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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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wollte, und das gefiel mir gar nicht.
    »Üblicherweise Organe. Obwohl schon alle möglichen Tricks versucht worden sind. Kürzlich las ich, ein Knochen sei entfernt und durch eine Plastik-Nachbildung ersetzt worden, die so präpariert war, daß sie sich nach der Erneuerung langsam im Körper auflöste. In der Hülle, wie viele Leute es so unelegant nennen. Eine Hülle nennen sie den Körper, als habe er nie zuvor Leben in sich getragen oder als sei er von jemandem weggeworfen worden, der ihn nicht mehr wollte …«
    »Hör mal, ich schaudere schon genug. Deshalb kannst du das philosophische Beiwerk lassen. Meine Knochen fühlen sich im Augenblick okay an, aber …«
    »Immer mit der Ruhe, es ist nur ein Fall mit dieser Knochensache aufgedeckt worden. Meistens handelt es sich um die lebenswichtigen Organe.«
    »Wie mich das tröstet!«
    Im Geist erkundete ich meine Innereien. Ich entdeckte alle möglichen Fehlfunktionen, die ich nie zuvor bemerkt hatte.
    »Ein Schlüssel-Sabotageakt ist die Entfernung eines Organs. Sagen wir, es wird eine Niere herausgenommen. In der Erneuerungskammer, wo das gesamte fähige Personal überarbeitet ist (ganz zu schweigen von der Mehrzahl des unfähigen) prüft niemand den Körper – die Hülle – so sorgfältig nach. Eine kleine Narbe sieht wie die andere aus, und es gibt keinen Grund, übermäßig genau zu sein. So wird die Tatsache, daß ein Organ entfernt wurde, erst entdeckt, wenn der Erneuerte zum ersten Mal zum Arzt geht. Selbst dann ist es keine große Sache, es sei denn, die noch übrige Niere funktioniert nicht richtig, und dann kann immer noch eine Transplantation vorgenommen werden. Der Zweck ist nur, dem Erneuerten Ärger zu bereiten, verstehst du? Es ist ein in die Zukunft verschobenes kleines Stückchen Revolution seitens des Ausgemusterten, der sich in der Kammer melden muß.«
    »Ich verstehe nicht ganz, was das alles soll, Ben. Du sagst, die Ausgemusterten lassen sich operieren, bevor sie sich in die Erneuerungskammer begeben, nur um dem Körper, der einen neuen Eigentümer bekommen wird, Schaden zuzufügen?«
    »Jawohl. Sie gehen zu den sogenannten radikalen Ärzten, die all das in einer Art Untergrundbewegung tun, und lassen nach ihrer Wahl etwas zerstören oder so ändern, daß es Unbehagen hervorruft. Tatsächlich sind Operationen wie die Entfernung einer Niere zwar einfach, aber ziemlich selten, weil so etwas sogar bei einer flüchtigen Untersuchung in der Kammer leicht entdeckt und repariert werden kann. Die meisten Sabotageakte sind subtiler und schwerer festzustellen – und übrigens auch schmerzhafter. Es gibt komplizierte Implantationen in der Aorta, die leichte Schmerzen hervorrufen und eine außerordentlich gefährliche Operation verlangen. Und dann gibt es eine Zeitbomben-Technik, die man auf das Rückenmark anwenden kann – es bricht ein paar Tage, nachdem der Erneuerte seinen Körper erhalten hat, buchstäblich zusammen. Glücklicherweise sind die meisten Ausgemusterten gegenüber Schmerzen und Operationen ebensolche Feiglinge wie wir übrigen und lassen nichts machen. Ein Großteil der Sabotageakte besteht allein darin, daß eine Menge Backenzähne gezogen oder ein Trommelfell punktuiert wird …«
    »Mach mal eine Minute Pause. Ich kann nur eine bestimmte Anzahl bildhafter Einzelheiten in mich aufnehmen und dann …«
    »Entschuldige.«
    Ben trat an ein Fenster, das einen Hirsch auf der Flucht vor Jägern zeigte. Das braune Fell der springenden Gestalt war zerfetzt und legte stellenweise Drähte und rotes Tuch bloß.
    Ben drehte sich um und sah mich an. Ein schmerzhaftes Kribbeln überlief meinen ganzen Körper.
    »Warum werden wir in der Erneuerungskammer nicht sorgfältiger untersucht?«
    »Das ist bereits angeregt worden. Von mir und einigen wenigen anderen. Aber die meisten meiner lieben Kollegen wollen nichts davon hören. Schon vor Beginn der Sabotageakte hat die Ärztevereinigung entsprechende Maßnahmen vereitelt. Vor Jahren war einmal geplant, den Kammern Kliniken anzuschließen. Die Ärztevereinigung verhinderte das mit dem Argument, es sei besser, wenn der Erneuerte freiwillig zu einem Arzt oder einer Klinik seiner eigenen Wahl gehe. Auf diese Weise erhalte er individuelle Betreuung – und die Ärzte erhalten mehr Geld. Jetzt behaupten sie außerdem, die Anpassung nach der Erneuerung sei so schon schwer genug, und wenn eine Untersuchung einen größeren Fehler des Körpers enthülle, könne der Schock für den frisch Erneuerten zuviel

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