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Alien 3: Ewiges Licht

Alien 3: Ewiges Licht

Titel: Alien 3: Ewiges Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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weit entfernt halten, denn die Gammastrahlung wäre ziemlich
ungesund. Das einzige Problem ist, wie man das Orthidium dann aus dem
Boden der Gravitationssenke heraufschafft. Wenn ich das hinkriegte,
könnte ich die Kosten dieses Abenteuers milliardenfach
hereinholen.«
    »Sie sprechen doch nicht im Ernst?« Dorthy wurde ein
wenig schwindlig, als ob sich ihre Füße und ihr Kopf in
entgegengesetzte Richtungen bewegen wollten. Jetzt waren es mehr als
fünfzig Ge, ein halbes Dutzend Ge über der Grenze für
künstliche Schwerkraft. Am besten nicht daran denken, was
passieren würde, wenn sie versagte.
    »Es ist aber doch ein interessanter Gedanke, nicht wahr? Wenn
wir dies überleben…«
    »Wir werden.« Das sind die Gezeitenkräfte, dachte
sie. Ihre Füße waren dem Neutronenstern um anderthalb
Meter näher als ihr Kopf; und in dieser steilen
Gravitationssenke war ihre Orbitalgeschwindigkeit dementsprechend
etwas größer. Je niedriger die Umlaufbahn, desto schneller
muß man sich bewegen. Die Sterne in der Umgebung des
Neutronensterns erschienen etwas länglich. Sie waren nicht mehr
Punkte, sondern radiale Linien, die alle von dieser
gleichmäßigen roten Scheibe nach außen verliefen.
Und das Rot war jetzt noch ausgeprägter. Sie befanden sich nahe
dem Perihel, und die Flut…
    Talbeck Barlstilkin hob an und sagte: »Ich bin nicht
sicher…« Und plötzlich füllte die rote Scheibe
die Holobühne.
    Einen Moment lang hatte Dorthy das Gefühl, sie würde auf
einer Streckbank auseinandergezerrt. Sogar das Gel begann sich zu
verformen und strömte zu ihren Füßen hin. Das Schiff
ertönte wie eine Glocke. Und dann war der Neutronenstern
vorbeigehuscht. Das Schiff taumelte. Sterne rasten wie
Schwungräder über die Holobühne. Dies war das letzte,
was Dorthy sah, ehe der Beschleunigungstank ihr etwas in den Schenkel
spritzte, das sie bewußtlos machte.

 
   2
     
     
    Der Zunftkapitän Carlos Almonte hatte sich nie wohl
gefühlt bei dem traditionellen Ritual des allabendlichen
Dinierens mit den Erste-Klasse-Passagieren. Er hatte seinen Weg durch
die Hierarchie der Zunft von ganz unten her gemacht; und weil seine
Laufbahn durch die Alea-Kriege beschleunigt worden war, hatte er
keine Zeit gehabt, die notwendigen sozialen Verhaltensweisen zu
lernen: Die taktvolle Pause, die ablenkende Frage, das Geschick,
über prahlerische oder betrunkene Langweiler hinwegzusehen.
Infolgedessen gab es an seinem Tisch oft lange, steife
Gesprächspausen, wenn er eine witzige Bemerkung oder ein
abgedroschenes, aber doch elegantes Kompliment hätte machen
sollen. Oder es drängte sich eine streitsüchtige und
selbstbewußte Person in den Vordergrund, die noch weniger als
der Zunftkapitän Almonte ein Gefühl für
gesellschaftliche Feinheiten hatte.
    Aber diesmal war es nicht ausschließlich sein Fehler; denn
die Plazierung von Professor Doktor Gunasekra an dem gleichen Tisch
wie Reverend Carlos Erman Rodriguez, S.J., hatte eine explosive
Mischung geschaffen, die sogar der taktvollste und diplomatischste
Kapitän nur schwer beherrscht hätte. Der Professor Doktor
war für seine herausragende Position lächerlich jung, kaum
in den Dreißigern und aussehend wie ein Teenager, mit plumpen
Backen, scharfen, dunklen, eindringlichen Augen und glänzendem
schwarzen Haar bis auf die Schultern. Er beugte sich vor und zielte
mit einem Finger auf Pater Rodriguez, wenn er seine Pointen
vorbrachte. Und wenn Kapitän Almonte überhaupt etwas
über den autokratischen Schiffskaplan gelernt hatte, dann war
dies, daß es nichts Schlimmeres gab, als durch derart schlechte
Manieren sein Temperament zu reizen.
    Indessen schien Pater Rodriguez durch Gunasekras Suada mehr
amüsiert als verärgert zu sein. Vielleicht ebensosehr durch
die lächerlich schrille Stimme des Professor Doktors wie durch
die Argumente selbst. Kapitän Almonte hatte es nach den ersten
paar Minuten aufgegeben, ihnen zu folgen. Das war eine andere
gesellschaftliche Tugend, die er noch lernen mußte. Aber wen
kümmerte es überhaupt, woher das Universum kam, und ob es
eine Erste Ursache und einen Ersten Beweger gegeben hatte; oder ob
das ganze Ding irgendwie oder nur zufällig geschehen war? Es war
da. Das war für jeden vernünftigen Menschen sicher genug.
Den Rest konnte man Rodriguez und seinen Leuten überlassen.
    Unten an der mit weißem Leinen gedeckten Tafel, die von
Blumenarrangements strotzte (das Schiff hatte sein eigenes
Gewächshaus) und von Silberzeug und Kristall strahlte,

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