Alien Tango
Christopher. »Alle deine
Schwestern sind auch da. Und ihre Ehemänner. Und ihre Kinder.«
»O Gott.« Martini klang, als wollte er sterben.
»Und«, fügte Christopher noch hinzu, »sie sind alle sauer, weil wir
so spät dran sind.«
»Willst du mich veralbern? Wie hätten wir denn pünktlich sein
sollen, wann auch immer das gewesen sein soll? Wir waren ein kleines bisschen
beschäftigt. Wie spät ist es eigentlich?«
»Etwa acht Uhr«, seufzte Christopher. »Und die Familie isst
üblicherweise um sechs.«
»Und ohne uns zu essen und das Familienessen auf morgen zu
verschieben, wäre keine Option gewesen?«
»Niemals«, sagte Martini mit Unheil verkündender Stimme. »Im Ernst,
wenn du nach heute Abend mit mir Schluss machst, könnte ich das verstehen.
Irgendwie.«
»Jeff, ich mache doch nicht wegen deiner Familie mit dir Schluss,
auch wenn die noch so verschrullt ist.«
»Das sagt sie jetzt noch«, seufzte Christopher. »Kitty, glaub’s uns,
es wird schrecklich. Und es wird dich fertigmachen.«
»Na toll.« Mein Magen knurrte. Laut genug, dass alle es hörten.
»Zuerst essen«, sagte Martini brüsk. »Die Folter gibt’s dann zum
Nachtisch.«
Er nahm meine Hand, und wir erklommen die Stufen, allerdings nicht
mit Hyperspeed. Es war eher, als wären wir auf dem Weg zum Galgen. Keiner von
uns wollte sich zu den anderen gesellen. Ich dachte daran, was Christopher
gesagt hatte. »Wie viele Leute sind denn da oben?«
»Unglaublich viele. Etwa vierzig, vielleicht auch mehr. Ich habe den
Überblick verloren.« Christopher klang, als würde er es ernst meinen. Martini
stöhnte einfach nur.
»Jeff, hast du Blockaden hochgezogen?«
»Nicht annähernd so viele, wie ich brauchen werde.«
Ich warf Christopher einen besorgten Blick zu, und er schenkte mir
ein schwaches Lächeln. »Du hast doch Jeffs Adrenalin, oder? Und Claudia und
Lorraine haben ihre Medizinkoffer dabei. Das wird schon.« Er war ein armseliger
Lügner, aber das wusste ich ja schon.
»Wie fühlt ihr euch körperlich?«
»Okay«, sagte Christopher.
»Ich werd’s überleben«, seufzte Martini. »Auch wenn ich das
vielleicht gar nicht will.«
Wir erklommen die letzten Stufen, und ich wurde mit dem Anblick von … nicht sehr viel belohnt. Eigentlich nur ein langer Gang. Wir gingen ihn
hinunter, im Geist hörte ich bereits das Lied vom Tod. Wir umrundeten eine Ecke
und betraten endlich so etwas wie ein Zimmer, ein ziemlich großes Zimmer. »Was
für ein Raum ist das hier?«
»Die Empfangshalle. Hier kommt man sowohl von den Schleusen als auch
von der Vordertür aus rein.«
»Ähm, wie groß ist denn das Haus deiner Eltern?«
»Etwa eintausendzweihundert Quadratmeter«, antwortete Martini, als
wäre das wirklich keine große Sache.
»Wie bitte?«
»Eintausendzweihundert Quadratmeter, so Pi mal Daumen«, bestätigte
Christopher.
»Dann lebt deine Familie also in einem Schloss?« Das Haus meiner
Eltern hätte da ungefähr fünfmal reingepasst. Aus irgendeinem Grund
verunsicherte mich das ein bisschen.
»Wir waren sechs Kinder, und sogar sieben, wenn Christopher hier
war«, befand Martini in nebensächlichem Ton.
»Dann ist deine Familie also stinkreich?«
»Schätze schon.« Er sah zu mir herunter. »Spielt das eine Rolle?«
»Nein.« Das hoffte ich jedenfalls. Doch irgendwie fühlte ich mich
plötzlich, als hätte ich Steine im Magen. Vielleicht hatten die A.C. s ja auch in Klassenfragen und Geldangelegenheiten
keine Vorurteile, so wie sie Hautfarbe und sexuelle Vorlieben nicht
verurteilten. Aber Martinis Mutter mochte mich nicht – und vielleicht wusste
sie ja, dass ich wirklich absolut keine Ahnung hatte, wann ich welche Gabel
benutzen musste.
Das restliche Gepäck unseres Teams lag hier, also warfen wir auch unseres
auf den Haufen und gingen weiter.
Jetzt konnte ich Kinder hören, Schreie und Kreischen und so weiter.
Wir beendeten unseren Tagesmarsch durch die Empfangshalle und betraten etwas,
das ich für das Familienzimmer hielt. Entweder das, oder sie führten hier
Shakespeare auf. Der Raum war groß und voller Leute, die meisten waren entweder
Männer oder Kinder unter zwölf Jahren. Fast unser gesamtes Team war versammelt.
Irgendjemand schrie aus voller Kehle: »Onkel Jeff!«
Kapitel 48
Ich konnte weder Alter noch Geschlecht
des Kindes ausmachen, das Martini zuerst gesehen hatte, aber das spielte auch
keine Rolle. Binnen Sekunden waren wir begraben.
Oder jedenfalls er. Christopher hatte es geschafft, mich gerade
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