weg die fünfzig Stockwerke hinunter geschissen.«
Abrupt hörte er zu sprechen auf. Als er sich Pierres Tod ins Gedächtnis zurückrief, war sein charmantes Lächeln zurückgekehrt. Ich wollte nicht, daß dieser Mann über meine verstümmelte Leiche lächelte. Ich durfte es nicht zulassen, daß er mich erwischte, nicht jetzt, nicht nach dem, was Ben mir über die Operationen erzählt hatte. Und doch konnte ich ihn nicht töten.
An diesem Abend sagte er nichts mehr zu mir. Stacys »Jemand« kam – tatsächlich waren es ein Mann und eine Frau, die Triplett behutsam zwischen sich nahmen und ihn wegführten, wahrscheinlich zu einem wartenden Fahrzeug. An der Tür gab Stacy einem von ihnen Tripletts Pistole. Nachher sah er mich an, als erwarte er, ich werde ihn mit weiteren Fragen löchern. Doch plötzlich fühlte ich mich dazu viel zu müde.
»Ich brauche auf der Stelle etwas Schlaf«, sagte ich.
»Gute Idee. Sie bringen Triplett an einen Ort, der in einiger Entfernung von hier liegt. Es ist nicht anzunehmen, daß er in Kürze hierher
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