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Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Alissa 1 - Die erste Wahrheit

Titel: Alissa 1 - Die erste Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Cook
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Pfade benutzte, um einen Bann über diese weiter hinausreichen zu lassen, als das für gewöhnlich möglich war. Die schützende Decke über die Stadt hinaus ausdehnen zu wollen war geradezu lächerlich, denn dafür würde man mehr Energie brauchen, als selbst eine Versammlung von Meistern hervorbringen konnte. Einen solchen Schutz zu schaffen war Bailic also verwehrt, doch glücklicherweise war das gar nicht nötig. Dennoch, dachte Bailic verbittert und richtete sich auf, musste es der unerträglichen Bestie Freude gemacht haben zuzusehen, wie ihr Wärter vor Angst rückwärts gegen die Wand rannte.
    »Stimmt vielleicht irgendetwas nicht, Bailic?«, brummte Talo-Toecan mit einer Spur von Belustigung in der tiefen Stimme. »Du kommst mich nie besuchen, außer wenn du unzufrieden bist.«
    »Alles ist in Ordnung.« Hochmütig rückte Bailic seinen Mantel zurecht. Er riss die Fackel vom glatten Boden hoch und steckte sie in eine Wandhalterung. »Ich bin nur gekommen, um Euch von meinen Fortschritten zu berichten.«
    Talo-Toecan wandte sich ab, als wollte er gehen.
    »Bleibt«, rief Bailic, »sonst werden es unsere Gäste ausbaden!«
    »Also schön.« Talo-Toecan seufzte. »Sprich.« Die dünne Gestalt kehrte an den Rand des Lichtkreises zurück.
    Bailic beugte sich vor. »Einer von ihnen ist ein latenter Bewahrer auf der Suche nach dem, was ihm durch Geburt zusteht.«
    Talo-Toecan zuckte kläglich mit den Schultern.
    »Die Erste Wahrheit und ihr Wissen werden bald mir gehören«, prahlte Bailic. »Gewiss wird ein so unschuldiger junger Mensch ein wenig empfänglich für den Ruf des Buches sein, jedenfalls genug, um sein Versteck zu finden, genug, um meinen Zwecken dienlich zu sein.« Bailic lächelte, erfreut über diesen Gedanken. »Bald werde ich wissen, wer von ihnen der unglückliche Glückliche ist, und ich werde den anderen benutzen, um zu bekommen, was ich will.«
    Der Meister fuhr zusammen. »Du weißt es nicht? Hast du denn nicht gesehen …« Er atmete scharf ein, und ein dünnes Kichern drang aus der Zelle. »Du weißt nicht, wer es ist, nicht wahr?«
    »Was soll ich nicht gesehen haben?«, erwiderte Bailic, den es erzürnte, dass man seine Kurzsichtigkeit für irgendeinen seiner Fehler verantwortlich machte. Er brauchte nicht gut zu sehen, um erfolgreich zu sein. Er war klug und schnell. Doch der Meister zog nur höhnisch eine Augenbraue hoch. »Was soll ich sehen!«, schrie Bailic, als Talo-Toecan sich abwandte. Erneut war ein grauer Schimmer zu sehen, und die hochgewachsene Gestalt war verschwunden. Wieder rollte das leise, unzufriedene Grollen durch die feuchte, kühle Luft.
    »Ihr wisst gar nichts«, sagte Bailic, der es mit der Angst zu tun bekam. »Ihr seid nichts als das archaische Überbleibsel einer ausgestorbenen Sekte, und Ihr werdet niemals wieder mehr sein als das. Hört Ihr. Talo! Ihr seid nichts!«
    Die grollende Warnung verstummte. Bailic erstarrte und stürzte dann verzweifelt zurück. Doch er war zu langsam. Mit einem scharfen Knall, der die Höhle hinter dem Gitter erbeben ließ, traf ihn ein dünner Schwanz wie eine Peitsche. Er taumelte und brachte sich auf allen vieren in dem niedrigen Tunneleingang in Sicherheit. Bailic berührte seine Wange. Seine Finger waren nass vor Blut. Ungläubig starrte er darauf hinab, während der Schmerz auf seiner Wange erblühte und wuchs. Begleitet wurde das Gefühl von Gebrüll hinter dem Gitter, als der Bann eine Welle von Schmerz, schneller als jeder Gedanke, über Talo-Toecans Pfade sandte. Die Bestie hatte Glück gehabt, dass es ihr gelungen war, auch nur mit dem Schwanz durch den Bann zu brechen, ohne vor Schmerz das Bewusstsein zu verlieren.
    »Eure Versuche, mich aufzuhalten, sind nutzlos und werden es immer sein«, knurrte Bailic und wirbelte herum; die Unterhaltung war beendet. Er fürchtete sich zu sehr, seine Fackel aus dem Vorraum zu holen, und ließ sie einfach liegen. Eine Zeitlang glomm sie noch und spiegelte sich in den zornigen Augen, während er den schmalen Tunnel entlangkroch, hinauf zu den Hallen der Feste.
    Was, dachte Bailic kochend, hatte er übersehen?

 
    – 21 –
     

    E in schmales Band Sonnenlicht fiel durch die Fenster herein, schlängelte sich die Treppe hinunter und zeigte in greller Offenheit all die Scharten und Unebenheiten, die Jahrhunderte des Gebrauchs dem harten Stein zugefügt hatten. Die Schäden hätten hier, oberhalb des achten Stockwerks, nicht so ausgeprägt sein dürfen, doch der Stein, aus dem der Turm

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