Alien Tango
»Braves Mädchen.« Martini sah Marianne an. »Sie ist
empathisch. Nicht ganz so stark wie ich, aber fast.«
»Aber, Jeff, wie …?« Marianne klang, als würde sie gleich in
Ohnmacht fallen.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich war bei ihrer Geburt dabei. Da
habe ich die Dinge geregelt.«
»Was geregelt?«
»Ich habe ihr alles eingepflanzt, was sie zum Überleben braucht, bis
sie alt genug ist, um sich selbst zu schützen. Genau das, was ich auch für die
anderen empathischen Kinder in unserer Familie getan habe.« Er lächelte sie
schwach an. »Mum und Onkel Richard haben vielleicht kein Talent, aber
anscheinend haben alle vergessen, dass unser unbetrauerter Großvater
unglaublich mächtig war. Die Talente haben ihre Generation zwar übersprungen,
unsere aber nicht, und die von Kimberly auch nicht.« Er nickte Kimmie zu und
sah dann mich an. »Tante Terry hat mir das beigebracht.«
»Das hab ich mir gedacht.« So faszinierend das auch war, allmählich
fragte ich mich doch, wo das Essen blieb.
»Sie mussten noch mehr kochen, anderes Essen wieder aufwärmen und
sich überlegen, wie sie sich bei dir entschuldigen können, ohne wie der
schlimmste Haufen von Kupplerinnen dazustehen, den die Welt je gesehen hat«,
befand Martini fröhlich. »Das Übliche eben.«
»Essen?« Er beugte sich zu mir hinunter und küsste mich auf die
Wange. »Kommt gleich. Netter Nackenschlag bei Barbara.«
»Ich glaube, ich hasse ab jetzt einfach alle A.C. -Frauen,
deren Name mit B anfängt.«
»Keine schlechte Strategie.« Martini setzte Kimmie auf einen Stuhl
und zog den Stuhl daneben für mich heraus. »Ich schätze mal, einer der Plätze
neben dir ist schon vergeben.«
Ich setzte mich, und er schob meinen Stuhl zurecht. Panik flammte
kurz in mir auf, aber da setzte er sich auch schon neben mich. Marianne setzte
sich auf Kimmies andere Seite. Sie sah blass aus. »Jeff … wie viele unserer
Kinder sind Empathen?«
»Die Hälfte. Die anderen sind alle Bildwandler. Keine Sorge, um die
hat sich Christopher gekümmert.«
Wie aufs Stichwort kam Christopher herein und setzte sich mir
gegenüber. »Ich dachte, wir wollten es niemandem sagen?«
»Ich breche gern Regeln.«
»War ja auch nie anders. Wie geht’s dir, Kitty?«
»Ich gehe auf dem Zahnfleisch und klappe gleich zusammen, aber sonst
super.«
Martini stand auf, verschwand und war sofort wieder da. In der Hand
hielt er einen Korb mit kleinen Brötchen. »Bitteschön, hau rein.«
Ich grabschte mir zwei und schlang sie herunter. »Schehr gut,
’anke.«
»Solange ich da bin, klappst du nur zusammen, wenn ich der Grund
dafür bin.«
»Mmm-hmm.« Inzwischen war ich bei Brötchen drei und vier.
»Meine Güte, fütterst du deine Freundin denn nicht anständig?«
Reader setzte sich neben Christopher. »Paul und ACE unterhalten sich glänzend mit der Elternschar da drüben. Ich glaube nicht, dass ACE diese ganze Sache mit der überlebensnotwendigen
Nahrungsaufnahme schon begreift. Ach, Süße? Wirf mir doch mal ein paar Brötchen
rüber.«
Ich tat es, wenn auch ungern. Ich verteilte auch jeweils eins an
Christopher und Martini. Und an Kimmie. Marianne sagte, sie könne warten. Nur
noch ein Brötchen übrig.
Ich aß es und schob den Korb wieder zu Martini hinüber.
Er grinste. »Jawohl, mein Herr und Meister.«
Kapitel 51
Endlich stand das Essen auf dem
Tisch und alle saßen. Noch nie in meinem Leben war ich so glücklich gewesen,
endlich das Tischgebet zu hören. Ich ignorierte den »Da unsere Gäste offenbar
sterben vor Hunger«-Seitenhieb und fiel über meinen Teller her.
Lucindas Hackbraten wurde seinem Ruf gerecht und schmeckte einfach
himmlisch. Auch der Rest des Essens war ziemlich gut. Ich verschlang noch ein
paar weitere Brötchen, zwei Ladungen Kartoffelbrei mit Soße, eine Riesenportion
Mais, einen merkwürdiger Aspiksalat, der zwar kein bisschen so schmeckte, wie
er aussah, aber immerhin essbar war, und noch einige weitere Beilagen, die ich
zu schnell verputzte, um sie einer näheren Betrachtung unterziehen zu können.
Als ich mich schon halb durch meine dritte Portion Hackbraten
gearbeitet hatte, fiel mir auf, dass Martini noch nicht viel gegessen hatte.
Das gab mir zu denken. Wenn er kochte, dann nie diese gute alte Hausmannskost,
und wenn wir essen gingen, bestellte er sich auch nie so etwas.
Ohne viel Getue stand ich auf, erklärte Martini, ich wäre gleich
zurück, und begab mich in die Küche. Sie war groß, aber den Kühlschrank würde
ich ja wohl
Weitere Kostenlose Bücher