Alicia II
niederregnen. Ich hörte Mary lachen. Der Mann mit dem Ring packte meinen Gürtel, zog mich hoch und schleuderte mich fort, als bedeute mein Gewicht ihm nicht mehr als ein leichter Wasserball. Ich schlug schwer auf dem Boden auf und rutschte in ein anderes Fußbodenloch, das von seinen Insassen bereits verlassen worden war. Mein Körper verdrehte sich und fiel gegen eins der Sensor-Kissen, das immer noch sendete. Inmitten meiner Schmerzen empfand ich eine glückselige Freude, daß es so viele wundervolle Aspekte des Todes gab. Ich sah hoch. Ein Gorilla faßte nach unten. Der Griff drückte deutlich die Einladung an mich aus, weiter mit ihm umherzutollen. Mary stand über ihm und sah entzückt aus.
Dem Gorilla gelang aus seiner ungünstigen Position heraus ein Rückhandschlag, wobei sein Ring weiteren Schaden anrichtete. Währenddessen zog mich sein Kollege grunzend und fluchend aus dem Fußbodenabteil hinaus. Mary feuerte ihn an. Ein paar andere Zuschauer taten desgleichen.
Die Lichter gingen plötzlich aus. Die Dunkelheit war so vollkommen, daß ich überzeugt war, es sei die Anfangsphase des Todes, ein Zustand, der mir willkommene Erleichterung bieten mochte. Mit schwindendem Bewußtsein nahm ich wahr, daß der Gorilla mich plötzlich losließ. Anscheinend war seine Hand mit einiger Gewalt weggerissen worden. Andere, weniger muskulöse Hände hoben mich auf. Hilfe kam von verschiedenen Quellen, und als ich ohnmächtig wurde, merkte ich noch, daß ich in der allgemeinen Richtung auf die Bühne zu transportiert wurde. Vielleicht, dachte ich, bin ich nun zu einem Teil der Vorstellung geworden.
12
Als ich wieder zu mir kam, ließ der Schmerz nach, ein Zeichen, daß an mir Reparaturarbeit vorgenommen worden war. Nur hier und da ein Zwacken erinnerte an den Kampf.
Obwohl ich mich an einem fremden Ort befand, erkannte ich ihn sofort an den Vorhängen und technischen Ausrüstungen.
Ich war hinter der Bühne eines Theaters.
Jemand berührte meinen Arm. Ich drehte den Kopf und sah die Schauspielerin, die mich geküßt hatte, deren Gesang dem Aufruhr vorangegangen war. Sie wirkte nicht mehr schön.
Streifiges Make-up und Schweißperlen riefen die Illusion einer Maske hervor, die sich von ihrem Gesicht ablöste.
»Lieg still«, sagte sie, als ich mich aufsetzen wollte. Ich lag auf irgendeiner Liegestatt. »Laß die Salben und Chemikalien wirken. Du bist beinahe so schön wie an dem Tag, als dich die Mutter eines anderen geboren hat.«
»Die Mutter … eines anderen?«
In dem Augenblick, als ich sprach, merkte ich, wie benommen ich war. Die Schauspielerin nahm ein Handtuch, das sie im Schoß liegen hatte, und wischte das Make-up von ihrem Gesicht. Ich fürchtete mich davor, die Frau hinter der Maske zu sehen.
»Wer immer die hübsche Hülle produziert hat, die du so ungerechtfertigt bewohnst.«
»Ach so … Politik.«
»Ja … Politik.«
Ihr natürliches Aussehen war weder nymphenhaft noch schön. Ein Bogen in ihren Augenbrauen und die seltsam verzogene Linie ihres Mundes ließen sie finster erscheinen.
Aber ihre braunen Augen waren freundlich, und sie hatte eine niedlich schulmädchenhafte Stupsnase.
»Wie … heißt du?«
»Brunnhilde.«
»Dein … wirklicher Name?«
»Natürlich ist er das nicht, aber du wirst meinen wirklichen Namen nicht aus mir herausbekommen. Und wie heißt du?«
»Voss … Vossilyev Geraghty.«
»Ist das dein wirklicher Name?«
»Ja.«
»Kein Bühnenname?«
»Nein … Irischer Vater, russische Mutter, in diesem Land geboren. Was früher dieses Land war.«
»Okay, Voss, aber wenn du je ins Schaugeschäft willst, wird dieser Name sich auf einem Plakat nicht gut machen.«
Ein Mann, gekleidet
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